Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
angeregten Unterhaltungen. Slade kehrte wie versprochen aus dem Stall zurück, und nachdem er sich im Badezimmer im Erdgeschoss gewaschen hatte, ließ er sich von allen Anwesenden das Versprechen geben, Hutch nicht mit Fragen zur abgesagten Hochzeit zu belästigen.
Als ob er ihn dazu irgendwas fragen würde, ging es Kendra durch den Kopf. Sie selber würde vermutlich auch nicht mehr als ein paar höfliche Worte mit ihm wechseln - wenn überhaupt.
Sie fühlte sich stark, selbstbewusst und auf alles vorbereitet.
Bis zu dem Augenblick, in dem er die Küche betrat.
Sowie er sie entdeckte, presste er die Lippen zusammen und warf seinem Halbbruder einen vorwurfsvollen Blick zu.
„Hatte ich nicht gesagt, dass Kendra hier ist?“, fragte Slade und bereitete der abrupt eingetretenen Stille vorübergehend ein Ende. Er klang leicht amüsiert, doch in seinen Augen spiegelte sich die reinste Unschuld.
Hutch, in dessen dunkelblondes Haar die Sonne goldene Strähnen gezaubert hatte, brauchte nur einen Moment, um zu seiner umgänglichen Art zurückzufinden.
Er brachte sogar ein Lächeln zustande. Der Anblick genügte, damit Kendra unruhig wurde.
„Hallo, Kendra“, begrüßte er sie und nickte ihr zu, nachdem er seinen Hut abgenommen hatte. So wie Slade trug er die typische Cowboykleidung aus Jeans, Hemd und Stiefeln, die ihm hervorragend stand.
Sie erwiderte das Nicken. „Hutch“, sagte sie kurz und widmete sich wieder der Vorbereitung des gemischten Salats. Sie wünschte sich, sie hätte sich erst noch geräuspert, dann wäre ihr sein Name nicht wie ein Krächzen über die Lippen gekommen.
Sein Blick wanderte geradewegs weiter zu Madison, und Kendra sah kurz eine Frage in seinen Augen aufblitzen, bevor er sie hinter einem breiten Lächeln verbarg. Madison hielt unterdessen Rupert hoch, als wollte sie ihr Stofftier dem Fremden zur Begutachtung überlassen.
„Howdy, kleine Lady.“ Er ließ seinen gesamten Charme spielen. „Täusche ich mich oder hast du da ein Känguru?“
2. KAPITEL
Wenn es nach Hutch gegangen wäre, hätte eine Woche ausreichen müssen, um wieder Ruhe einkehren zu lassen. Aber als der nächste Samstagnachmittag näher rückte und er sich an seinen Computer setzte, um sich ein Bild davon zu machen, ob die nicht stattgefundene Hochzeit nun wie erwartet tatsächlich kein Thema mehr war, musste er sich eines Besseren belehren lassen.
Die Kritik an seiner Person und an seinem Verhalten hatte sich nur noch mehr ausgeweitet, und wie es schien, hatte er im Cyberspace Einzug in Hasslisten aus aller Welt gehalten. Empörte Frauen auf den Philippinen ereiferten sich, er solle geteert und gefedert werden, und ein paar von Brylees besonders rachsüchtigen Freundinnen hatten bei einem der sozialen Netzwerke eine Seite eingerichtet, die allein dem Zweck diente, Frauen weltweit vor Hutch Carmody zu warnen.
Mit einer Mischung aus Verärgerung und Belustigung wertete er diese Seite als das moderne Gegenstück zu den „Gesucht: tot oder lebendig“-Plakaten aus dem Wilden Westen.
Natürlich gehörte zum digitalen Zeitalter auch, dass es von Fotos nur so wimmelte. Da war die Braut Brylee in ihrem übertriebenen Kleid, wie sie den Blumenstrauß in der Kirche zertrampelte, ein anderes zeigte sie wohl nur ein paar Minuten später, wie sie das „Just married“-Schild vom Heck der Limousine abriss, mit der sie für den Empfang ins Community Center hätten fahren sollen. Die nächsten Bilder dokumentierten wie in einem Fotoroman, wie sie das Schild in Stücke riss, die dann in der Gosse landeten. Er sah Brylee, wie sie irgendwann danach die Haare nachlässig zu einem unordentlichen Pferdeschwanz gebunden hatte, ungeschminkt und mit geröteten Wangen. Sie trug Jeans und dazu ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Männer sind scheiße“. Umgeben war sie dabei von gut einem Dutzend Freundinnen, die an einem Tisch in der Boot Scoot Tavern saßen. Die beleuchtete Jukebox im Hintergrund spielte garantiert irgendeinen Song von einer Frau, die von ihrer großen Liebe verlassen worden war.
Hutch seufzte. Dann war er also noch immer nicht aus den Fängen der Amateur-Paparazzi. Heutzutage hatte jeder Trottel ein Smartphone, ob er es brauchte oder nicht, und jeder meinte, er müsse alles im Internet hochladen, was ihm vor die eingebaute Kamera kam.
Ein denkwürdiges Foto zeigte ihn mitten im Altarraum. Ihm war deutlich anzusehen, wie unbehaglich er sich in dem Smoking fühlte, den er im Nachbarstädtchen Three Trees bei
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