Der Berg des Lichts
weiß, wie es ist, wenn man allein ist, selbständig und verantwortlich nur für sich selbst.«
Kukuar und Yzinda, die jedes Wort verstanden hatten, wechselten einen langen und tiefen Blick. Dann nickte der Rebell und meinte:
»Gehen wir weiter. Noch viel des Weges liegt vor uns.«
Kurze Treppen folgten, unzählige Stufen, Wege unter vorspringenden Arkaden, Rampen und finstere, stinkende. Tunnels, in denen Tierkadaver in den Winkeln lagen und von Ratten gefressen wurden. Sie umrundeten Türme, um deren Spitzen schwarze Vögel schwirrten. Sie bewegten sich zielbewußt durch die Menschenmenge, die sich auf einem seltsamen Markt befanden, auf dem niemand mit Münzen zahlte, und auf dem eine seltsame Stimmung herrschte, die von Furcht und Unruhe sprach. Die Fremden gingen geradeaus durch die Zaketer, die vor ihnen halb zurückwichen, blickten niemanden an und blieben unbehelligt.
Aber Warden wandte sich an Luxon und brummte:
»Das geht nicht mehr lange gut, Shallad.«
»Ich weiß. Wir beginnen aufzufallen.«
Feindselige und mißtrauische Blicke, hauptsächlich von einigen Kriegern, hatten sich wie vergiftete Pfeile in ihre Haut gebohrt.
»Ich meine, wir sollten uns besser verbergen.«
»Wo? Wie?«
»Jedenfalls können wir nicht mehr lange darauf hoffen, daß wir ungehindert weiter vordringen können.«
»Du hast recht. Macht euch bereit, zuzuschlagen.«
Rechts von ihnen befand sich die geraubte Neue Flamme. Links von ihnen ragten die vielfältigen und vielgestaltigen Mauern hoch. Jeder neue Schritt brachte sie in ein Gebiet hinein, in denen es von Menschen wimmelte. Bisher hatte ihre Verkleidung ausgereicht – es wurde zunehmend schwieriger. An einem Punkt, an dem von vier Seiten Rampen, Straßen und Treppen aufeinander trafen, hielt Kukuar an und wandte sich an den Diensthabenden einer Gardetruppe.
»Mann!« sagte er in scharfem Ton.
»Uns rief der Meister Cuyan. Wir sollen so schnell wie möglich zu ihm und seinen Garden treffen. Zeige uns den besten Weg!«
Nur wenige Augenblicke lang war der Anführer verwirrt. Dann nickte er Kukuar zu und entgegnete diensteifrig:
»Geht zum Brunnen der Schmetterlinge. Und von dort bringt euch die Treppe der Verzweifelten direkt zum Platz der Qualen. Dort werdet ihr jemanden treffen, den ihr fragt.«
Zwei Dutzend Bewaffnete umstanden ihren breitschultrigen Anführer. Sie musterten die beiden Duinen und die Krieger in ihrer strahlenden Rüstung mit Blicken von offenem Mißtrauen. Aber als Luxon sie mit einem knappen Lächeln grüßte, entspannten sie sich. Der Anführer trat vor. Die Hände, die an die Schwertgriffe gezuckt waren, wurden wieder zurückgezogen.
»Wir danken euch, im Namen des mächtigen Hexers.«
»Schon gut. Zieht eures Weges.«
»Habt ihr Befehle, dieses undeutliche Monstrum zu bekämpfen?« fragte Kukuar halblaut und deutete über die Schulter.
»Nein. Aber wir warten auf den Auftrag.«
Sie nickten einander zu und gingen weiter. Immer wieder warfen sie lange Blicke auf die Gebäude aus Logghard und die Neue Flamme. Wenn das HÖCHSTE alle Besitzer des dritten Auges beeinflußte, dann schien es nur bedingt von Wirkung zu sein, denn es herrschten am Berg des Lichts weder Ordnung noch Ruhe. Quaron und der Hexer Aiquos waren seit dem Beben nicht ein einziges Mal mehr aufgetaucht – warteten sie darauf, die Fremden in dieser seltsamen Siedlung zu fangen und zu opfern?
Der Brunnen der Schmetterlinge schien in der Richtung zu liegen, in der auch der Tempel der drei Herren des Lichts zu finden war. Entschlossen gingen die Fremden weiter und duckten sich, als sie ein weit geschwungenes Gewölbe betraten, das aus dunklem Stein gemauert war und mitten durch einen riesigen Speicher oder ein Magazin hindurchführte. Durch die Quaderwände drang der unregelmäßige Lärm schwerer, metallischer Schläge. Nach mehr als hundert Schritten übertönte ein leises Plätschern, das stärker wurde und laut rauschte, als sie näher kamen, das lärmende Murmeln in der Siedlung.
Aus dem Haus sprudelte eine Quelle, wurde durch mächtige Steinblöcke gefaßt und bildete eine Reihe von Stufen. Dort rauschte das Wasser besonders laut. Dann fing es sich in einem großen, flachen Becken, dessen Seiten nicht weniger als dreißig Ellen maßen.
Drei Säulen erhoben sich aus dem klaren Wasser, das kleine Wellen schlug und durch unsichtbare Löcher und Röhren mit anderen Brunnen in tieferen Teilen der verschachtelten Straßen, Plätze und Rampen verbunden war.
Auf den Säulen
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