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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bleiben. Er hatte das Ausfallspförtchen verschlossen gefunden und sah sich nun gezwungen, durch das Hauptthor seinen ruhmreichen Einzug zu halten.
    Die Brücke wurde niedergelassen und das Thor geöffnet. Alles drängte sich mit Fragen herbei, und Jeder wollte zuerst den Grund der seltsamen Begebenheit erfahren. Da aber erscholl eine laute Stimme von oben herab durch all’ das Rufen und Fragen. Herr Claus hatte den Lärm vernommen, sich erhoben und war an das Fenster getreten. Den Knecht in seinen eigenen Kleidern erkennend, ballte er ihm die Faust herab und befahl:
    »Herauf mit Dir, Gesell! Hrrr! Hm! Damit ich Dir das Koller anmessen kann!«
    Mit wachsbleichen Zügen und zusammengesunkener Gestalt entzog sich der angsterfüllte Knecht den Leuten und ging nach oben.
    »Mordelement, Gott straf’ mich, wenn ich fluche, aper der arme Kerl kann mich dauern, Pruder Schwalpe! Ganz gewiß ist es ihm da draußen von dem Oele so üpel geworden, daß er nicht zurück hat laufen können!«
    »Ja, wer Geister austreiben wollen thut, der muß eine sehr feste Natur haben, dat versteht sich ganz von selber. Ich möchte nur hören, wat ihm der Claus für eene lustige Rede halten werden thut. Komm, laß uns doch ‘mal hören, wie es klingen mögen wird!« – –
    Zwei Jünglinge zogen gegen Stavenow zu. Wer sie nur oberflächlich betrachtete, der hielt sie vielleicht für reisende Gesellen, welche die Wanderlust und Wißbegierde hinausgetrieben hatte in die weite Welt, und die nun fröhlich und wohlgemuth, ohne Gram und Sorge, von einem Orte zum andern gingen und sich wenig um das kümmerten, was weniger lebensfrohen Leuten Noth und Sorge bereitet.
    Ihre Kleidung war einfach und bescheiden, und zu ihr paßte sehr gut das Ränzel, welches jeder von Beiden auf dem Rücken, und der Knotenstock, den er in der Hand trug.
    Der aufmerksamere Beobachter hätte außer diesen äußeren Dingen allerdings den Zug tiefer Schwermuth bemerkt, welcher auf ihren jugendfrischen Gesichtern lagerte, und ebenso wäre ihm wohl die tiefe Stille und Wortlosigkeit aufgefallen, mit welcher sie nebeneinander einherschritten. Die theilnehmenden Blicke, mit denen sie sich einander suchten, bewiesen, daß sie mit Liebe an einander hingen, und diese Liebe mußte, nach der Aehnlichkeit ihrer Gesichtszüge zu schließen, eine geschwisterliche sein.
    »Wie weit haben wir wohl noch bis Stavenow, mein lieber Dietz?« frug der Jüngere den Aelteren.
    »In einer Stunde werden wir es erreicht haben, wie ich meine. Bist Du schon müde?«
    »Nein, vielmehr bin ich gar frisch und munter, aber es verlangt mich, zu wissen, ob der Vetter uns willkommen heißen wird, und das verlängert mir den Weg.«
    »Ich denke, daß er sich unserer Ankunft freuen wird. Er ist ja stets ein guter Freund des Vaters gewesen und steht noch heut’ von ganzem Herzen zu ihm, wie mir die Mutter sagte.«
    »So wird er nicht thun wie die Anderen, die uns verlassen, weil sie sehen, daß das Geschick unserem Namen nicht mehr hold zu sein scheint?«
    »Der Vetter ist ein starrer Kopf, der nicht leicht seine Gedanken ändert. Obgleich seine Besitzungen außerhalb der Marken liegen und ihm darum der Markgraf so lange, als die jetzigen Grenzen bleiben, gleichgiltig sein könnte, widmet er demselben doch die feindseligsten Gesinnungen und ein jeder Gegner des Zollern’schen Hauses findet bei ihm eine gastliche Aufnahme, wie ich vernommen habe. Wir brauchen uns also erst recht kein Bedenken um das Willkommen zu machen, welches wir uns wünschen.«
    »Ich meine, daß er gar wohl eine gute Ursache habe, den Markgrafen nicht zu lieben, denn dieser ist ein Widersacher des selbstständigen, kraftvollen Ritterthums und trachtet sichtbarlich darnach, seinen Fuß auch über die Grenzen der Marken hinauszusetzen. Es juckt und zuckt mir in der Faust, wenn ich an ihn denke, und ich wünsche mir von ganzem Herzen die Gelegenheit herbei, ihm alle Unbill mit heimzahlen zu können, welche er uns bereitet hat. Wäre nur mein Arm stärker und mein Alter nicht so jugendlich, so würde ich weder ruhen noch rasten, bis diese Aufgabe erfüllt ist!«
    Ueber das ernste Gesicht des Anderen zog ein Schatten, der längere Zeit auf seinen nachdenklichen Zügen liegen blieb.
    »Glaubst Du, daß ich den Vater liebe und achte und die Ehre unseres Namens heilig halte?« frug er endlich.
    »Ja, das glaube ich,« ertönte die schnelle und zuversichtliche Antwort. »Du hast es ja bewiesen, mein Dietz, und ich habe Dich oft beneidet um

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