Der Benedict Clan 01 - Auf immer und ewig
und an der Laterne herumzubasteln begann, wohl um sich zu versichern, dass sie funktionieren würde, wenn gleich die Dunkelheit hereinbrach. Regina sah ihm eine Weile zu und ließ sich dann ein paar Schritte von ihm entfernt auf dem Boden nieder. An die Wand gelehnt, zog sie die Beine unter ihrem langen weiten Rock an und schlang die Arme um die Knie.
Minutenlang schwiegen beide. Als ihr die Stille unbehaglich wurde, warf sie Kane einen Blick zu und räusperte sich. „Wie lange wird es wohl dauern, bis uns jemand findet?"
„Eine ganze Weile", antwortete er, ohne aufzublicken. „Tante Vivian ist es gewohnt, dass ich zu den unmöglichsten Zeiten komme und gehe. Vor Mitternacht wird ihr kaum auffallen, dass etwas nicht stimmt. Falls sie überhaupt aufwacht. Sie war ziemlich erschöpft."
„Glauben Sie nicht, sie wird die Polizei alarmieren oder vielleicht einen Suchtrupp losschicken, wenn sie vermutet, dass etwas passiert sein könnte?" Das Spiel seiner Schulter- und Rückenmuskeln faszinierte sie. Gebannt verfolgte sie jede seiner Bewegungen.
„Sie ist nicht der Typ, der sich immer gleich Sorgen macht. Vielleicht ruft sie irgendwann Luke an, wenn ich nicht auftauche - falls sie nicht schläft. Aber bis dahin können Stunden vergehen. Sie würde sich wahrscheinlich mehr Gedanken machen, wenn sie wüsste, dass Sie mit mir zusammen sind. Aber sie denkt vermutlich, Luke hat Sie zum Motel zurückgebracht."
„Sie vermuten bloß, dass sie das denkt?" fragte Regina ungläubig. „Sie meinen, Sie wissen nicht mit Sicherheit, dass sie es annimmt?"
Er schwieg. Sein Blick war so undurchdringlich wie die Tiefe des Sees. Regina ahnte, dass sein Verhalten einem Eingeständnis gleichkam. Zu mehr würde er sich nicht herablassen. Sie seufzte frustriert und blickte dann wieder weg.
„Entspannen Sie sich", sagte er. „Sie können die Situation nicht ändern, also erfreuen Sie sich an ihr."
„Ich soll mich darüber freuen, dass ich hier mit Ihnen eingesperrt bin? Sie machen wohl Witze!"
Er blickte zum pastellfarbenen Himmel hinauf, der sich wie ein Dach über ihnen wölbte. „Nein", sagte er, „nicht im Geringsten."
Der Ort hatte einen gewissen Reiz, das musste Regina zugeben. Es war so ruhig und friedlich hier draußen. Man hörte nur das leise Klatschen des Wassers, das Rauschen des Windes, vereinzelte Vogelstimmen und das Quaken der Frösche. Wenn sie die Augen schloss, spürte sie regelrecht, wie ein Frieden über sie kam, der, wenn sie es zuließ, dazu führen konnte, dass sie die Situation akzeptierte.
Wozu es freilich nicht kommen durfte, nicht, wenn sie einem Mann wie Kane ausgeliefert war.
Oder vielleicht doch? Seine Nähe erschien ihr inzwischen eher tröstlich als beunruhigend. Seine Bewegungen waren ruhig und zielbewusst, und er versuchte nicht, die Stille mit leerem Geschwätz zu füllen. Ausgeglichen und selbstsicher, kam er ohne die Bestätigung anderer aus. Er hatte es nicht nötig, irgend jemandem etwas zu beweisen, am allerwenigsten sich selber. Wären die Umstände anders gewesen, hätte Regina diese Eigenschaften durchaus zu schätzen gewusst.
„Haben Sie Hunger?" Fragend blickte Kane sie an. „Oder möchten Sie erst nachher etwas essen?"
Nach einem späten Frühstück hatte sie zwar den Lunch ausfallen lassen, jedoch vorhin auf der Party ein großes Stück Kuchen gegessen, so dass sie noch ziemlich satt war. „Mir ist es egal, wann wir essen", erklärte sie deshalb.
„Ich würde sagen, wir sollten jetzt essen, solange wir noch ein wenig Tageslicht haben", erwiderte er.
Er machte eine Dose Würstchen auf und hielt sie ihr hin. Dazu reichte er ihr die Cracker. Regina stand auf und goss die Flüssigkeit aus der Dose in den See. Dann nahm sie ein Würstchen heraus, legte es auf einen Cracker und reichte ihm das Ganze.
Kane war gerade dabei, die zweite Dose zu öffnen. Als Regina es sah, erschien ihr ihre Geste mit einem Mal richtig albern. Sie wusste selbst nicht, was sie sich dabei gedacht hatte. Wie kam sie dazu, den Mann zu füttern, der sie entführt hatte? Vermutlich wollte sie sich revanchieren, weil er so höflich gewesen war, ihr zuerst etwas anzubieten.
Jetzt errötete sie vor Verlegenheit. Sie zuckte die Schultern und wollte gerade ihre Hand zurückziehen, als Kane ihr zuvorkam. Blitzschnell streckte er seine freie Hand aus, um ihr den Cracker und das Würstchen abzunehmen. Dabei berührten sich ihre Finger. Das Prickeln, das der flüchtige Kontakt in ihr auslöste, kam so
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