Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
während sie die Beine aus dem Auto schwang und aufstand. „Es sei denn, Sie haben eine andere Idee."
Er wirkte so streng und ließ sich so viel Zeit mit einer Antwort, dass sie schon glaubte, er würde ihr befehlen, ins Haus zu gehen. Dann gab er bedächtig zurück: „Ich habe eine, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie Ihnen gefällt."
„Was denn für eine?" Sie wartete und forschte in seinem Gesicht.
Sein Brustkorb hob sich, als er tief durchatmete, dann schüttelte er den Kopf und trat einen Schritt beiseite. „Egal. Sie haben Ihren Helfer verloren, wissen Sie."
„Jake? Warum?"
„Weil ich ihn zu Kane rübergeschickt habe. Pop hat eine von Tante Viväns jungen Katzen auf einen Baum gescheucht, als er mit seinem Wohnmobil vorfuhr. Tante Vivian hat mich angerufen, weil sie befürchtete, Pop könnte sich bei dem Versuch, sie zu retten, den Hals brechen, deshalb habe ich Jake gesagt, dass er das arme kleine Ding runterholen soll."
Roan klang verärgert, dass man ihn damit behelligt hatte, aber mittlerweile kannte sie ihn gut genug, um sich täuschen zu lassen. Die Leute würden ihn nicht so oft anrufen, wenn sie nicht wüssten, dass er bereit war zu helfen. Es war sein Job, ja, aber es lag auch in seiner Natur. Seine zur Schau gestellte Verärgerung diente nur dazu, die Menschen darüber hinwegzutäuschen, dass er so ein weiches Herz hatte.
Er war schon ein prima Kerl, dieser Roan Benedict. Würde er sie verstehen, falls sie die richtigen Worte fand, um ihm zu erklären, wie allein und in der Falle sie sich gefühlt hatte, sich immer noch fühlte? Würde er über seine Wut hinwegkommen und ihr die Lüge, mit der sie die letzten Wochen gelebt hatte, verzeihen? Würde es ihm sein ausgeprägtes Gefühl für Ehre und Anstand erlauben, ihr zu helfen, oder würde er sie fallen lassen?
Der Drang es herauszufinden war so heftig, dass es fast wehtat. Es wäre so eine Erleichterung, alles offen auf den Tisch zu legen, damit sie endlich wieder sie selbst sein konnte. Es sollte doch eigentlich so einfach sein, sich zu entspannen und ihm alles zu sagen, was sie ihm sagen wollte.
Es sollte. Aber es war nicht so.
Er beobachtete sie. Sie musste sich etwas einfallen lassen, irgendeine geistreiche Bemerkung, bevor er sie fragte, was ihr durch den Kopf ging. Sie ließ ihren Blick über die makellose Uniform schweifen, die er sich, bevor er in die Stadt gefahren war, angezogen hatte, und fragte: „Und wer hilft mir jetzt? Sie?"
Er warf einen argwöhnischen Blick auf die Beerensträucher am Weg. „Haben Sie noch nicht genug?"
„Für so viel Cobbler braucht man eine ganze Menge", erklärte sie. Die Aussicht zu beobachten, wie er versuchte, kühl und sauber zu bleiben, während er ihr bei so einer schweißtreibenden unsauberen Arbeit half, hatte einen unwiderstehlichen Reiz.
Der Blick, den er ihr zuwarf, verriet ihr, dass er genau wusste, worauf sie aus war, auch wenn er beschlossen hatte, fürs Erste nichts zu sagen. Er drehte sich zu den Beerensträuchern um und sagte: „Gut. Je eher wir anfangen, desto eher sind wir fertig."
Sie füllten mehrere Minuten schweigend Jakes Eimer, doch die Ungezwungenheit, die Tory in Gesellschaft des Jungen verspürt hatte, war dahin. Die Sonne war noch genauso warm, und die Bienen schwirrten genauso emsig, aber die Atmosphäre war spannungsgeladen. Kam diese Spannung von ihr oder von Roan? Oder von ihnen beiden?
Nach einer Weile sagte er: „Wie hat Pop es eigentlich geschafft, sich da rauszuhalten? Ich dachte, das mit den Brombeeren wäre seine Idee gewesen?"
„Nicht ganz, obwohl Cobbler offenbar seine Lieblingsnachspeise ist."
„Und Sie sind bereit, für sein leibliches Wohl Schlangenbisse und einen Hitzschlag zu riskieren? Offenbar verstehen Sie sich mit Pop ja ziemlich gut, stimmt's?"
„Er ist ein Schatz", gab sie leichthin zurück. „Ganz davon abgesehen, dass ich wirklich nicht wüsste, wie ich einen Mann nicht mögen sollte, der verspricht, mir Unterwäsche, Make-up und noch mehr solcher lebensnotwendiger Dinge aus der Stadt mitzubringen, die Sie mir seit Wochen vorenthalten."
„Ich hatte vor, Sie zum Einkaufen mitzunehmen, sobald Sie gesundheitlich wieder ganz hergestellt sind", protestierte er.
Sie hatte ihn in Verdacht, dass er ihre Garderobe als eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme absichtlich knapp gehalten hatte, aber sie hatte nicht vor, sich darüber mit ihm zu streiten. „Auf jeden Fall ist Ihr Dad etwas Besonderes, er ist so ein guter Mensch, dass er
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