Der beiden Quitzows letzte Fahrten
Schock ganz bezahlet haben, so soll er Uns, Unsern Erben und Nachkommen, den Markgrafen zu Brandenburg, des ehegenannten Unseres Landes Verwesung unverpfändet, unbekümmert, frei und ledig abtreten, ohne alle Widerrede.
Sollte der ehegenannte Caspar in Verwesung Unserer beider Lande Ueber-Elbe und in der Priegnitz in Unseren Diensten und Geschäften gefangen werden, da Gott vor sei, so stehen Wir ihm für solche Beschatzung, die er von wegen seines eigenen Leibes geben möchte, nach redlicher Gutachtung. Was er auch von Hauptleuten fangen würde, die soll er in Unsere Hand bringen und Uns zu Gute kehren, davon soll er doch seinen Theil haben, nach Anzahl gewappneter Leute, die er auf eigene Kosten oder Schaden dazu geführet hätte.
Mit Urkund dieses Briefes versiegelt und mit Unserem Römischen Königlichen anhangenden Insiegel gegeben zu Ofen.«
»Nun sag’,« meinte Cuno nach einer Pause des Nachdenkens, »wie dies zusammenstimmt mit dem traurigen Schicksale, welches dem edlen Herrn Caspar widerfahren ist!«
»Das ist nicht schwer zu finden; heißt es doch in der Urkunde: ›So soll er Uns, Unsern Erben und Nachkommen, den Markgrafen zu Brandenburg, des ehegenannten Unseres Landes Verwesung unverpfändet, unbekümmert, frei und ledig abtreten, ohne alle Widerrede.‹ Dagegen wirst Du nimmer Etwas sagen können. Wir haben den Markgrafen als Feind betrachtet und auf unsre Rechte gepocht; er hat uns ebenso als Feinde ansehen müssen und auf seine Rechte gepocht. Wo nun ist die Feindschaft gehässiger und wo sind die Rechte größer? Das Schwert ist eine gute Waffe, aber ein schlechter und unbesonnener Fürsprech; es kämpft gern für den augenblicklichen Vortheil und stellt sich lieber in den Dienst des starren Zornes, als daß es durch weise Nachsicht sich Vortheile für die Zukunft spart.«
Cuno antwortete nicht. Die Worte des Bruders waren nicht inhaltslos; sie gaben ihm vielmehr Grund zum Denken und wiesen seinen Sinn auf Punkte, die er bisher unberücksichtigt liegen gelassen hatte. So schritten sie längere Zeit schweigend neben einander her, bis sie bei einer Biegung des Weges drei Männer vor sich erblickten, durch deren Erscheinen ihren Gedanken eine andere Richtung gegeben wurde.
Der Eine von ihnen trug die Kleidung eines Bettelmönches. Er war lang und hager, und groß mußte die Anzahl der Jahre sein, welche seine Gestalt gebeugt und den dünnen Kranz seiner Haare so schneeweiß gebleicht hatten. Die beiden Anderen waren wie gewöhnliche Knechte gekleidet. Sie hatten den Mönch erfaßt und zogen ihn unter wüsten Drohungen an den Armen hin und her.
»Ja, Deine Sünden sollst Du uns beichten, frommer Vater!« lachte der Größere der zwei Strolche, welcher eine wahrhaft abschreckende Häßlichkeit zur Schau trug. Er schien ein Sclave zu sein, und sein Gesicht zeigte nicht allein alle Mängel und nicht einen einzigen Vorzug dieser Race, eine breite Nase, dicke, aufgeworfene Lippen, kleine, schiefgeschlitzte, schielende Augen und weit vorstehende Backenknochen, sondern es war in den widerlichen Zügen auch ein Ausdruck geistiger Verkommenheit mit thierischer Sinnlichkeit zu bemerken, welcher Abscheu erregen mußte. »Dann sollst Du auch die unsrigen zu hören bekommen, und wir wollen sehen, wen der Teufel am sichersten holen wird!« fügte er seiner Aufforderung bei.
»Uns nicht, uns nicht,« gröhlte der Kleinere, dessen Aussehen nicht im Mindesten liebenswürdiger erschien, als dasjenige seines Kameraden. »Knie nieder und beichte, sonst holt er Dich auf der Stelle!«
»Laßt mich gehen, Ihr Männer!« bat der Bedrängte. »Was habe ich Euch gethan, daß Ihr mich anfallt und peiniget wie einen Missethäter, von dem Euch Uebles widerfahren ist?«
Es lag bei diesen Worten keine Spur von Angst und Furcht in dem Wesen des Mönches, vielmehr blitzten seine dunklen Augen muthig unter den dichten, grauen Brauen hervor, und der Ruck, mit welchem er sich aus ihren Händen befreite, war ein so kräftiger, wie man es seinem Alter gar nicht zugetraut hätte.
»Was Du uns gethan hast? Nichts, o gar nichts! Nur gefällt es uns nicht, daß Du Einer von Denen bist, denen die Götter der Wenden haben weichen und vor ihnen sich zurückziehen müssen in die Verborgenheit der Wälder. Wir haben Manchen von Euch dem fürchterlichen Triglaff geopfert, als Ystralowe, unser großer Priester noch lebte, und wir hätten gar wohl Lust, Dir ein Gleiches zu thun, wenn wir durch ein so mageres Opfer nicht den Zorn des
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