Der Berg Der Abenteuer
aussuchen«, rief Lucy eifrig. »Tante Allie, du mußt zuerst wählen.«
Frau Mannering machte ein unschlüssiges Gesicht.
»Ich finde, sie sehen alle gleich aus.« Bill erkundigte sich bei Stefan, welches das ruhigste Tier wäre. Stefan wandte sich fragend an Trefor. Dieser kannte die Esel. Er zeigte auf ein kleines Tier mit einem geduldigen Ausdruck in den Augen und sagte etwas auf walisisch.
»Er meint, der wäre der richtige für Sie«, erklärte Stefan.
»Er heißt Geduld.«
»Gut, dann nehme ich ihn«, sagte Frau Mannering schnell entschlossen. »Dies ist meiner, Kinder, der mit dem schwarzen Fleck auf der Stirn.«
»Und ich nehme diesen.« Lucy deutete auf ein kräftiges Tier, das dauernd den Kopf hochwarf und mit den Füßen scharrte. »Wie heißt er, Trefor?«
Trefor murmelte etwas Unverständliches. »Sein Name ist Klee«, übersetzte Stefan. »Dieser heißt Grauchen, der dort Scheck und die beiden anderen Butterblume und Tausendschön.«
Nach einigem Hin und Her hatte jeder Reiter das ihm zusagende Tier gefunden.
Jack bestieg Grauchen. »Wir wollen sie gleich einmal ausprobieren. Los, Bill, Tante Allie, steigt auf! Der erste Ritt auf unseren Eseln, den Pfad hinauf und dann wieder hinunter.«
Stefan und seine Frau sahen den Reitern schmunzelnd nach. Die Esel stiegen in gemächlichem Schritt bergauf.
Bill ließ nicht zu, daß die Kinder sie antrieben. »Bergab werden sie schon ganz von selber traben«, sagte er.
»Aber bergan mit unserem Gewicht auf dem Rücken können sie nur langsam gehen.«
Den Kindern machte das Reiten großen Spaß. Frau Mannering war zuerst ein wenig ängstlich, besonders als der Pfad steinig wurde. Ihr Esel war jedoch ebenso trittsicher wie alle anderen und verfolgte ruhig seinen Weg. Bill ritt dicht neben ihr, um notfalls zur Hand zu sein. Aber sie kam ganz gut allein zurecht. Die Kinder hätten natürlich jede Hilfe verächtlich zurückgewiesen. Sie waren schon oft auf Pferden geritten, und die Esel ließen sich leicht lenken.
Schließlich mahnte Bill an den Heimweg. Sie wandten ihre Tiere um und ritten zurück. Schneelein war den ganzen Weg über vor der kleinen Karawane einhergesprun-gen und bildete sich offenbar ein, sie anzuführen.
Bergab schlugen die Esel eine schnellere Gangart ein.
Frau Mannering gefiel das Traben jedoch nicht so gut wie das Schrittreiten. »Geduld ist so furchtbar stukerig«, klagte sie. »Wenn ich hinuntergehe, kommt er herauf und umge-kehrt ebenso. Dauernd stoßen wir mit einem Bums zusammen.«
Die Kinder lachten. Viel zu schnell waren sie wieder auf dem Hof angelangt. Am liebsten wären sie noch stundenlang so weiter getrabt. Aber das Essen stand auf dem Tisch, und Frau Evans wartete bereits vor der Tür auf ihre Gäste. So brachten sie die Esel also rasch aufs Feld und trugen das Zaumzeug in den Stall.
»In einer Woche werden Sie sich an das Reiten ge-wöhnt haben«, sagte Bill zu Frau Mannering. »Und wenn wir am Mittwoch auf die Reise gehen, werden Sie glauben, ihr ganzes Leben im Sattel verbracht zu haben.«
Frau Mannering lächelte. Wirklich hatte sie sich zum Schluß schon ganz sicher auf Geduld gefühlt. Plötzlich spürte sie, wie etwas an ihrem Fuß pickte. Neugierig spähte sie unter den Tisch und erblickte eine dicke braune Henne. Kaum hatte sie diese verscheucht, da begann etwas an ihren Schuhbändern zu knabbern. Diesmal war es Schneelein, das sich auf seine Weise die Zeit vertrieb, da Philipp es beim Essen nicht auf seinem Schoß dulde-te. Als Frau Mannering das Zicklein ebenfalls verjagte, ging es zu Frau Evans und begann eifrig, an dem Saum ihres Kleides zu kauen. Frau Evans bemerkte nichts davon, und so konnte sich das Zicklein ungestört gütlich tun.
Am nächsten Tag waren alle ein wenig steif vom Reiten. Besonders die Mädchen klagten über Schmerzen.
Als Frau Mannering morgens die Treppe herunterkam, stöhnte sie kläglich. »Du meine Güte! Ich glaube, ich werde niemals wieder reiten können. Ich komme mir wie eine uralte Frau vor.«
Aber die Schmerzen ließen wieder nach, und bald ge-wöhnte sich Frau Mannering daran, jeden Tag mit Bill und den Kindern in die Berge zu reiten. Sie entdeckten schöne Wege und herrliche Aussichtspunkte. Schneelein kam natürlich immer mit. Das Zicklein wurde niemals müde und sprang stets munter voraus. Kiki ritt auf Jacks Schulter und machte ab und zu einen Ausflug in die Luft, um die Vögel zu erschrecken, die über ihnen flogen. Sie waren immer sehr erstaunt, wenn Kiki sie
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