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Der Bernsteinring: Roman

Der Bernsteinring: Roman

Titel: Der Bernsteinring: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Hals zu entblößen, Marcel?« Auch der Büchsenmeister war aufgestanden und nahm eindeutig eine drohende Haltung an.
    In die gespannte Stille warf Anna ein: »Es gibt Zaubersche, die behaupten, Jungfrauenblut heile diese Krankheit!«
    Marcel sah flüchtig zu ihr hin, hielt aber dann den Blick wieder auf Hrabanus gerichtet.
    »Zaubersche, wie Euer Weib!«, zischte er ihn an. »So glaubt Ihr, Rosa sei eine Hexe?«
    Marcel bemerkte, dass er sich verraten hatte. Er sah sich plötzlich um.
    »Ihr tragt ein seltsames Amulett am linken Arm,Marcel!«, stellte Julius fest. »Das hat Euch nicht unser Heilkundiger gegeben. Wozu dient es?«
    »Gegen den bösen Blick, was sonst!«
    »Habt Ihr am vorletzten Montag eine Jungfrau gesucht, Marcel? Statt Euch am Bayenturm mit Rosa zu treffen? Sie hat mir gesagt, sie habe vergebens auf Euch gewartet.«
    Marcel hatte sich vorsichtig von der Bank und dem Tisch entfernt und drehte sich jetzt mit einem Mal um. Mit einem kräftigen Sprung bewegte er sich auf die hintere Tür zu, um seinen Befragern zu entfliehen. Er hatte nicht mit Falkomar gerechnet. Der hatte ihn am Arm gepackt und das Gelenk schmerzhaft verdreht.
    »Valeska hieß die Magd, und sie war ein unschuldiges Kind. Sie wurde geschändet und erstickt, Marcel. Und dann wurde ihr das Blut aus dem Herzen genommen.«
    »Damit habe ich nichts zu tun!«, rief der Büchsenmeister. Aber Falkomar, der Scharfrichter, verstand sein Handwerk. Das Schultergelenk knackte, und Marcel brüllte auf.
    »Habt Ihr das Mädchen vergewaltigt? Freiwillig ist sie sicher nicht zu Euch gekommen.« Annas Stimme klang sanft. »Sie war ein gutes Kind.«
    »Wieso treibt sie sich dann abends alleine auf der Gasse herum?«
    »Weil sie uns besucht hat, Büchsenmeister!« Auch Julius sprach sanft.
    »Ihr habt es getan, Marcel, nicht wahr? Und als sie sich gewehrt und geschrien hat, habt Ihr sie erstickt. Ihr seid ein großer und starker Mann, und sie war nur ein zierliches, mageres Mädchen. Schande über Euch!« Hrabanus Stimme schnitt wie Stahl.
    »Ich habe nicht...«
    Falkomar drehte den Arm weiter aus, und Marcel biss sich die Unterlippe blutig.
    »Habt Ihr?«
    »Hölle und Teufel, ja!« Er knirschte mit den Zähnen, und Falkomar lockerte seinen Griff.
    »Und warum habt Ihr ihre Leiche in mein Haus gebracht, Marcel le Breton? Als kleines Dankeschön dafür, dass ich Euch beim Rat empfohlen habe?«
    Diesmal war es der Mut der Verzweiflung, der Marcel die Kraft gab, sich dem Griff des Scharfrichters ganz zu entwinden. Er stürzte auf die hintere Tür zu, riss sie auf und wollte in den finsteren Hof entschwinden.
    Hrabanus setzte ihm nach, Julius sprang ebenfalls auf, und Anna riss eine der Fackeln aus der Halterung. Sie wollte hinter den beiden Männern herlaufen, aber Falkomar hielt sie zurück.
    »Bleibt, Anna. Das ist Männersache.«
    Unschlüssig blieb sie stehen, doch dann ertönte ein Schrei. Krachen, Poltern, Keuchen und Stöhnen zeugte davon, dass ein heftiges Handgemenge im Gange war. Sie eilte durch die Tür. Das Tor zum Schuppen war aufgerissen, darin rangen zwei Gestalten miteinander. Im Fackelschein erkannte Anna, wie Marcel Hrabanus zu Boden brachte und ihn mit einer eisernen Stange zu treffen versuchte. Julius lag benommen an der Hauswand. Anna schrie verzweifelt auf, rannte los und stolperte über die Schwelle des Eingangs.
    Die Fackel flog ihr aus der Hand, ein Funkenschweif begleitete sie. Sie fiel auf die Fässer, die dort aufgestapelt waren.
    Marcel ließ von seinem Opfer ab und verfolgte ihren Flug mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen.
    »Mon Dieu!«
    Er machte einen Satz aus dem Tor hin zur Mauer.
    Er war darüber hinweg, bevor nur einer der anderen sich rühren konnte. Hrabanus rollte sich zur Seite hinter einen Karren und versuchte, sich daran hochzuziehen.
    Und dann explodierte das Schwarzpulver in einem Feuerball.
    Splitter, Werkzeuge, Büchsenteile, verbogenes Metall und Steine flogen umher. Ein scharfes Eisenstück traf Anna in die Brust.
    Rauch und Pulverdampf hingen über dem Hof.
    Falkomar war, als die Explosion verklungen war, aus der Tür getreten und entdeckte Anna, die an die Hauswand neben ihn geschleudert worden war. Er kniete bei ihr nieder und drehte sie vorsichtig um. Mit Entsetzen betrachtete er das Metallstück, das unterhalb ihres Herzens aus ihrem Körper ragte.
    »Anna!«, sagte er. »Das hätte nicht geschehen dürfen.«
    Unvermittelt stand Hrabanus Valens neben ihm.
    »Falkomar!«, sagte er, und erkannte, was

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