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Der Benedict Clan 05 - Fremder Feind

Der Benedict Clan 05 - Fremder Feind

Titel: Der Benedict Clan 05 - Fremder Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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denn ihre Gedanken und Ängste trugen ihren Teil zu ihrer Rastlosigkeit bei.
    Wade hatte überhaupt nicht geschlafen. Er war die ganze Nacht hindurch um das Lager herumgeschlichen und hatte von verschiedenen Stellen Ausschau gehalten. Die beiden Kinder waren auf der eigentlich für ihn bestimmten Matte eingeschlafen. Doch er hatte sich entschlossen, sie nicht zu wecken, nur um sich selbst hinlegen zu können. Es war ihr angebracht vorgekommen, ihm anzubieten, mit ihm ihre Decke zu teilen, auch wenn ihre Gäste das wohl nicht gern gesehen hätten und sie selbst nicht gegen das Gefühl ankam, etwas Verbotenes zu tun. Wade musste mit seinen Kräften sparsam umgehen. Nicht zu essen und nicht zu schlafen war wohl kaum das Richtige, um sich von einer Verletzung zu erholen. Außerdem lag noch eine lange Reise vor ihnen. Doch er hatte ihr Angebot abgelehnt.
    Während sie auf ihrer Decke einsam dagelegen und die kalt funkelnden Sterne betrachtet hatte, war ihr die Frage durch den Kopf gegangen, aus welchem Grund er sich wohl weigerte, und ob ihm eigentlich bewusst war, dass sie in der Nacht zuvor sein
    Bett mit ihm geteilt hatte. Sie war sich nicht sicher gewesen, ob sie sich freuen oder ob sie betrübt sein sollte, dass sie die Nacht allein verbrachte.
    Ein lautes Hupen ließ sie den Kopf herumreißen. Sie sprang auf, als sie sah, dass Wade mitten auf der Straße stand und ein Lastwagen auf ihn zu fuhr. Er hielt eine Hand ausgestreckt, und als der Lastwagen auf die Gegenfahrbahn wechselte, sprang Wade in dieselbe Richtung. Der Fahrer bremste; das Quietschen der Reifen auf dem Straßenbelag war ohrenbetäubend und ging durch und durch.
    „Komm schon!" rief Wade.
    Chloe blickte über die Schulter zu der Stelle, an der ihre nächtlichen Gäste unter den Zedern versteckt waren. Bei ihrem Aufbruch zur Straße zusammen mit Wade hatten die beiden Kinder noch geschlafen. Der Vater war damit beschäftigt gewesen, eine Schlinge aus einer Rolle Nylon herzustellen, die er im Werkzeugbeutel gefunden hatte. Seine vorrangige Aufgabe war es offenbar, seine Familie zu ernähren.
    „Es ist nicht genug Platz für uns alle", sagte Wade, der offenbar ihre Gedanken erraten hatte. „Lass uns fahren. Jetzt."
    Sie lief bereits in Richtung des Wagens los. Der Fahrer hatte sich hinübergebeugt, um die Beifahrertür zu öffnen. Er war ein Sikh, der sich lautstark über Wades verrückte Methoden beklagte und nachdrücklich erklärte, er sei angewiesen, keine Flüchtlinge mitzunehmen, und er habe nur angehalten, weil er erkannt hatte, dass Wade kein Flüchtling war. Er redete unablässig weiter, auch nachdem Wade ihr ins Führerhaus geholfen und neben Chloe Platz genommen hatte. Und er lamentierte sogar immer noch, als sie Peshawar erreicht hatten und er sie schließlich im Stadtzentrum absetzte.
    Ab da lief alles unglaublich reibungslos. Mit einem Leihwagen gelangten sie nach Rawalpindi, kauften am Flughafen Toilettenartikel und machten sich im Waschraum frisch. Wenig später standen sie am Flugsteig und warteten darauf, dass ihr Flug aufgerufen wurde. Dies war die nervenaufreibendste Zeit, da sie jeden im Gebäude aufmerksam beobachteten und immer damit rechneten, auf einmal Ahmad vor sich zu sehen. Dann durften sie endlich an Bord gehen. Sie begaben sich zu ihren Plätzen, die Flugzeugtür wurde geschlossen, und die Maschine rollte auf die Startbahn. Minuten später hoben sie ab.
    Sie hatten es geschafft. Sie verließen diesen gefährlichen Teil der Welt. Es war vorbei. Sie waren in Sicherheit, und sie waren frei.
    Chloes Kopf wurde gegen die Lehne gedrückt, als sie in den strahlend blauen Himmel aufstiegen. Sie sah Wade an. Nichts behinderte dabei ihren Blick, da sie ihre Burqa ausgezogen und im Waschraum des Flughafens zurückgelassen hatte. Er erwiderte ihren Blick einige Sekunden lang, dann lächelte er und nahm ihre Hand. Sein Griff war fest und warm und machte ihr bewusst, wie kalt ihre eigenen Finger waren und wie nervös und verängstigt sie bis zu diesem Moment gewesen war. Sie drehte ihre Hand um und verschränkte ihre Finger mit seinen. Sie betrachtete diese Berührung voller Erstaunen darüber, wie unmöglich ihr etwas so Einfaches noch vor wenigen Tagen erschienen wäre und wie gut es sich anfühlte. Jedenfalls für den Augenblick.
    Angst und Sorge bedrückten sie. Wo mochte Ahmad sich aufhalten? Würde er sie verfolgen? Was erwartete sie in Amerika? Es erschien ihr zu viel, Ordnung in ihre Gefühle zu bringen, zumal sie in den

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