Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
sie fest, so dass Tory nichts anderes übrig blieb, als stehen zu bleiben. Als er sie zu sich herumwirbelte, durchschoss ein heißer Schmerz ihre Schulter. Sie riss sich los und taumelte zurück, doch er war mit einem Satz bei ihr und packte sie am Handgelenk. Sein Gesicht war wutverzerrt, und aus seinen Augen leuchtete Mordlust. Wieder riss sie sich los und rannte, die Augen wegen des Windes zusammengekniffen, davon. Eine Welle spülte ihr über die Füße, so dass sie in dem mit Wasser voll gesogenen Sand fast gestolpert wäre. Sie hörte ihn hinter sich mit platschenden Schritten durchs Wasser rennen, dann packte er sie an der Jacke und schlang ihr einen Arm fest um die Taille. Tory stieß einen erstickten Schrei aus, als sie sich an ihn gezogen und hochgehoben fühlte. Er lachte triumphierend auf und watete mit ihr tiefer ins Wasser hinein.
Der Arm, mit dem er sie umklammerte, verhinderte, dass sie genug Luft bekam. In ihrer Brust und ihrer Schulter tobte ein heftiger Schmerz. Der Sog des Wassers hatte ihr die Schuhe von den Füßen gezogen. In ihren Ohren dröhnte es, als ob jemand einen Motor anließe, ein Geräusch, das mit jedem Schritt, den Harrell machte, lauter zu werden schien. Sie wehrte sich aus Leibeskräften und setzte alles daran, ihm ihre Knie in den Unterleib zu rammen, aber die hohen Wellen, die sich um sie herum auftürmten, machten alle Anstrengungen zunichte. Sie versuchte ihre Zehen als Hebel einzusetzen, fand jedoch nirgendwo Halt. In einer obszönen Parodie einer leidenschaftlichen Umarmung klammerte sie sich verzweifelt an seinen Rücken, aber ihre Nägel fanden nur Stoff. Ihre Gedanken verwirrten sich. Das Tosen von Wind und Wellen war jetzt so laut, dass jeder Gedanke auf Rettung darin ertrank und nur Angst und Schrecken zurückließ.
Dann berührte sie Metall. Harrells Pistole, die er sich wieder hinten in den Hosenbund geschoben hatte. Sie schloss ihre Finger um den Griff, riss die Waffe heraus und rammte ihm den Lauf in die Armbeuge.
Abrupt blieb er stehen. Sein Fluch klang erstickt.
Dann kam das Wasser hinter ihm in Bewegung. Aus der Dunkelheit erhob sich wie ein riesiges Ungeheuer eine gewaltige Welle und schwappte über ihn hinweg. Harrell wurde umgerissen und war gezwungen, Tory loszulassen. Die Pistole entglitt ihr. Sie selbst wurde wie eine Lumpenpuppe im Wasser herumgeschleudert. Tosende Wellen schlugen über ihr zusammen und gurgelten in ihren Ohren. Ihre Lunge stach, ihre Kehle und ihre Nase brannten. Sie schlug auf Sand auf, schrammte mit dem Gesicht über den Meeresboden. Mit ihrem heilen Arm stemmte sie sich hoch und versuchte ihre Füße zu finden, um sich aufzurappeln.
Plötzlich war sie wieder gefangen. Starke Arme schlangen sich wie Stahltrossen um ihre Mitte. Blind von Salzwasser und Sand holte sie aus und schlug mit aller Kraft zu.
Allerdings ohne ihr Ziel zu treffen. Ihr Arm wurde eingefangen und locker gehalten, obwohl sie eng an einen Körper gezogen und sanft hin und her geschaukelt wurde. Der Mann, der sie hielt, legte seine Wange auf ihren Kopf, während er über das Tosen von Sturm und Wellen und das aufgeregte Kreischen der Möwen hinweg beruhigend auf sie einredete.
„Es ist alles gut, Tory. Schon gut, schon gut. Ich bin's doch nur, Tory, ich bin's."
Roan.
Er war hier.
Sie wusste nicht, wie und warum, aber es war ihr auch egal. Wichtig war nur, dass er da war. Sie klammerte sich an ihn, hielt ihn fest und sog seine Kraft und das Gefühl von Geborgenheit, das seine Arme ihr gaben, gierig zusammen mit einem halberstickten Atemzug in sich ein. Dann wurde sie erneut von Panik überschwemmt. Sie wand sich aus seiner Umarmung und keuchte: „Harrell! Er ist..."
„Er ist dort drüben."
Roan drehte sie behutsam um, bis sie den Strand sehen konnte. Dort lag Harrell auf dem Bauch wie ein gestrandeter Wal, als wäre er von einer Welle an Land geschleudert worden. Er fluchte monoton in sich hinein und spuckte bei jedem Wort Sand und Salzwasser, während die Brandung in einem gleichförmigen Rhythmus seine Beine überspülte und sich wieder zurückzog. Seine Hände waren mit Handschellen auf seinem Rücken gefesselt, und ein zweites Paar zierte seine Fußgelenke.
„Ich glaube nicht, dass er noch ein Problem ist", sagte Roan mit ruhiger Stimme.
Das fand sie auch. Deshalb verweilte ihre Aufmerksamkeit nicht länger bei ihrem Exverlobten. Tory starrte an der kläglich wirkenden Gestalt vorbei auf das purpurfarbene Heck, das aus dem Wasser aufragte.
„Der
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