Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
Menschenansammlung in der Küche begann, sich aufzulösen. Shea zog sich mit Madison, dem Hund und den Keksen ins Wohnzimmer zurück, dicht gefolgt von Callie, die von Shea im Detail beschrieben bekam, wer was zu wem gesagt und wer was angehabt hatte.
Slade stieg die hintere Treppe in den ersten Stock, zweifellos, um sich schnellstmöglich umzuziehen. Von Bankern und Anwälten abgesehen gab es in den ländlichen Gegenden Montanas kaum einen Mann, der regelmäßig Anzug trug. Der blieb Kirchgängen, Beerdigungen und Hochzeiten vorbehalten.
Opal murmelte kopfschüttelnd vor sich hin, während sie Mehl und Schmalz für die Biskuits abwog, die sie backen wollte. „Um Himmels willen“, sagte sie immer wieder leise zu sich selbst. „Meinen Lebtag werde ich nicht …“ Der Rest blieb unverständlich.
Joslyn legte die Hände auf ihren Bauch und stöhnte leise. „Ich schwöre, dieses Baby trainiert jetzt schon dafür, am Rodeo teilzunehmen. Man könnte meinen, dass es da drinnen einen Bullen zureiten muss.“
Leise lachte Kendra. Zum Teil wegen des Bildes, das ihre Freundin soeben gezeichnet hatte, zum Teil jedoch auch, um die schwindlig machende Anspannung zu lösen, die Sheas atemlose Ankündigung in ihr hervorgerufen hatte. Hutch hat die Hochzeit abgesagt! Die Hochzeit ist geplatzt!
„Dann sei doch so gut“, zog sie Joslyn auf, während sie versuchte, ihre Gefühle in den Griff zu bekommen, „und lass die Wehen einsetzen, damit der Kleine möglichst bald seine Cowboykarriere in Angriff nehmen kann.“
Joslyn lächelte so hinreißend wie eine Madonna von Botticelli. „Ja, er lässt sich allerdings viel Zeit“, stimmte sie Kendra amüsiert zu. Dann flackerte ein Anflug von Sorge in ihren Augen auf, als sie ihre Freundin eindringlich musterte. „Ich glaube, ich sollte dich vorwarnen, dass Slade für heute Hutch zum Abendessen eingeladen hat …“
Joslyn sprach weiter, allerdings hörte Kendra davon kaum noch etwas. Sie war unter keinen Umständen bereit, Hutch Carmody zu begegnen, auch nicht im Haus ihrer besten Freundin. Und das aus gutem Grund, denn bei ihrem letzten Zusammentreffen nach diesem albernen, machohaften Pferderennen zwischen ihm und Slade hatte sie ihm einen ordentlichen Tritt gegen das Schienbein verpasst.
Weil er sie einfach geküsst hatte.
Weil er ohne vernünftigen Grund sein Leben riskiert hatte.
Weil ihres nur eines von vielen Herzen war, das er auf seinem Weg gebrochen hatte.
Außerdem sah sie schrecklich aus. Drei Tage war sie mit dem Wagen unterwegs gewesen, und selbst nach einer Nacht in Joslyns Gästezimmer und zweimaligem Duschen fühlte sie sich immer noch wie erschlagen.
Sie stand auf. Sie würde mit Madison in die Stadt zu ihrem eigenen Haus fahren, wie sie es von vornherein hätte tun sollen, anstatt hierher auf die Ranch zu kommen. Aber das riesige Herrenhaus war für sie und Madison eigentlich viel zu groß, und mit jedem der Zimmer verband sie zu viele Erinnerungen.
„Kendra, setz dich wieder hin“, forderte Joslyn sie freundlich auf, während Opal noch immer vor sich hin murmelnd im Vorratsschrank herumkramte.
Slade kam nach unten und sah wieder ganz wie er selbst aus in seiner abgewetzten Jeans, dem verwaschenen Flanellhemd und den abgetragenen Stiefeln. Als er an Joslyn vorbeilief, beugte er sich vor und gab ihr einen Kuss. Kendra ließ sich auf ihren Stuhl zurücksinken.
„Fangt ja nicht ohne mich an“, sagte Slade und strich strahlend über Joslyns Babybauch.
Dieses Bild genügte Kendra fast schon, um wieder an die Liebe zu glauben.
„Auf gar keinen Fall“, erwiderte Joslyn. „Das ist unser gemeinsames Baby, und wir werden es auch gemeinsam bekommen.“
Kendra fühlte sich beim Anblick der beiden Turtelnden allmählich wie eine Voyeurin, doch dann tauchte Opal aus dem Vorratsschrank wieder auf, musterte Slade durch ihre dicken Brillengläser hindurch und fragte energisch: „Wo willst du denn hin, Slade Barlow? Hatte ich nicht eben davon gesprochen, dass das Abendessen gleich fertig ist?“
Slade richtete sich auf und blickte Opal an. „Jetzt reg dich nicht auf“, konterte er amüsiert. „Ich habe nicht vor, eine Viehherde nach Texas zu treiben, sondern ich will bloß kurz nach den Pferden sehen.“
„Sehe ich etwa aus, als wär ich von gestern?“, fragte sie im gleichen gespielt forschen Tonfall. „Du willst ein Pferd satteln und losreiten, das sehe ich dir genau an.“
Lachend und kopfschüttelnd durchquerte er das Zimmer und fuhr sich
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