Der Benedict Clan 01 - Auf immer und ewig
warten."
„Worauf?" fragte sie ungeduldig. „Auf das Jüngste Gericht?"
„Auf Luke höchstwahrscheinlich. Wenn uns jemand findet, dann er. Niemand kennt den See und die Sümpfe besser. Und keiner außer ihm wird sich denken können, wo wir sind."
„Wollen Sie damit sagen, dass niemand weiß, wo wir sind?" fragte Regina ungläubig. „Weder Ihre Tante noch Ihr Großvater? Nicht einmal Luke?"
„Einen Ausflug wie diesen hängt man nicht an die große Glocke."
Ja, wie wahr, dachte sie. Demnach waren sie also wie Schiffbrüchige hier gestrandet. Es war einfach nicht zu fassen. Im Zeitalter drahtloser Kommunikation rund um den Globus saßen sie mitten in einem sumpfigen See fest, ohne Transportmittel und ohne jede Möglichkeit, Hilfe herbeizurufen.
„Es muss doch irgendetwas geben, was wir tun können!"
„Wir können es uns bequem machen", schlug er gleichmütig vor.
„Bequem!" wiederholte sie frustriert, und nicht ohne Misstrauen.
Er warf ihr einen ironischen Blick zu. Dann sprang er auf und schloss die Falltür. Danach ging er zu der Metallkiste, hob den Deckel hoch und entnahm ihr eine Wolldecke, die er Regina zuwarf. Anschließend förderte er noch zwei kleine Dosen Würstchen, eine Büchse Bohnen, Soft Drinks und Kräcker zu Tage. Das Letzte, was er hervorkramte, war eine Camping-Laterne.
„Allzeit bereit, was?" bemerkte Regina zynisch und ohne jegliche Anerkennung.
„Waren Sie bei den Pfadfindern?" erkundigte er sich, wobei ein amüsiertes Lächeln um seine Mundwinkel spielte.
„Kaum", gab sie zurück. „Dafür waren Sie doch mit Sicherheit bei dem Verein, nicht wahr?"
„Klar", sagte er. „Aber erst später, durch Erfahrung, habe ich gelernt, mich auf Notsituationen einzustellen."
„In den Sümpfen? Oder beim Abschlachten von Zugvögeln?"
„Ich jage", sagte er. „Aber dies ist nicht mein Hochstand. Er gehört Pops."
„Doch er steht Ihnen zur Verfügung, und Sie benutzen ihn nach Lust und Laune. Zu dumm, dass Sie kein Gewehr in dieser Kiste aufbewahren. Sonst hätten Sie uns eine Ente zum Abendessen erlegen können."
„Es ist die falsche Jahreszeit." Über die Schulter warf er ihr einen Blick zu. „Außerdem ist es hier auf dem Wasser zu feucht. Metall würde über Nacht rosten - wenn ich das Risiko eingehen wollte, eine Schusswaffe hier herumliegen zu lassen."
„Es wäre ja schlimm, wenn sie Ihnen geklaut würde, was?" spöttelte Regina.
Er schloss die Metallkiste und drehte sich um. „Reagieren Sie immer so gereizt, wenn die Dinge nicht nach Ihren Vorstellungen laufen?"
Sie hielt seinem Blick einen Moment stand und fixierte dann einen Punkt über seiner linken Schulter. „Nein, nicht immer."
„Sie brauchen keine Angst vor mir zu haben, falls das Ihr Problem ist. Nicht mit der Feuerzange würde ich Sie inzwischen mehr anfassen."
„Was sind Sie doch für ein Gentleman", bemerkte sie bissig.
Kane betrachtete sie einen Moment. „Ich habe nie behauptet, einer zu sein, schon gar nicht unter den gegebenen Umständen."
Er fühlte sich schuldig. Die Erkenntnis überraschte sie. Und noch erstaunlicher war, dass sie keinen Groll gegen ihn hegte. Sie blickte ihn an. „Gehen Sie nicht zu hart mit sich ins Gericht. Es gibt genug Männer, die keine Rücksicht genommen hätten."
„Und Sie kennen oder kannten einen solchen Mann?"
Regina gab ihm keine Antwort. So brauchte sie seine Vermutung weder zu bestätigen noch zurückzuweisen.
Seine Augen wurden schmal. „Machen Sie sich keine Sorgen. Wie ich schon sagte, Sie haben nichts von mir zu befürchten."
Das hätte sie eigentlich beruhigen sollen, jedoch das Gegenteil war der Fall. Denn seine Rücksichtnahme verriet ihr bloß, dass er viel zu viel von dem erkannte, was sie viel zu lange zu verbergen versuchte.
Kane Benedict war ein gefährlicher Mann, nicht allein deshalb, weil er waghalsig und unberechenbar war und weil ihm nichts entging, sondern vor allem wegen seiner Intelligenz. Hinzu kam, dass er die merkwürdigsten Gefühle in ihr auslöste. Zum Beispiel hatte sie einen kurzen, erstaunlichen Moment lang bedauert, keine weitere Gelegenheit zu haben, sich in Selbstbeherrschung gegenüber seinen Zärtlichkeiten zu üben. Es war kaum zu glauben, aber sie konnte nicht leugnen, dass sie gern herausfinden würde, ob sie an einem weniger abgelegenen Ort, in einer weniger gefährlichen Situation seine Umarmung ertragen könnte. Sie musste wirklich verrückt geworden sein.
Kane schien einen Moment zu zögern, ehe er sich abwandte
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