Der beiden Quitzows letzte Fahrten
unserem Ziele uns zu nähern vermögen? Ich werde, da Ihr das Reiten, vollends auf einem so ungeberdigen Thiere wie dieses zu sein scheint, nicht gewohnt sein dürftet, den Zügel ergreifen und mit dem Alten nebenher gehen!«
Willig fügte sich Brunhilde diesem Wunsche und bald setzte die kleine Gesellschaft ihren Weg fort.
Unbehelligt durchzogen sie das Gebiet des Kremzowers und sahen bereits das Ziel ihrer Reise, Betow, als der Falkenmeister plötzlich anhielt.
Auch Brunhilde hatte schon die Ursache des Anhaltens bereits bemerkt: einige Hundert Schritte vor ihnen brach eben ein stattlicher Jagdzug aus dem Walde hervor und kreuzte den Weg, ohne unsere Wanderer zu beachten.
»Das war Herr Hans von Betow mit einem anderen, mir unbekannt gebliebenen Ritter,« erklärte er Brunhilde auf deren bezügliche Frage, »und wir werden nun Frau Hedwig allein antreffen. Desto besser. Ihr werdet diese edle Frau gewiß bald liebgewinnen!«
Brunhilde erwiderte nichts; ihr Blick wurde nach den letzten Worten ihres Begleiters merklich heiterer und sie begann mit höherem Interesse der Schilderungen desselben von dem Leben auf Burg Betow zu lauschen. Ja aus ihren Antworten und Fragen ging sogar nicht undeutlich das Bestreben hervor, dem für sie so sehr besorgten Falkenmeister die anscheinende Härte ihrer ihm gestellten Bedingungen möglichst vergessen zu machen.
Unter lebhaften Gesprächen erreichten sie die Burg.
Das Thor wurde auf des Falkenmeisters barsches Gebot sofort geöffnet, dieser hob, im Innenhofe angekommen, Brunhilde vom Pferde und geleitete sie ohne Weiteres nach den Wohngemächern.
»Ihr scheint hier sehr bekannt zu sein!« bemerkte Brunhilde staunend, als Henning Friedländer einer ihnen begegnenden Magd mit kurzen Worten befahl:
»Führe mich zu Deiner Herrin!«
In der Nähe des Gemachs angekommen, in dem Frau Hedwig weilte, rief er die vorangehende Magd zurück.
»Ist das zweite Gemach links offen und unbewohnt?«
»Ja, Herr!«
Er trat nun mit Brunhilde dort ein und bat sie, seine Rückkehr daselbst zu erwarten.
»Ich will Frau Hedwig auf Euren Besuch vorbereiten und denke, die würdige Frau wird selbst mit mir kommen, Euch auf Burg Betow willkommen zu heißen!«
»Ihr werdet doch nicht zu lange ausbleiben? Mich beschleicht ein recht beängstigendes Gefühl. Ich – ich –«
»Glaubt mir doch, Jungfrau. Ihr werdet, wie ich mit aller Gewißheit zu behaupten vermag, Euch hier bald heimisch fühlen. In keinem Falle aber habt Ihr irgend welchen Grund, Besorgnisse nach gleichviel welcher Richtung zu hegen!«
»Ihr werdet bald zu mir zurückkommen?«
»Ich verspreche es Euch!«
Die in den Zügen und im Auge des Mädchens sich ausprägende Angst zeigte deutlicher, als Worte dies vermögen, in welch’ mächtiger innerer Aufregung Brunhilde sich befand, und Friedländer, welcher einsah, daß leere Trostesworte allein ihr die verlorene Ruhe nicht wieder zu geben vermöchten, beeilte sich, der Burgherrin seine Bitte vorzustellen.
Längere Zeit verging bis zu seiner Rückkehr. Brunhilde stand am Fenster und sah in die vor ihren Blicken sich ausbreitende prächtige Winterlandschaft hinaus, die sie in anderer Lage mit hoher Freude betrachtet haben würde, heut’ aber nahezu unbeachtet ließ.
Die demnächstige Begegnung mit Frau Hedwig war es, welche sie jetzt vorzugsweise mit banger Sorge erfüllte.
Ihr Vater liebte sie zwar sehr; bei seinem ungeselligen Wesen und seiner Abneigung, außer einem Trinkcumpan Besuche auf Güntersberg zu empfangen, war Brunhilde seit dem Tode ihrer Mutter ausschließlich auf sich selbst und die Gesellschaft einer Magd angewiesen gewesen, hatte die väterliche Burg zu keinem anderen Zweck als zu einem Jagdzuge verlassen und sah sich nun plötzlich gezwungen, bei ihr völlig fremden Menschen Hülfe zu suchen.
»Und,« fragte sie sich wiederholt, ohne eine ihr genügende Antwort zu finden, »habe ich denn recht gehandelt, mich einem Manne anzuvertrauen, den ich erst seit wenigen Tagen kenne?«
Während einerseits eine innere Stimme ihr zurief: »ja Du darfst ihm ohne Furcht folgen, denn er meint es aufrichtig gut mit Dir!« flüsterte eine andere ihr unaufhörlich zu: »Friedländer ist nicht der, für welchen er sich ausgiebt; er verbirgt entweder ein Geheimniß vor dir oder er verfolgt dir unbekannte Pläne, sei deshalb vorsichtig!«
Die letztere Stimme verlor jedoch, je länger Brunhilde sich in Gedanken mit Friedländer und ihrer augenblicklichen Lage beschäftigte,
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