Der beiden Quitzows letzte Fahrten
Augenblicke also gar nicht zu denken sei.
Hier war langes Zaudern nicht angebracht.
Sein Pferd war stark und kräftig gebaut. Es vermochte zur Noth zwei Personen bequem zu tragen.
Rasch hob er nach wenig Worten der Verständigung Brunhilde auf dasselbe, schwang sich selbst in den Sattel und ritt, das Mädchen vor sich, langsam weiter.
Endlich hatten sie den Hochwald erreicht und der Falkenmeister athmete erleichtert auf.
Er hielt das Pferd an, um von der Ebene aus unbeachtet noch einmal die soeben durchmessene Fläche zu überschauen, als in der Ferne am Saum des die Fläche an der gegenüberliegenden Seite begrenzenden Waldes Reiter sichtbar wurden.
Auch Brunhilde bemerkte sie sofort und war nicht im Zweifel darüber, daß man sie noch immer verfolge.
Diese Wahrnehmung vermochte sie indeß nicht mehr zu beunruhigen.
Es überkam sie ein so starkes Gefühl der Sicherheit; das Bewußtsein, der Falkenmeister schütze sie, schien so sehr jedes die eigene Lage betreffende bange Sorgen zu unterdrücken, daß sie der Verfolger zu vergessen geneigt war und um Mittheilung der Ursache des Kampfes ihres Vaters und Janeke von Stegelitz mit den fremden Rittern bat.
»Einige Ritter haben Eurem Vater und Herrn Janeke Fehde angekündigt und diese heut’ schon nachdrücklich aufgenommen.«
»Glaubt Ihr wohl, diese Fehde werde unglücklich für meinen Vater ablaufen?«
»Das vermag ich im Augenblick nicht zu sagen,« antwortete er ausweichend. »Bald indeß wird es sich ja herausstellen,« fügte er hinzu, »denn wenn ich mich nicht täusche, dann werden wir bald auf dem Wege ankommen, den wir zur Jagd geritten sind, und in einer halben Stunde zu Hause sein. Da ist er ja schon!«
Brunhilde erwiderte nichts.
In Gedanken vertieft, saß sie mit halbgeschlossenen Augen vor dem jungen Manne und sah nicht erst auf, als er durch den letzteren Ausruf zu erkennen gab, daß er nach irgend einer Richtung überrascht war.
Der Falkenmeister ersah, daß Brunhilde nicht geneigt war, auf eine Unterhaltung einzugehen, und sie setzten deshalb schweigend ihren Weg fort.
Schon vermochte er Güntersberg zu sehen. Von den Verfolgern wurde nichts mehr bemerkbar. Offenbar hatten sie, als sie auf der weiten, nur mit Gestrüpp bedeckten Fläche, auf der das Pferd Brunhildens stürzte, Niemanden sahen, jede weitere Verfolgung als vergebens, ja bei der Nähe Güntersberg’s sogar als gefährlich aufgegeben und waren zu ihren Herren zurückgekehrt.
Der Wald öffnete sich hier. Eine weite, baumlose Wiesenfläche begrenzte den Weg an der einen Seite, während an der anderen Seite sich noch der Wald bis Schloß Güntersberg hinzog, welcher unmittelbar hinter dieser sich aber wieder schloß. Quer über diese Lichtung führte ein dem Falkenmeister wohlbekannter Weg. War er doch auf dieser aus den Marken nach Pommern führenden Straße mit seiner Cage dahergekommen, um in Güntersberg einen Schatz zu heben, der ihm in Folge der Zwistigkeiten der Seinigen mit Herrn Simon von Güntersberg unerreichbar zu bleiben drohte: das Röslein von Güntersberg war dieser Schatz, und das Glück schien mit ihm zu sein. Erst wenige Stunden war er in Brunhildens Nähe, und schon war es ihm gelungen, ihr Interesse für ihn wachzurufen. Besaß er denn aber nicht auch schon ihr Vertrauen?
Ein Blick auf das vor ihm sitzende Mädchen, das, ohne nur einen Laut der Besorgniß ausgestoßen zu haben, willenlos ihm gefolgt war, und trotz des von ihm ziemlich weiten Umweges, den er auf seiner Flucht mit ihr machen mußte, sich bedingungslos seiner Führung überlassen hatte, zeigte ihm, daß er ihr volles Vertrauen in hohem Grade bereits erworben haben müsse.
»Ist mir Fortuna bis hierher hold gewesen, wird sie es wohl auch ferner sein.«
Er mochte diesen Gedanken unwillkürlich lauteren Ausdruck gegeben haben, denn Brunhilde erhob das Köpfchen und sah ihm einen Moment in’s Auge.
»Spracht Ihr zu mir? Ich war so sehr mit dem Vorfall auf der Jagd beschäftigt, daß ich nicht genau auf das gehört habe, was Ihr sagtet. Doch da sind wir ja bald zu Hause. Wenn nur mein Vater schon dort wäre, oder doch bald käme!«
Der Falkenmeister ließ die Frage Brunhildens unbeantwortet. Der Ausruf des Erstaunens, dem Schlosse schon so nahe zu sein, mochte ihm wohl Beweis genug dafür sein, daß sie seither thatsächlich sich nicht um den Weg gekümmert habe, den er eingeschlagen, zeigte ihm aber auch deutlich, daß er sich nicht geirrt in der Annahme, das Vertrauen des Mädchens
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