Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
Vater anlächelte. „Wie lange warst du diesmal fort?"
„Gar nicht lange", protestierte der ältere Mann.
„Seit kurz nach Weihnachten. Tatsächlich lange genug, um morgen die Familie zu einer kleinen Begrüßungsfete zusammenzutrommeln, finde ich."
„Ach ja?" Pop warf ihm einen verdutzten Blick zu.
„Könnte ein bisschen Leben in die Bude bringen", sagte Roan. „Weißt du eigentlich schon, dass Donna uns kürzlich damit überrascht hat, dass sie eine großartige Köchin ist? Sie macht einen tollen Vanillepudding."
„Eine Creme Brülee", stellte sie richtig. Sie wäre von dem Kompliment beeindruckter gewesen, wenn sie nicht den Verdacht gehabt hätte, dass es im Grunde nur dazu diente, das Thema zu wechseln. Sie hatte das Gefühl, dass Roans Vater die Taktik ebenfalls durchschaute. Die Art, wie er misstrauisch die Augen zusammenkniff, war der seines Sohns so ähnlich, dass Tory sich ein Grinsen verkneifen musste.
„Creme Brülee? Gott, sie muss ja eine Gourmetköchin sein", sagte Pop. Er ließ ihre Hand los, legte ihr in einer selbstverständlichen Geste einen Arm um die Schultern und drehte sie in Richtung Treppe um. „Beim Thema Essen fällt mir gerade auf, dass ich nicht nur dringend eine Tasse Kaffee brauche, sondern auch fast am Verhungern bin. Lassen Sie uns bei einem späten Frühstück Freunde werden, was meinen Sie dazu, Ho- ney?"
„Freunde?"
„Ja, unbedingt. Und wenn Sie mir dann noch sagen, dass Sie auch ein anständiges Omelett machen können, nehme ich Sie vielleicht sogar in den Clan auf."
Tory warf über die Schulter einen Blick auf Roan, während sie überlegte, was er von diesem Vorschlag wohl halten mochte. Sie hätte schwören mögen, dass das, was sich da auf seinem strengen Gesicht spiegelte, Genugtuung war. Aber das war nicht möglich. Oder doch?
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13. KAPITEL
Wenig später waren die Pläne für die Wiedersehensfeier auch schon geschmiedet. Ehe Tory es sich versah, war sie dazu verdonnert worden, Rinderbrust in Knoblauchsauce und Brombeercobbler vorzubereiten, und alle möglichen Vettern und Cousinen oder ihre Ehepartner riefen an, um sich zu erkundigen, was sie mitbringen sollten.
Meistens gingen Pop oder Jake ans Telefon, aber ab und zu sah auch sie sich genötigt, Fragen zu beantworten. Während sie über Essen und Getränke redeten, hörte sie die Neugier in den Stimmen der Frauen mitschwingen, aber nicht eine Einzige fragte, warum sie bei einem Benedict-Familientreffen dabei war, statt im Gefängnis zu sitzen, wohin sie eigentlich gehörte. Sie hätte auf die Idee kommen können, dass ihr distanziertes Verhalten sie davon abhielt, Fragen zu stellen, aber sie wusste es besser. Nachdem sie gehört hatte, wie Roan und sein Sohn und sein Vater am Telefon reagiert hatten, nahm sie an, dass es ein Zeichen von Respekt war, das sie dazu brachte zu schweigen. Das und der offensichtliche Schutzkordon, den Roan, Jake und Pop um sie gezogen zu haben schienen. Ihre Stimmen wurden kalt und abweisend, wenn die Sprache auf sie kam. Sie ermunterten niemanden, Fragen zu stellen, und beantworteten auch keine. Pop und Jake machten es vermutlich, weil sie ihnen irgendwie sympathisch war oder vielleicht auch, weil sie Roans Beispiel folgten. Warum Roan sich die Mühe machte, war jedoch eine andere Frage, die sie unablässig in ihrem Kopf hin- und herwälzte.
Machte er es nur aus Prinzip? Oder hatte womöglich irgendjemand in der Stadt Einwände dagegen erhoben, dass er sie nach Dog Trot gebracht hatte, so dass er jetzt beweisen musste, dass von ihrer Anwesenheit keine Gefahr ausging? Oder war es einfach nur seine Privatsphäre, die er schützte?
Noch etwas anderes ging ihr durch den Kopf. Er könnte sie als Köder für Zits und Big Ears benutzen. Vielleicht erklärte ja das seine außerordentliche Wachsamkeit.
Das Problem war, dass bei Roan alles möglich war, absolut alles. Wie wahr das war, fand sie heraus, als sie spät an diesem Nachmittag Brombeeren für den Cobbler pflückte.
Die Sträucher wuchsen nicht weit entfernt vom Haus, aber außerhalb der Reichweite des Monitors. Roan erklärte sich damit einverstanden, dass sie die Beeren pflückte, und arrangierte es, dass die Überwachung vorübergehend ausgesetzt wurde. Kurz darauf fuhr er in die Stadt, um noch ein paar Sachen für die Party einzukaufen. Jake hatte die Anweisung, ihr beim Beerenpflücken zu helfen, und Pop übernahm den Wachdienst.
Die Brombeersträucher wuchsen in dem Teil des Gartens, der früher
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