Der Bernstein-Mensch
Laboratorium zu leiten.
„Sie wollen also nichts unternehmen?“
Bradley lächelte; er wünschte, das würde für Rawlins genügen. Er bedauerte, daß es ihm manchmal nicht gelang, ein langes Schweigen herrschen zu lassen, und so sagte er schließlich: „Das ist unnötig. Keine Sorge.“
„Ich nehme an, Sie wissen von dieser verborgenen Sprechverbindung, die Mara eingerichtet hat?“
Bradley schüttelte den Kopf. „Das ist Ihre Abteilung.“
„Das ist es allerdings. Einer meiner Leute hat es gleich bemerkt. Mara hat einen der Telemetriekanäle benutzt. Die Verbindung ging durch den Kabelschacht zu einem Empfangsgerät in ihrem Zimmer. Und es gibt noch einen Abzweig, der zu ihrem Helmradio führt.“
„Damit könnte sie mit Corey reden, ohne über die Flugüberwachung zu gehen?“
„Ja. Na, wir haben es jedenfalls gleich abgeschnitten, das kann ich Ihnen sagen.“
„Gut.“
„Wir wollen ja schließlich nicht, daß diese Manips miteinander reden, wenn wir sie nicht hören können“, fügte Rawlins in verschwörerischem Ton hinzu.
Bradley durchschaute Rawlins’ Absicht. Wenn er die Bemerkung so stehen ließe, würde er damit Rawlins’ Einteilung der Welt unausgesprochen akzeptieren. Mara und Corey auf der einen Seite einer unsichtbaren Linie und Bradley, Rawlins und alle übrigen auf der anderen. Die Gruppe und die Außenseiter – die alten Illusionen.
Trotzdem waren Rawlins und seine Gesinnungsgenossen nützlich gewesen. Ihre bloße Anwesenheit trieb Mara vorwärts wie nichts sonst. Und Corey vielleicht auch.
„Die Eliminierung einer unbefugten Leitung ist immer gerechtfertigt“, sagte Bradley müde. „Soweit es mich betrifft, gibt es dazu sonst nichts zu sagen.“ So. Das dürfte wohl reichen. Die Aktion war gerechtfertigt, aber nicht offiziell unterstützt. Rawlins würde jetzt in der Schwebe hängen und nicht wissen, ob Bradley ihm bei einer härteren Maßnahme gegen Mara und Corey zu einem Zeitpunkt in der Zukunft Rückendeckung geben würde oder nicht. Andererseits würde Rawlins’ Hartnäckigkeit irgendwie zu Mara durchsickern und ihren Verstand um so schärfer werden lassen. Das dynamische Gleichgewicht zwischen den beiden bestand weiter, und jeder trieb den anderen vorwärts.
Bradley verabschiedete sich murmelnd von Rawlins und schaltete ab. Er brauchte Zeit zum Nachdenken, um all die wechselnden Variablen in ein zusammenhängendes Ganzes zu integrieren.
Rawlins, immer noch beherrscht von seinen Phantasien über Manips, immer noch an die Vorstellungen der Erde gebunden. Vance, clever, aber reizbar. Mara und Corey und die Nachrichten von der Erde. Tsubata. Margo, die Hirtin seiner gedämpften, aber immer noch vorhandenen Leidenschaft.
Jeder war wichtig, jeder stand irgendwo zwischen den Klammern der Gleichung. Die Ereignisse selbst waren Koeffizienten, durch Exponenten vergrößert. Und das meiste von dem, was im Orb geschah, war mit keiner Analyse zu fassen; es entzog sich jeder sauberen, präzisen Dynamik. So konnte er sich nur auf sein Gefühl verlassen, auf seinen Instinkt, und manchmal auf seine Ahnungen.
Und wer konnte an einem solchen Ort seiner eigenen Urteilskraft vertrauen? Ausgebleichte Korridore, trocken und fern von menschlicher Landschaft … Es gab Zeiten, da sehnte sich Bradley so sehr nach dem Gefühl von kühler Seeluft, die über sein Gesicht strich, wie er sich noch nie zuvor nach irgendetwas gesehnt hatte. Dann erfüllte ihn ein schillerndes Drängen, und einige lodernde Augenblicke lang haßte er das Orb. Diesen Ort, den Menschen allein geschaffen hatten, diesen hohlen Punkt jenseits aller Natur. Diese
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