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Der Benedict Clan 05 - Fremder Feind

Der Benedict Clan 05 - Fremder Feind

Titel: Der Benedict Clan 05 - Fremder Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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nächsten vierundzwanzig Stunden ohnehin nichts würde ändern können.
    Sie fragte sich, was Wade gerade dachte, was er plante, wenn sie in New Orleans ankamen, doch als sie ihn erneut ansah, bemerkte sie, dass er die Augen geschlossen hatte und schlief.
    Sie verzog die Lippen zu einem ironischen Lächeln. Dann machte sie selbst auch die Augen zu und versuchte, die Intensität der Erschöpfung zu ignorieren. Der Schlaf legte sich wie ein dichter Nebel auf sie, doch sie ließ Wades Hand nicht los.
    Bei der Ankunft in Zürich hatte sie zum ersten Mal das Gefühl, fehl am Platz zu sein. Der Flughafen war riesig, unglaublich sauber und glatt, und das Echo der Ansagen in mehreren westlichen Sprachen klang in ihren Ohren sonderbar. Am verwirrendsten aber war die Art, wie sich die Menschen kleideten. Sie zeigten erstaunlich viel Haut und trugen schicke Sachen mit einer neutralen Ausstrahlung, die es erlaubte, dass die Persönlichkeit ihres Trägers das Erscheinungsbild dominierte. Im Gegensatz dazu ließen ihre blaue Bluse mit den langen Ärmeln und dem hohen Kragen und der passende Rock mit dem goldbestickten Saum sie gleichzeitig exotisch und altmodisch aussehen. Sie sah nicht nur ungewöhnlich aus, sondern sie war sich auf eine unangenehme Weise bewusst, dass sie ihre Kleidung seit drei Tagen und Nächten nicht mehr gewechselt hatte, nachdem sie ihr im Haus der RAWA gegeben worden war. Sie konnte es den Leuten nicht verübeln, dass sie sie merkwürdig ansahen und auf Distanz blieben. Ihr Zwischenstopp in der Schweiz ließ aber keine Zeit, um sich neu einzukleiden, selbst wenn sie das nötige Geld gehabt hätte. Es tröstete sie, dass es Wade nicht besser erging.
    Als sie Hartsfield International in Atlanta erreichten, waren sie völlig erschöpft und vom Jetlag benommen. Ihr Zwischenstopp dauerte mehr als drei Stunden, was dem Zoll genug Zeit gab, um besonders gründlich vorzugehen. Chloe befürchtete, dass man den Pass, den Wade beschafft hatte und dessen Foto einer sehr jungen Chloe aus der Sammlung ihres Vaters per Computer bearbeitet worden war, um sie älter aussehen zu lassen, genauer betrachten würde als bei den Kontrollen in Europa. Sie hatte Angst, dass man sie aus der Schlange herausholen und befragen könnte. Die Wartezeit empfand sie besonders unerträglich, da Wade sie allein gelassen hatte, um zu telefonieren. Die Erleichterung, die sie bei seiner Rückkehr erkennen ließ, war beunruhigend, da sie zeigte, wie verloren sie sich vorkam und wie abhängig sie von ihm war. Dennoch war sie froh, ihn wieder an ihrer Seite zu haben, als sie vom Zoll abgefertigt wurden.
    „Hast du deine Familie angerufen?" fragte sie, als sie in der Abflughalle saßen, Eis aßen und Chloe die Fremden mit ihren leeren, gedankenverlorenen Gesichtern betrachtete, die unablässig an ihnen vorübergingen.
    Er gab einen zustimmenden Laut von sich. „Ich habe nachgefragt, was los war, seit ich aus Rawalpindi angerufen hatte. Und ich habe uns einen Leihwagen beschafft."
    „Wohin fahren wir, wenn wir in New Orleans gelandet sind?" Sie wunderte sich, dass sie das nicht früher gefragt hatte, doch bislang war sie so erschöpft gewesen, dass es ihr offensichtlich nicht so wichtig erschienen war. Das Ganze wurde für sie erst jetzt wirklich real, da sie sich in den Staaten befand. Zuvor wären es alles nur theoretische Überlegungen gewesen.
    „Nach Hause. Jedenfalls so lange, bis du dich eingelebt hast und weißt, was du machen willst. Hast du schon irgendeine Vorstellung?"
    „Nein ... eigentlich nicht."
    „Kann ich verstehen."
    Er konzentrierte sich auf sein Eis und fing einen Tropfen mit der Zunge auf. Chloe beobachtete die Agilität, die in dieser kleinen Bewegung steckte, und bekam ein merkwürdiges Gefühl in der Magengegend. Schließlich sagte sie: „Ich werde mir vermutlich ein Apartment nehmen. Aber erst einmal muss ich auf das Geld zugreifen können, das mir zusteht."
    „Kein Problem."
    Das Eis auf ihrem eigenen Hörnchen zerschmolz schneller, als sie es essen konnte. Sie leckte schneller und genoss die kalte Süße. Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf, doch sie musste erst einmal schlucken, ehe sie ihn aussprechen konnte: „Ich ... ich würde gern das Grab meines Vaters besuchen."
    „Du musst nur sagen, wann."
    Sie sah ihn an, als er antwortete. Sein Blick ruhte auf ihren Lippen. Sie fuhr mit ihrer Zunge bis in einen Mundwinkel, als sie merkte, dass sich dort noch ein Rest Eis befand. Wade zwinkerte ihr zu und

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