Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Gregory & Eklund Benford
Vom Netzwerk:
Ko­je her­un­ter. Be­hen­de und mit all­zu bei­läu­fi­ger An­mut lan­de­te er auf sei­nen Fü­ßen. Der Bo­den hat­te sich glück­li­cher­wei­se be­ru­higt, und so schritt er auf­recht und si­cher zu sei­nem Dreh­ses­sel. „Was gibt’s?“
    „Da“, sag­te Na­ji­ma schlicht. Sein Zei­ge­fin­ger war un­nö­tig; über dem Ho­ri­zont er­hob sich ei­ne röt­li­che Bla­se. Aus ih­rer von War­zen be­deck­ten Ober­sei­te wall­ten wei­ße Wol­ken hoch. Wäh­rend sie noch zu­sa­hen, brach ein neu­er Schwall aus der fle­cki­gen Haut her­vor. Mit dem aus­strö­men­den Gas wur­den dunkle Schwär­me wie Schrap­nel­le aus­ge­spien, schos­sen in stump­fen, pa­ra­bel­för­mi­gen Bah­nen hoch in den Him­mel und reg­ne­ten dann durch die dün­ner wer­den­den Wol­ken wie­der her­ab. Schwar­ze Ker­ne im feuch­ten Fleisch ei­nes Ap­fels, dach­te Br­ad­ley. „Ein Eis­vul­kan“, sag­te er.
    „Ge­nau“, sag­te Na­ji­ma. „Wir wuß­ten na­tür­lich, daß es in die­ser Ge­gend ver­schlos­se­ne Druck­bla­sen gab. Aber die­se Din­ge sind nicht vor­her­seh­bar. Sie ver­ste­hen doch?“
    „Ich ver­ste­he.“
    „Wir müs­sen so­fort um­keh­ren …“
    „Nein.“
    „Es geht mir um Ih­re …“
    „Ich sag­te nein.“
    Na­ji­ma schwenk­te sei­nen Ses­sel her­um und nahm ein ge­dul­di­ges, ent­spann­tes Aus­se­hen an. Er ver­schränk­te die Fin­ger in­ein­an­der und be­trach­te­te Br­ad­ley, und sei­ne Au­gen glit­zer­ten wie klei­ne, schwar­ze Per­len. Br­ad­ley über­leg­te, wie er jetzt wohl am bes­ten ver­fah­ren soll­te.
    „Sie ma­chen sich doch si­cher kei­ne Sor­gen we­gen der La­va, oder?“ frag­te er. Oft war es bes­ser, sei­nem Geg­ner ei­ne ein­fa­che Fra­ge zu stel­len. So ge­wann man Zeit zum Nach­den­ken.
    Na­ji­ma schnapp­te nach dem Kö­der und er­ging sich in ei­ner weit­schwei­fi­gen Er­klä­rung über die Erup­ti­ons­me­cha­nis­men. Ti­tan war ein mas­si­ver Schnee­ball mit ge­fro­re­ner Krus­te und ei­nem Fels­kern im Zen­trum. Der Be­reich zwi­schen die­sen fes­ten Be­gren­zun­gen war an­ge­füllt von ei­nem Brei aus Staub, Eis und Flüs­sig­keit. Der Druck und der stot­tern­de Ver­fall des ra­dio­ak­ti­ven Ge­steins führ­te zu ei­ner all­mäh­li­chen Er­wär­mung von be­stimm­ten Re­gio­nen des Schnee­balls. Hei­ße Flüs­sig­keit drang nach oben, der Druck ver­stärk­te sich und ent­lud sich schließ­lich in ei­nem Schwall von La­va aus flüs­si­gem Me­than, Am­mo­ni­ak und Was­ser.
    „Das ist kaum ge­fähr­lich“, mein­te Br­ad­ley. „Für Ti­tan-Ver­hält­nis­se recht heiß, zu­ge­ge­ben, aber im­mer noch min­des­tens fünf­zig Grad käl­ter als wir.“
    Na­ji­ma schüt­tel­te sei­nen vier­e­cki­gen, kurz­ge­scho­re­nen Kopf. „Die Fels­bro­cken, die da her­aus­ge­schleu­dert wer­den …“
    „Wir schei­nen uns ja nicht in ih­rer un­mit­tel­ba­ren Nach­bar­schaft zu be­fin­den“, sag­te Br­ad­ley, und es klang wie ‚Sei ein bra­ver Jun­ge’. „Man sieht, wie sie die Hän­ge her­un­ter­rol­len.“
    Na­ji­mas glat­tes, dunkles Ge­sicht nahm einen ver­schlei­er­ten, wis­sen­den Aus­druck an. „Dann se­hen Sie auch die Ris­se.“
    Br­ad­ley späh­te durch das di­cke Ple­xi­glas auf die Öff­nung des Vul­kans. Jen­seits der na­he­ge­le­ge­nen An­hö­hen wan­den sich Ala­bas­ter­wol­ken hin­auf in das un­ver­än­der­te Ro­sa des Him­mels. Vom selt­sam auf­ge­bläh­ten Gip­fel aus scho­ben sich fei­ne, ge­wun­de­ne Li­ni­en die Hän­ge her­ab. Wäh­rend er noch zu­sah, ver­brei­ter­ten sich ei­ni­ge von ih­nen. Aus ei­nem der Ris­se quol­len Gas­wol­ken hoch. Es sah aus, als ver­su­che der Vul­kan müh­sam, sich von sei­ner ver­krus­te­ten Haut zu be­frei­en; er war auf­ge­dun­sen und ge­schwol­len. „Spal­ten im Eis“, sag­te Br­ad­ley.
    „Wenn wir in ei­ne da­von hin­ein­fal­len …“ be­gann Tsuba­ta.
    „Wir kön­nen sie um­ge­hen“, ent­geg­ne­te Na­ji­ma knapp und fest. Sein Ge­sicht war zu ei­ner Mas­ke ge­wor­den.
    „Nicht, wenn sie sich un­ter uns auf­tun“, sag­te Br­ad­ley. Er lä­chel­te bei sich. Ganz si­cher hat­te Na­ji­ma die Ab­sicht ge­habt, die Spal­ten als

Weitere Kostenlose Bücher