Der beiden Quitzows letzte Fahrten
Gottes auf uns lüden.«
»Ystralowe?« rief der Mönch, und seine Gestalt erhob sich aus ihrer gebeugten Stellung, als hätte dieser Name die Macht, den Einfluß der Jahre zu besiegen. »Ystralowe, habt Ihr den gekannt?«
Die beiden Männer erstaunten über diese Frage.
»Was fragst Du uns! Sage vielmehr, woher Du seinen Namen erfahren hast!«
»Er war mein Freund, und Macha, die Hexe, hat mich oft bei sich gesehen.«
»Macha, das Weib unseres obersten Priesters, nennst Du eine Hexe? So lügst Du und bist sein Freund niemals gewesen. Wo hast Du mit ihm gesprochen?«
»In der Ruine der Wendenburg,« antwortete er, sie mit einem Ausdrucke von Spannung beobachtend, den sie nicht bemerkten.
»In der Wendenburg? Wie bist Du durch den Sumpf gekommen? Kannst Du uns das Zeichen sagen?«
»Welches Recht habt Ihr, dieses von mir zu fordern?«
»Das wirst Du vielleicht erfahren! Also, das Zeichen!«
Er schwieg, geringschätzig die Achsel zuckend.
»So mußt Du sterben oder mit uns kommen!«
»Wohin?«
»Dahin, wohin wir Dich führen. Folgest Du uns gutwillig, so werden wir Dein Leben vielleicht schonen.«
Er besann sich ein kleines Weilchen, wobei er die Männer mit prüfendem Blicke musterte. Dann entschied er sich:
»Wohlan, ich gehe mit!«
Sie nahmen ihn in ihre Mitte und schritten mit ihm von dannen.
Die beiden Jünglinge hatten dem Vorgange zugesehen und auch jedes der Worte gehört, ohne selbst bemerkt zu werden. Unentschlossen blickten sie einander an. Daß ein Geheimniß hier vorwalte, das hatten sie sofort erkannt, und ebenso begriffen sie, daß dieses Geheimniß nichts Gutes in sich verberge. Wer waren die zwei Strolche, und was hatten sie mit dem Mönche vor? War es nicht Pflicht, ihm gegen sie beizustehen? Aber er hatte ja nicht die geringste Furcht gezeigt, ja, es war bei dem Fortgehen sogar eine gewisse Befriedigung in seinem Gesichte zu lesen gewesen. Und zudem war es zu jener Zeit noch gefährlicher als jetzt, sich in fremde Angelegenheiten zu mischen, gar nicht gerechnet, daß sie außer ihren Stöcken keinerlei Waffen bei sich trugen.
Noch standen sie und beriethen, was zu thun sei, als sie Pferdegetrappel hinter sich vernahmen. Sich umblickend, bemerkten sie einen einzelnen Reiter, welcher langsam dahergetrabt kam. Er bildete mit seinem Thiere eine eigenthümliche, groteske Figur, über die sich die Brüder eines fröhlichen Lachens nicht enthalten konnten. Das Pferd war so dürr, daß das grobwollige Fell in Falten um die spitzen Knochen hing; die langen Ohren spielten hin und her und auf und nieder, als ob sie von dem Winde bewegt würden, und die langen Spinnenbeine quirlten auf der Straße daher, daß es Einem fast ängstlich zu Muthe werden konnte. Und dazu hing der Reiter auf dem spitzen Rücken seines Rosses in einer Weise, die ihn in Gefahr brachte, aus der eigenen Haut zu fallen. Er war wenigstens ebenso hager, wie sein unglückseliger Klepper, und seine spitzen, wachsbleichen Züge sahen grad’ so aus, als habe er soeben erst eine gefährliche und langwierige Krankheit überwunden. Er hielt vor den Jünglingen an.
»So, also! Was habt Ihr denn da zu lachen? Ich will nicht glauben, daß Ihr etwa gar Euch über mich lustig macht. Der Balthasar mit seinem Gregorimanorosewitsch ist das ganz und gar nicht gewohnt!«
»Nicht? Dann müssen wir allerdings ernst zu bleiben suchen! Also Balthasar heißest Du. Bei welchem Herrn stehest Du in Diensten?«
»Bei dem Herrn Claus von Quitzow auf Stavenow. Und wer seid Ihr?«
»Wir sind zwei wandernde Gesellen, die auf Stavenow ein wenig Einkehr halten wollen. Ist ein Imbiß dort zu bekommen?«
»So, also! Das seid Ihr! Und einen Imbiß wollt Ihr? Warum denn nicht? Heut ist der Geburtstag unseres Ritters, und Ihr werdet da wohl genug vorfinden, um Euern Hunger und Durst zu stillen. Wenn Ihr mit mir kommen wollt, so werde ich meinen Gregorimanorosewitsch ein wenig straffer in die Zügel nehmen. Wenn er aus dem Stalle ist, so bekommt er Feuer und läßt sich nicht gut halten.«
»Damit wird es wohl nicht zu große Noth haben!«
»Meint Ihr! So also! Das könnt Ihr nehmen, wie es Euch beliebt. Also kommt!«
»Wenn Du nicht vielleicht noch ein Weilchen verschnaufen willst, so werden wir zwei Männer ereilen, die einen Mönch davongeschleppt haben.«
»Zwei Männer? Einen Mönch? So, also!«
»Sie waren Wenden.«
»Wenden? So also! Ob es nicht der schöne Wratislaw gewesen ist! Wie sahen die Kerle aus?«
Die Gefragten gaben eine möglichst
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