Der Bernstein-Mensch
Raum unter der Doppelkuppel der Station menschlich erscheinen und brachte die vier näher zueinander. Die Station glich annähernd einer Kugel, um so einen größtmöglichen Innenraum zu schaffen und gleichzeitig den peitschenden Titanwinden eine geringe Oberfläche entgegenzusetzen. Das obere (und wärmere) der beiden Stockwerke war den Quartieren vorbehalten. Auch hier hatte das Bedürfnis nach Privatsphäre Vorrang; für jede Person stand eine eigene, enge Zelle zur Verfügung.
Nach dem Essen schlief die Unterhaltung ein. Tsubata suchte sich einen Lesefilm aus, Mara nahm ein ausgiebiges Dampfbad und Najima streifte durch die Station und überprüfte müßig die Geräte. Die Keramikwände waren behängt mit Schraubenschlüsseln, Eishaken und Meßlehren, klebstreifenumwickelten Hämmern, stumpfen Zangen und komplizierten Gerätschaften mit Rädchen und Buchsen, deren Funktion Najima offenbar bekannt war, während Bradley nur raten konnte. Die Arbeitsbereiche waren unaufgeräumt, wie immer, wenn niemand direkt verantwortlich ist. Rollen von Messingdraht, ausgefräste, fasrige Metallstücke, Splitter und Späne von glänzendem Kupfer, wirre Drahtknäuel, Mikroschaltkreisplatten – alles lag wild durcheinander in den Werkstätten verstreut. Najima ordnete, sortierte, registrierte, lagerte, und allmählich wich die chaotische Flut zurück.
Dann begab sich Najima mit klappernden Stiefeln über die Treppe nach unten in die Versorgungs- und Kommunikationsebene. Bradley nagte an seiner Unterlippe. Er konnte nur warten.
Er erhob sich aus seinem Sessel und schaute auf die große, schimmernde Sichtscheibe. Das gleichmäßige Zwielicht von Titan regte sich mit dem Wind. Staubfahnen verhüllten den Horizont.
Er wandte sich ab, ging in seine winzige Kammer und schloß die Tür. Der Schreiter parkte im Erdgeschoß, wo Najima jetzt herumstöberte. Bradley überdachte noch einmal die Anlage der Station, aber es bot sich ihm nichts zu tun. Er dachte daran, schlafenzugehen oder Mara zu suchen, um mit ihr zu plaudern, oder noch etwas von den Lebensmittelreserven der Station zu essen, um Energie zu tanken. Doch dann legte er sich hin und studierte stattdessen eine Karte von der Umgebung der Station.
Als Najima klopfte, stopfte Bradley die Karte unter das Kissen, bevor er antwortete. Aus Gründen der psychologischen Gleichheit wollte er auf seinen Füßen stehen.
Mit umwölkter Stirn trat Najima ein. „Wir sollten unter vier Augen miteinander reden“, sagte er gepreßt.
„Sie haben Kuiper gerufen.“ Es war keine Frage.
„Dort ist eine Direktive von der Erde eingegangen“, sagte Najima formell. Bradley spürte, daß der Mann nervös war, und sein steifes Gehabe sollte dazu dienen, Bradley auf sichere Distanz zu halten.
Bradley sagte gar nichts.
„Sie haben mich belogen.“
„Nein.“
„Sie haben gesagt, Sie befänden sich auf einem Inspektionsbesuch. Auf einer offiziellen …“
„Ich habe impliziert, es sei offiziell.“
„Sie haben die Implikation im Raum stehen lassen, ohne sie zu korrigieren.“
„Das stimmt.“
Najima stemmte die Hände in die Hüften und funkelte Bradley an. „Die Erde wußte nicht, daß Sie kamen, bis Sie schon kurz vor Titan waren. Als man Ihnen befahl, zum Orb und dann zur Erde zurückzukehren, sandten Sie einen Funkspruch und sagten dies zu.“
„Ich werde es auch tun“, antwortete Bradley sanft.
„Die Erde hat eine Landung auf Titan nicht genehmigt. Sie sollten im Orbit bleiben.“
„Das ist wahr.“
„Dann gehe ich seit drei Tagen völlig unnötige Risiken ein. Wenn Sie hier
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