Der Bernstein-Mensch
Augenblicke gingen dann schließlich vorüber, sie versanken, verwischten sich. Aber er wußte, daß er nicht für alle Zeiten würde hierbleiben können. Seine Arbeit mußte zu einem Ergebnis kommen, oder – das wußte er – er würde den Geschmack daran verlieren.
Klick. Die Beschleunigungstriebwerke waren an Ort und Stelle. Stumpfwinklige Stahlgestänge fügten sich präzise ineinander.
Klick. Datenindexe liefen über den Bildschirm wie Regen, der von gelben Autoscheinwerfern sanft beleuchtet wurde.
Klick. „… Korrekturen bei Eingang als Justierungen verifizieren und nicht sofort ins Log übertragen. Das ergibt in Realzeit …“
Klick. Das Nachrichtenrelais von der Erde. Wieder ein Ozean, wieder ein Gewirr von Details.
Bradley schwenkte seinen Kaffee im Kreis, während er die Nachrichten überflog. Die Flüssigkeit kreiste und schlingerte wie eine schwarze Münze am Boden der weißen Tasse.
Klick. In einem biologischen Labor nahm eine junge Frau an der Seite des verkleideten Biosensorpacks noch einige Einstellungen vor. Gestalten in Raumanzügen standen neben ihr, um es dann hinauszutragen.
Klick. Die vorüberrotierende Sonne brannte ein sauberes, hartes Loch in den sie umgebenden Raum.
Klick. Jupiter.
Klick. Klick. Klick.
Als er einmal frei war, glitt der Vogel langsam aufwärts. Den rotierenden Pfannkuchen oben hatte man beiseitegezogen, und die Flugüberwachungssensoren in der Bay konnten jetzt durch die Höhlung des Orb hindurch ins All hinaussehen. Ein Kreis von Sternen drehte sich munter in der Nacht.
„Fragst du dich nicht, ob er den Rückweg überhaupt schafft?“ sagte Bradley zu Mara. Er hatte darauf gewartet, daß sie etwas sagte, daß sie eine Reaktion auf Coreys Abreise erkennen ließ, aber sie kritzelte lediglich auf einem Block herum.
„Ich denke schon“, sagte sie zerstreut. Ringsumher hörte man das ruhige Treiben der Flugüberwachung, eingehüllt von gedämpftem, rötlichem Licht. In den schalltoten Nischen der Konsolen drängte sich die Besatzung und verfolgte das langsame Auslaufen der Aurora.
„Was machst du da?“ fragte Bradley schließlich.
„Anti-Kryptographie. Ich bin mit dem Puzzle beschäftigt.“ Sie warf ihm einen verschmitzten Blick zu. „Wieso? Meinst du, es gehört sich nicht für mich, Coreys Start zu ignorieren?“
„Nein, aber …“
„Ich will dir ein Problem stellen. Etwas, um dich abzulenken. Er wird nämlich eine lange, energiesparende Ellipsenbahn steuern, weißt du.“ Sie schrieb eine Reihe von Zahlen auf das Blatt:
8 5 4 9 1 7 6 10 3 2
„Aufgabe für den Studenten: Nach welchem System sind diese Zahlen geordnet?“
Bradley spitzte die Lippen. „Ich bin nicht gut in solchen Sachen.“
„Versuch’s wenigstens. Du bist doch zur Schule gegangen, als die Leute noch Jahre damit zubrachten, Arithmetik zu lernen, oder? Bevor die moderne Erziehung überhaupt existierte.“
„Das könnte man sagen.“
„Das würde ich sagen. Du bist wirklich unglaublich alt. Was ist das für ein Gefühl?“ Sie sagte das mit einfacher, offener Neugier.
„Was ist es für ein Gefühl, scheinbar immer schon alt gewesen zu sein?“
„Nicht dasselbe. Du warst auch einmal jung.“
„Wirklich?“
„Klar, ich habe über deine Zeit gelesen. Du bist aufgewachsen, als es noch diese Love-ins und so etwas gab, nicht wahr?“
„Ganz so alt bin ich nicht. Ich kam gerade rechtzeitig für die Hungersnöte.“
Mara lächelte. „Du willst mich hinhalten. Versuch dich an meinem Problem.“
„Ich gebe auf. Ich habe meine intellektuelle Ader schon vor langer Zeit verloren.“
„Bis jetzt hat es noch niemand auf Anhieb herausbekommen. Nicht einmal Vance. Der Haken bei der Sache ist, daß dies zwar
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