Der beiden Quitzows letzte Fahrten
möglicherweise erst auf dem Kampfplatze ankommen werde, wenn die Entscheidung nicht mehr bezweifelt werden könne.
Auf diese Erwägung bezog sich sicher der Ausruf, welchen er, aus seinem Sinnen sich plötzlich gewaltsam emporraffend, hervorstieß:
»Mag geschehen, was nicht zu ändern ist. Wir werden uns keinen Augenblick länger, als nöthig, auf der Reise verweilen und wollen das Beste hoffen. In einem Punkte kann ich Eurer Ansicht doch aber nicht völlig beistimmen!«
»Laßt mich hören, was Ihr bezweifelt. Vielleicht vermag ich meine Worte zu beweisen!«
»Ihr sprecht von einer Vereinigung der dem Markgrafen feindlich gesinnten pommer’schen Fürsten mit dem aufsässigen Theil der Ritterschaft in den Marken. Erachtet Ihr die Gegner des Markgrafen innerhalb der Marken, die, nebenbei bemerkt, sämmtlich der Wegelagerei huldigen, wirklich für fähig, eine Anzahl Mannen in’s Feld zu führen, die den pommer’schen Fürsten den Vortheil zu bieten vermöchte, den diese von ihren Verbündeten erwarten? Ich bezweifle dies. Zwei wirklich namhafte Gegner sind zum mindesten unschädlich gemacht: Claus von Quitzow und Caspar Gans von Putlitz, der dem Bischof von Brandenburg demnächst wohl noch seine besondere Freundschaft bezeugen wird.
Die übrigen Freunde Dietrich von Quitzow’s aber werden es sich überlegen, ob es gerathen sei, sich zu tief in eine Angelegenheit zu verwickeln, die für sie die bedenklichsten Folgen nach sich ziehen muß. Wichtiger erscheint mir hier die Frage, wie die mächtigen Herren von Wedel und deren Anhang sich hierbei verhalten werden, und es dürfte meines Dafürhaltens wohl von Vortheil sein, sich darüber Gewißheit zu verschaffen, welche Gesinnung diese Herren hegen. Haben wir die Wedel’s, die Kremzow’s, die Bork’s für uns, dann sollte es, meine ich, den Fürsten doch schwer werden, zum Angriff gegen den Markgrafen vorzuschreiten. Selbst das verwegene Corps der Seeräuber vom ›Wiking‹ mitsammt ihrem Rolf Vendaskiold würde ihnen kaum zum Siege verhelfen können!«
»Ihr hegt großes Vertrauen in die Kraft der Herren von Wedel,« bemerkte Suteminn mit einem flüchtigen Lächeln, »möge es nur nicht getäuscht werden. Soeben erwähntet ihr eines Mannes, der in den jüngsten Tagen, ja überhaupt seit unserer Rückkehr von Hamburg mich in Gedanken viel beschäftigt hat. Rolf Vendaskiold ist keinesfalls der wahre Name des Befehlshabers auf dem ›Wiking‹. Ebensowenig glaube ich aber auch, daß er ein Schwede, oder ein Däne, oder sonst irgend ein Nordländer ist. Ich halte ihn vielmehr für einen Deutschen!«
»Das ist auch meine Meinung, obwohl ich, offen gestanden, nichts anzugeben vermag, was die Richtigkeit meiner Annahme zu begründen vermöchte.«
Während Herr von Bismarck diese Worte sprach, hatte er einen Blick auf die Pergamentrolle gerichtet und in dieser dieselbe wieder erkannt, welche gelegentlich seines ersten Besuches im Zauberhause seine Aufmerksamkeit erregte.
»Glaubt Ihr vielleicht,« fragte er im Tone eines harmlosen Scherzes, »durch das alte Pergament da Aufschluß über die geheimnißvollen Seeräuber zu erhalten? Ihr seht ja so aufmerksam in die Rolle, als wenn Ihr dort wahrhaftig etwas Interessantes gefunden hättet!«
»Vielleicht ist dies in der That der Fall,« erwiderte Suteminn, die Rolle langsam zusammenlegend. »Sollte ich mich in dieser Sache nicht getäuscht haben, dann werdet Ihr später einmal erfahren, wer Vendaskiold eigentlich ist!«
»Wie? Ihr habt Gelegenheit, darüber Gewißheit zu erhalten, wer der Befehlshaber auf dem ›Wiking‹ ist? Dann bitte ich Euch, mir, sobald als dies eben möglich, Mittheilung von dem zu machen, was Ihr erfahren habt!«
»Weshalb interessirt Ihr Euch denn so sehr für diesen Mann?«
»Weil ich mich des Gedankens nicht zu entschlagen vermag, Vendaskiold sei ein Mitglied einer hochachtbaren Mecklenburger Adels-Familie, mit welcher mein Vater engbefreundet gewesen und die durch unwürdige Schliche und Ränke Anderer um ihr Hab und Gut gebracht worden ist. Die beiden Söhne der unglücklichen Familie sollen später einer Liebschaft wegen erzürnt von einander weggegangen, und Gott weiß, ob und wo sie eine bleibende Stätte gefunden haben.«
Suteminn hatte den Sprecher einen Augenblick scharf, forschend betrachtet, sich dann aber rasch abgewandt und fragte mit dumpfer Stimme:
»Wollt Ihr mir den Namen dieser Familie nennen?«
»Moltke!«
Längere Zeit verging, ohne daß einer der Ritter wieder
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