Der Bernstein-Mensch
überprüfte methodisch die internen Systeme und ruhte sich für einen Moment aus. Im Helmradio hörte er das leblose Piepen des Peilsignals der Station. Anderen Funkverkehr gab es nicht. Es war sinnlos, noch zu warten, sagte er sich; er löste den Anzug von dem Ständer, und das Gewicht sank wie eine Decke auf seine Schultern. Er machte einen Schritt und dann noch einen. Ein Fußgelenk protestierte. Dennoch, es würde gehen. Seine schwer beladene Gestalt wankte voran.
Es war sicherer, viel sicherer, wenn er durch die kleinere Schleuse des Schreiters hinausging. Er trat zu der Instrumentensäule, die aus dem Boden des Schreiters emporragte, und gab ein paar Instruktionen ein. Eine langsame Zyklusrate; das würde das Pumpengeräusch niedrighalten. In seinem Anzug hörte er nichts, aber der Schreiter absorbierte wahrscheinlich den größten Teil der Geräusche von der Schleuse, ehe sie in die Station dringen konnten. Zumindest hoffte er das. Es war entscheidend, daß er sich unbeobachtet von der Station entfernen konnte, damit sie nicht wußten, in welche Richtung sie ihn verfolgen sollten.
An der Schleuse leuchtete das grüne Licht auf. Bradley öffnete die Klappe. Sie ließ sich leicht zurücklegen, und unbeholfen kletterte er in die Schleusenkammer. Er löste den Pumpenzyklus aus und wartete, daß die nährende menschliche Luft absickerte. Durch seine Stiefel spürte er, wie mit einem Schwall etwas anderes in die Schleuse hereindrang: der dünne, leicht dunstige Eishauch von Titan. Dann öffnete sich die untere Luke, und er trat hinaus in das Antlitz des Außerirdischen.
Mit einem freudigen Hochgefühl empfand er die Befreiung von der schalen Enge der Station. Und mehr noch: Er hatte recht gehabt. Diese Welt war ein neuer Ort, frisch und seltsam glitzernd, wenn man sie so sah. Die dicken Bullaugen des Schreiters hatten diese gefrorene Galerie einer Welt verzerrt und gebrochen, wie ein Aquarium, das Fische zu aufgedunsenen, kunstlosen Kreaturen aufquellen läßt. Jetzt war er frei davon.
Er trat aus dem schützenden, kreisrunden Schatten des Schreiters heraus. Der fleckige Himmel hing schwer über ihm. Der spröde Boden knirschte unter seinen Füßen. Etwas bewegte sich zu seinen Füßen, und überrascht sah er ein paar Meter vor sich einen kleinen Wirbelwind, in dem sich Staubteilchen und Flocken in einer eisigen Spirale drehten. Ein kreisförmiges Wesen, sichtbar gemacht erst durch die Last, die es trug. Es sprang in die Höhe, saugte den Boden auf und wich vor Bradley zurück. Er ging weiter und mitten hindurch; halb erwartete er die Berührung des Windes zu spüren. Als er zurückschaute, war der tanzende Kreisel verschwunden.
Er sah hinüber zu den matt erleuchteten Luken der Station und des Schreiters. Nichts rührte sich. Kein Gesicht spähte heraus, erschreckt, weiß und mit aufgerissenen Augen. Nur die Abgasauslässe, die in die Wände der Station eingelassen waren, wandten sich mit einem erstarrten Ausdruck von überraschter Bestürzung nach oben.
Ein Windstoß jagte über die freie Fläche rings um die Station, auf der Flucht vor einem dunklen Streifen am Horizont. Womöglich braute sich ein Sturm zusammen. Wenn er nur kräftig genug würde, dann könnte Najima keine Hubschrauber herbeirufen, um nach ihm zu suchen. Ein gutes Zeichen, aber zunächst mußte Bradley aus der Umgebung der Stadtion verschwinden.
Er machte sich auf den Weg, und absichtlich setzte er seine Schritte im Takt seiner flachen Atmung, um zu einem Rhythmus zu gelangen. Er marschierte bergauf. Er hatte sich die Karte dieser Gegend ins Gedächtnis eingeprägt und schätzte, daß der Schreiter den Gebirgskamm, der sich vier Kilometer entfernt
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