Der Berg des Lichts
nickte ebenso wie Dani. Hier, in diesem mit großem Fleiß angelegten Garten waren die Loggharder unbeobachtet, und sie konnten sich mehr Zeit lassen, die mehr als verwirrenden Bilder tief in sich aufzunehmen.
»Es ist wirklich alles möglich!« knurrte Luxon. »Wahrhaftig. Vor Wut und Enttäuschung könnte ich über diese Mauer springen.«
Kukuar lachte seit Tagen zum erstenmal, aber es war ein kurzes, wenn auch lautes Gelächter.
»Tu’s nicht, Luxon. Wie du immer zu sagen pflegst… so dicht vor dem Ziel!«
Auch Luxon mußte grinsen.
»Recht so!« fauchte er. »Aber was ist dieser schwebende Alptraum, Kukuar?«
»Ich weiß es auch nicht. Ich kann es mir nicht einmal vorstellen. Aber seid gewiß, Freunde – wir finden es heraus.«
In den Anblick der Quader, Treppen, Bäume und vor allem der Flamme und der Gebäude aus Logghard versunken, griffen sie nach den Trauben und aßen sie schweigend.
Ihre Blicke hingen unverändert an diesem schwebenden, undeutlichen Ding, das die Quelle der Aufregungen ringsum war. Überall rotteten sich Gruppen von Bewohnern zusammen und lösten sich wieder auf. Sie starrten das undeutliche Gebilde ebenso gebannt an wie die Eindringlinge. Magier kamen und gingen, und sie alle waren nichts anderes als kleine, undeutliche Figuren unten auf den kleinen, steinernen Plätzen.
Luxon bemerkte kurz:
»Die anderen haben es auch gesehen. Sie sind ebenso überrascht wie wir alle.«
»Und abermals werden wir diese Überraschung für uns ausnutzen«, knurrte Kukuar. »Weiter, Freunde! Wir müssen entlang des oberen Randes gehen.«
»Du hast recht.«
Sie verließen den Garten und bemühten sich, so zu sein wie alle anderen hier: zielbewußt und dennoch von der Entwicklung überrascht. Abermals war das Glück mit ihnen – niemand stellte sich ihnen in den Weg, obwohl sich unzählige Augenpaare auf sie richteten. Ihr Weg begann, schwieriger und verwirrender zu werden.
Vor ihnen türmten sich Mauern auf.
Gruppen von Calcopern warfen mißtrauische Blicke auf sie und wandten sich endlich ab. Sie wagten es nicht, diese unbekannte Gruppe anzusprechen. Noch nicht!
Da der Berg des Lichts, von der Spitze ausgehend bis hinunter zu den Kanälen und dem Umland im Osten und Norden, in sieben Zonen eingeteilt und abgegrenzt war, wanderten die Fremden aus dem Einflußgebiet des Quaron in ein anderes und auf ihrem Weg daraus wieder in ein drittes. Bisher schien ihr Vordringen noch nicht die hierarchische Ordnung berührt oder gar gestört zu haben.
»Seht ihr? Schon erkennen wir die kleinen Gebäude vor dem Tempel des HÖCHSTEN«, sagte die Duine. Noch immer war ihr drittes Auge zugedeckt und stellte keine Verbindung mit dem HÖCHSTEN dar, obwohl jeder von ihnen glaubte, ja wußte, daß dieses vorläufig unbegreifbare Prinzip weitaus gerechter war als alles, das daraus hervorgegangen sein mochte.
Es würde vielleicht eine Stunde geben, in der die Fremden dem HÖCHSTEN gegenüberstehen würden. Dann war es die Stunde, zu erklären, zu sprechen, zu verhandeln.
Jetzt zählten List, Schnelligkeit und die Fähigkeit, Gefahren zu überleben. Es war, wieder einmal, ein Vordringen durchs Unbekannte. Und Luxon war nicht allein. Wenn er einen Fehler machte, gefährdete er mehr als ein halbes Dutzend anderer Personen, die nicht über das Maß an Listigkeit verfügten wie er.
Seine Selbstsicherheit war nicht gering, das wußte er, und er setzte voraus, daß er auch diesen Abschnitt seines Lebensweges irgendwie überstand, als Sieger möglicherweise oder als Überlebender zumindest. Aber lebend, und solange er lebte, konnte er noch handeln.
Er machte eine jähe Bewegung mit der rechten Hand und dem Arm. Seine Begleiter mißdeuteten diese Geste. Für ihn war sie wichtig – er verscheuchte seine Gedanken, die zu anderer Zeit ihre Berechtigung gehabt hätten.
Nicht hier… er packte Dani am Handgelenk und sagte eindringlich:
»Denke nach! Erinnere dich gut! Führe uns auf einem Weg, auf dem uns niemand aufhält, weiter auf das Ziel zu. Du weißt, wie es um uns bestellt ist.«
Fünfundzwanzig Sommer zählte die Duine, und seit kurzer Zeit war sie eine einzelne Person. Er verlangte viel, vielleicht viel zuviel von ihr. Er wagte es dennoch. Sie nickte und begriff, daß schwere Verantwortung auf ihren Schultern lastete. Mit einem Blick voller Begeisterung blickte sie in seine hellen Augen und flüsterte heiser:
»Ich bringe uns dorthin. Luxon! Ich schwöre es. Schon allein deshalb, weil ich zum erstenmal
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