Der Benedict Clan 05 - Fremder Feind
Messer bedroht und gezwungen, mit ihnen mitzufahren, um sie irgendwo in einer düsteren Gasse oder am Stadtrand eines langsameren Todes sterben zu lassen?
Dazu war es nicht gekommen, daher war es müßig, über diese Möglichkeit nachzudenken. Wirklich wichtig dagegen war es nun, sich über die weitere Vorgehensweise Gedanken zu machen.
Clays Worte klangen wie eine gut gelaunte Reaktion auf Wades Überlegungen. „Für eine Verfolgungsjagd haben sie sich die falschen Leute ausgesucht. Und dazu die falsche Stadt." Er gab Gas und fuhr lässig und mit hoher Geschwindigkeit vom Flughafen fort in Richtung Highway.
„Sie sind immer noch hinter uns", sagte Adam, nachdem er einen Blick in den Außenspiegel geworfen hatte.
„Aber nicht mehr lange", gab Clay zurück.
Dieser Bemerkung folgte ein abrupter Spurwechsel, und Augenblicke später fuhren sie auf die Interstate 10. Die Limousine folgte ihnen, musste jedoch zwei Fahrzeuge schneiden und einen weiteren Wagen rechts überholen. Mit ein wenig Glück wird sich die Polizei an unsere Verfolger hängen, dachte Wade und hoffte, dass sie nicht den dahinrasenden Geländewagen anhalten würden, da es ihm jetzt schon so vorkam, als würden sie jeden Moment abheben.
Als er wieder nach vorn sah, wurde ihm mit einem Mal bewusst, dass sie in östlicher Richtung fuhren. „Was soll das geben? Wieso fahren wir nicht nach Turn-Coupe?"
„Mom hat bestimmt, dass wir euch erst zu ihr bringen sollen." Clay sah in den Spiegel und wechselte zwei Fahrspuren nach links, um nicht auf einen Pick-up aufzufahren, der ein Boot auf seinem Anhänger hatte.
„Das können wir nicht machen", widersprach Wade sofort. „Wenn diese Typen gewusst haben, wann wir wo ankommen, dann werden sie auch mühelos dahinter kommen, wo Mom lebt."
„In dem Fall müssen wir erst recht hinfahren, um nach ihr zu sehen", gab Adam harsch zurück.
„Ja, du hast Recht", stimmte ihm Wade zu und fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. Die Anstrengungen der letzten Tage mussten seinen Verstand stärker getrübt haben, als es ihm bewusst war. Seine Mutter war zwar keine Benedict mehr, da sie ihren Mädchennamen wieder angenommen hatte, doch sie würde nach wie vor eines der Hauptziele sein. Undenkbar, wenn man sie als Geisel nehmen würde.
Er betrachtete Chloe, deren Gesicht kreidebleich war. Es überraschte ihn nicht, da sie besser als jeder andere wusste, wozu ihr Stiefbruder fähig war, wenn es darum ging, seine fanatischen Vorstellungen von Recht und Unrecht in die Tat umzusetzen. Die Überzeugungen und Prinzipien dieses Kerls mochten noch so abwegig sein, dennoch musste Wade anerkennen, dass er ihnen rückhaltlos treu blieb. In gewisser Weise war er damit den Benedicts sehr ähnlich.
Lautes Hupen veranlasste Wade, wieder aus dem Rückfenster zu blicken. Clay wechselte abermals die Spur, wobei er von einem schnellen Taxi vorgelassen wurde, und ließ einen Schlenker folgen, der sie auf eine lange, gerade Abbiegerspur brachte. Wade sah, dass die Limousine beinahe von einem Tanklaster daran gehindert worden wäre, ihnen zu folgen, dem Fahrer gelang es aber doch noch, sich vor das tonnenschwere Fahrzeug zu setzen. Zwei Wagen, die sich hinter dem Tanklastwagen befanden, mussten eine Vollbremsung machen, um einen Zusammenstoß zu verhindern.
Jetzt war die Jagd erst richtig eröffnet, auch wenn Wade keinen Zweifel daran hatte, welches Ende sie nehmen würde. Clay mochte zwar in den Wäldern aufgewachsen sein und mehr Zeit damit verbracht haben, Alligatoren zu fotografieren, als damit, sich in New Orleans aufzuhalten. Doch er besuchte regelmäßig seine Mutter und er kam mit Janna und Lainey für Arztbesuche oder zum Einkaufen her. Glücklicherweise kannte er sich in dieser Stadt, wo es nicht einfach war, sich mit dem Wagen zurechtzufinden, hervorragend aus. Ihr Herz bildete das alte French Quarter mit seinen engen Gässchen, das in der halbmondförmigen Biegung des Mississippi lag und deswegen auch den Namen Crescent City trug.
Zwischen City Park und Claiborne gelang es ihnen, ihre Verfolger abzuhängen. Wenig später fuhren sie in der Dumaine Street in den Hinterhof eines der typischen Häuser des French Quarter, wo sich der Parkplatz ihrer Mutter befand. Während sie ein wachsames Auge darauf hatten, dass sie nicht weiter verfolgt wurden, begaben sich die Benedicts mit Chloe drei Blocks weiter zum Apartment ihrer Mutter, das über einem Restaurant lag. Der Geruch von Bier wetteiferte mit dem überwältigenden Aroma
Weitere Kostenlose Bücher