Der beiden Quitzows letzte Fahrten
dort? Diese Stimme –!«
Suteminn war, als er die auffallende Unruhe des Grafen bemerkte, erschrocken aufgefahren.
Er zwang sich jedoch, als er sah, daß der Graf selbst sich gewaltsam zu mäßigen suchte, im nächsten Augenblicke schon zur Ruhe und erwiderte:
»Eine unglückliche Frau, welche durch das Ungeheuer, den Dietrich von Quitzow, in langjähriger Gefangenschaft gehalten und in Folge der ihr auferlegten Qualen dem Wahnsinn überliefert worden ist.
Ein günstiges Geschick verhalf ihr aus ihrem Kerker, mein Pflegesohn fand sie auf dem Wege noch in der Gewalt der Quitzow’schen Knechte und nahm sie mit hierher.
Leider haben alle Heilversuche noch nicht den erwünschten Erfolg gehabt!«
»Hat die Aermste niemals von ihrer Vergangenheit gesprochen? Habt Ihr nicht erfahren, woher sie ist oder wie sie heißt?«
Die Aufregung des Grafen steigerte sich auf’s Neue und Suteminn hielt befremdet mit der Antwort zurück.
»Ihr seid so auffallend erregt, Herr Graf, daß ich annehmen muß, Ihr fühlt Euch unwohl. Unmöglich kann ich annehmen, daß die Erwähnung der unglücklichen Frau einen derartigen Eindruck auf Euch macht!«
»Doch! doch! mein lieber Ritter,« erwiderte der Graf hastig. »Erinnert Euch, daß ich während unserer Fahrt von Neuwerk bis Hamburg mich unter Anderem auch sehr eingehend nach dem sogenannten ›schwarzen Dietrich‹ und dem Raubgesindel erkundigt, das vor einer Reihe von Jahren in den Marken und zwar in der Nähe der Havel ihr Unwesen trieb. Ihr fragtet mich, ob ich vielleicht selbst einmal mit dem Gesindel in Conflict gerathen wäre, und ich beschränkte mich, weil wir eben in den Hafen einliefen und unsere Aufmerksamkeit anderweit in Anspruch genommen wurde, auf eine kurze Bejahung der Frage.
Erlaubt mir, da die Frau, welche ich zu meiner eigenen Beruhigung bald sehen muß, leider noch nicht zurückgekehrt ist, die Beweggründe zu meiner Frage Euch jetzt mitzutheilen.
Vor etwa 12 Jahren reiste ich mit meiner Gattin und meinen beiden Kindern von Potsdam aus nach Hamburg. Auf einer, nahe am Wege gelegenen Lichtung des zu beiden Seiten der Straße von Tremmen bis Zachow sich hinziehenden Waldes hatten wir mit Rücksicht auf die Kinder kurze Rast gemacht und waren eben im Begriff, unsere Reise fortzusetzen, als wir uns von Räubern umgeben sahen, die unter Führung eines Mannes standen, welcher mir nachmals als der gefürchtete Räuberhauptmann bezeichnet wurde, der damals unter dem Namen der ›schwarze Dietrich‹ sein Unwesen trieb. Kurze Zeit vermochte ich mich zu wehren und meine hinter mir am Stamme einer Eiche lehnende Gattin mit den Kindern zu schützen; bald erhielt ich auch noch Hülfe durch einen aus dem Gebüsch hervorbrechenden Knecht, welcher nach Kräften an meiner Seite focht. Wir mußten aber schließlich doch, und trotzdem uns noch ein zufällig des Weges daher kommender, durch den Lärm des Gefechts auf uns aufmerksam gewordener Ritter beistand und nicht nur unter den Räubern gewaltig aufräumte, sondern auch den ›schwarzen Dietrich‹ vom Kampfplatze entfernte, der Uebermacht erliegen. Ich wurde durch einige Schläge über den Kopf betäubt, und als ich erwachte, lag ich gefesselt mitten unter den auf einer freien Stelle im Walde lagernden Räubern, unter denen sich wiederum der genannte Anführer befand. Neben mir bemerkte ich, ebenfalls gefesselt, den Knecht, welcher mir zur Hülfe herbeigeeilt war. Meine Gattin und meine Kinder aber waren verschwunden und ich habe ungeachtet der eifrigsten Nachforschungen nichts mehr von ihnen erfahren können!«
»Wie ist es Euch gelungen, der Gewalt der Räuber zu entrinnen? Aus eigenem Antriebe haben sie Euch sicher nicht freigelassen. Habt Ihr Lösegeld beschafft?«
»Der Knecht, welcher mit mir gefangen und gefesselt worden war, vermochte in der Nacht mit Hülfe des von den Räubern aus Versehen ihm belassenen Messers unbemerkt seine Fesseln zu lösen. Er durchschnitt dann auch die Stricke, mit denen man mir Hände und Füße gebunden, wir sprangen auf und vermochten den uns hart und mit wüthendem Geschrei Verfolgenden zu entrinnen.
Am andern Tage durchforschten wir recht genau noch einmal den Platz, auf welchem der Kampf stattgefunden.
Wir fanden die Spuren der Räuber und folgten ihnen bis an einen breiten Sumpf, an welchem die Fußspuren plötzlich verschwanden. Jedenfalls war ein quer über den Sumpf nach der an der entgegengesetzten Seite desselben liegenden Anhöhe führender Fußweg vorhanden. Wir
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