Der Befreier der Halblinge: Roman (German Edition)

waren und man deswegen sehr gründlich vorgehen musste.
    Dann stieß er einen dröhnenden Ruf aus.
    Eigentlich hätte man ihn bis Utor hören müssen.
    Eigentlich …
    Aber angesichts des tosenden Schneesturms beachtete ihn dort niemand. Zumindest niemand von denen, die trotz der eisigen Kälte die Wehrmauern der Stadt besetzten.
    Nur ein Elb horchte auf.
    » Was ist mit Euch? « , fragte Grebu, als Lirandil plötzlich mitten im Satz innehielt und nicht weitersprach.
    » Er schaut, als hätte er gerade etwas in der Ferne gehört « , meinte Borro. » Und nach allem, was ich über die Mimik von Elbengesichtern inzwischen gelernt habe, war das nichts Erfreuliches. «
    » Trolle « , sagte Lirandil nur. » Es ist also wahr, Trollkönig Omrrak hat in den Krieg eingegriffen– und zwar nicht auf unserer Seite. Und dabei war ich so guter Hoffnung… «
    » Guter Hoffnung? « , fragte Whuon. » Inwiefern? «
    » Ich kenne den Trollkönig persönlich. Und er war seit langer Zeit Teil meiner diplomatischen Bemühungen. «
    » Die offenbar in diesem Punkt versagt haben « , stellte Whuon fest.
    Gerüchte, dass Trolle und das Heer der thuvasischen Magier sich südwärts bewegten, waren in Utor schon länger im Umlauf. Dass der Statthalter seit Tagen keine Brieftaubennachricht aus dem nördlich des Dornlandes gelegenen Zyr bekommen hatte, schob dieser auf das schlechte Wetter und die widrigen Umstände, die damit verbunden waren. Es war allerdings auch denkbar, dass Zyr längst in der Hand der Eroberer war. » Ich habe auch Schreie von Wolfskriegern gehört « , meinte Lirandil. » Es ist die Frage, ob Statthalter Mendos sich noch auf seine neuen Freunde verlassen kann. «
    » Dann solltest du ihn sofort warnen, Elb! « , verlangte Whuon.
    » Ja, das sollte ich. Und ich kann nur hoffen, dass er auf mich hört « , stimmte Lirandil zu.
    Er erhob sich daraufhin von seinem Platz und verließ die Unterkunft, in der sowohl die Gefährten des Fährtensuchers als auch die Halblinge um Grebu und den Starken Narbenmann nach wie vor wohnten.
    » Jetzt, da der Elb nicht mehr im selben Raum ist, sollten wir mal ein paar Dinge ansprechen, die mir nicht gefallen « , sagte Rapiermeister Asrado.
    » Ihr kennt die Elben anscheinend schlecht, Meister « , gab Borro zurück. » Wenn er will, dann hört er Euch noch mit einem Ohr zu, während er im Palas sitzt und seine Unterhaltung mit Statthalter Mendos führt. «
    » Das soll mir gleichgültig sein. Wir müssen besprechen, wie es weitergehen kann! Für meinen Geschmack sitzen wir schon viel zu lange hier in Utor fest– so vergleichsweise angenehm es auch bisher war, dass man uns gastlich aufgenommen hat. «
    » Na ja, ein Schlafraum mit Kamin wäre eigentlich nicht zu viel verlangt gewesen, finde ich « , meinte Borro. » Wenn man bedenkt, dass wir mit Lirandil den wichtigsten Diplomaten und mit Arvan den größten Helden von Athranor unter uns hatten, dann bleiben hier schon ein paar Wünsche offen! «
    Borro saß auf der Kante seines Bettes, hatte sich eine Decke um die Schulter geschlungen und rieb sich die Hände.
    » Solange wir mit dir unterwegs sind, gibt es glücklicherweise immer etwas, worüber du dich beklagen kannst « , meinte Zalea. » Andernfalls würde dir vermutlich langweilig. «
    » Kann ja sein « , gab Borro zurück. » Aber alles in allem musst du zugeben, dass ich recht habe. «
    » Wir müssen dringend zurück in den Halblingwald « , meldete sich nun Orry der Ruhige zu Wort. Er wandte sich an seine Tochter. » Zalea, du bist noch keine fertig ausgebildete Heilerin, aber du weißt genug darüber, um helfen zu können. Es gibt so viele Halblinge, die Verletzungen davongetragen haben und auch in Zukunft noch behandelt werden müssen. Und diese verfluchten Orks, die noch immer durch unsere Wälder ziehen, werden auch dafür sorgen, dass es bei den ohnehin schon wenigen Überlebenden der Massaker immer wieder Wunden zu versorgen gibt. «
    » Er hat recht « , stimmte Asrado zu. » Dein Vater hatte in letzter Zeit so viel zu tun wie vermutlich selten zuvor in seinem Leben. Und von denen, die sich noch in die Weiten der Wälder retten konnten, benötigen sicher noch mehr die Künste eines Heilers. « Der Rapiermeister atmete tief durch. Die Luft gefror dabei zu Raureif, so kalt war es selbst hier in der Unterkunft.
    » Viele aus meinem Berufsstand scheint es leider nicht mehr zu geben « , stellte Orry der Ruhige fest. » Umso wichtiger wird es sein, unser Wissen zu bewahren.