Der Benedict Clan 01 - Auf immer und ewig
Dunkeln festgehalten wurde, dass ich mich nicht bewegen konnte, während ..."
„Hören Sie auf", unterbrach er sie. „Ich verstehe schon."
Sie hielt inne. Sie hätte sowieso nicht weiterreden können, weil ihre Kehle plötzlich so eng war, dass sie keinen Ton mehr hervorbringen konnte. Und so saß sie stumm da und starrte mit brennenden Augen in die Dunkelheit, während sie spürte, wie tief in ihr sich etwas löste, als ob eine Barriere zu bröckeln begann, hinter der sie sich viel zu lange verschanzt hatte.
„Dann ist dieser Kerl also ungeschoren davongekommen", bemerkte Kane nach einer Weile. „Was sagte Ihre Familie dazu?"
„Ich habe keine Familie. Zumindest keine ..." Sie unterbrach sich, als ihr klar wurde, dass sie ihm nicht von Gervis erzählen konnte. „Mein Vater verließ uns kurz nach meiner Geburt. Und als ich zehn Jahre alt war, starb meine Mutter. Niemand wollte mir helfen, einen Kampf auszufechten, den ich nicht gewinnen konnte, der mir mehr schaden als nützen würde."
Er wandte den Kopf, um sie anzusehen. „Sie hatten niemanden, der Ihnen beistand? Keinen Menschen, der Ihnen eine Beratungsstelle oder einen Therapeuten vermittelte, damit Sie das Trauma verarbeiten konnten?"
„Ich bin allein damit fertig geworden", antwortete sie ihm. Sie hob das Kinn und blickte zu den Sternen hinauf, die einer nach dem anderen am Nachthimmel über ihnen zu funkeln begannen. Ihre Augen schwammen in Tränen. Doch aus Angst, Kane könnte darauf aufmerksam werden, wagte sie nicht, sie zu trocknen.
„Wirklich? Ich habe den Eindruck, es macht Ihnen noch immer zu schaffen."
„Das ist unwichtig. Für mich zählt nur, dass ich ..." Sie schwieg. War es notwendig, dass sie ihm alles preisgab?
„Was wollten Sie sagen?"
Sie blickte zu ihm herüber. Nur als schwarzen Schatten nahm sie ihn wahr. Mit tränenerstickter Stimme sagte sie: „Dass ich meinen Sohn habe. Stephan."
Stephan, mit seinem strahlenden Lächeln, seinen schiefen Zähnen und seinen warmen, kindlichen Küssen. Stephan, der sie anbetete, der ganz und gar von ihr abhängig war. Stephan, der niemals erfahren durfte, unter welchen Umständen er gezeugt wurde und was für ein verachtungswürdiger Mensch sein Vater war. Stephan, der sie von ganzem Herzen liebte, weil sie der einzige Halt in seiner kleinen unsicheren Welt war. Stephan, für den sie jedes Opfer bringen würde.
„Nicht, Regina." Kanes Stimme klang rau vor Besorgnis, als er durch die Dunkelheit zu ihr herübersah. „Nicht weinen. Es tut mir Leid, wenn ich schmerzliche Erinnerungen in Ihnen geweckt habe."
„Ich weiß", sagte sie schluchzend.
Und sie wusste es tatsächlich. Kane würde ihr niemals absichtlich Schmerz zufügen, und mochte er noch so wütend auf sie sein. Es lag einfach nicht in seiner Natur.
Diese Gewissheit machte ihr Mut, gab ihr Hoffnung und erinnerte sie daran, dass die Zeit gekommen war, ihre Aufgabe auszuführen. Eine günstigere Gelegenheit als diese würde sich ihr kaum bieten. Sie musste es wagen. Für Gervis, weil er ihr keine andere Wahl ließ. Für Stephan, weil er die wichtigste Person in ihrem Leben war. Und unter Umständen sogar für sich selber, wobei die Gründe dafür weder mit Gervis noch mit Stephan zu tun hatten.
Jetzt oder nie.
Ihre Worte waren kaum mehr als ein Flüstern, als sie sich Kane zuwandte. „Wenn ich Sie bitten würde ..."
„Worum?" fragte er eindringlich, als sie innehielt.
„Würden Sie ... mich eine Minute in den Arm nehmen, Kane? Nur in den Arm nehmen, sonst nichts?"
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12. KAPITEL
„Wissen Sie, was Sie da von mir verlangen?"
Ein seltsamer Unterton lag in Kanes Stimme. War es nur ungläubiges Erstaunen, oder sollte sein Ton eine Warnung ausdrücken? Regina wünschte, sie hätte sein Gesicht in der Dunkelheit sehen können. Dann hätte sie seine Reaktion gewiss besser abzuschätzen vermocht. Wobei es eigentlich keine Rolle spielte, wie er reagierte.
Sie schluckte hart. „Ich weiß, Sie haben gesagt, Sie würden mich nicht mehr anrühren. Aber ich habe das so aufgefasst, dass Sie nicht mit mir, ich meine, dass wir nicht..."
„Genau", unterbrach er sie scharf.
„Nun, das will ich ja auch nicht. Aber ich habe manchmal gedacht, wenn mich jemand bloß in den Arm nehmen würde, wäre alles in Ordnung. Verstehen Sie, was ich meine?"
„Ich glaube schon. Aber was ist mit mir?"
„Wieso? Ich weiß nicht, was Sie meinen."
„Sie wissen nicht viel über Männer, nicht wahr?"
Sie strich sich mit der Zunge
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