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Der Bernsteinring: Roman

Der Bernsteinring: Roman

Titel: Der Bernsteinring: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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beruht nur auf unsicheren Vermutungen.«
    »Bis auf die Tatsache, dass er die Krankheit hat.« »Und zu dem Treffen mit Rosa an jenem Abend nicht erschienen ist.«
    »Wenn ich Anklage wegen Mordes gegen ihn erhebe, Meister Cullmann, dann wird er der peinlichen Befragung unterzogen.«
    »Dann befragt Ihr ihn. Mag sein, dass er eine gute Erklärung hat.«
    »Ich werde es morgen tun.«
    »Morgen wird Rosas Flucht entdeckt sein.«
    »Und das Publikum in Raserei geraten. Ich habe verstanden, Meister Sänger!«
    »Es ist noch nicht zu spät, Ratsherr. Es heißt, der Büchsenmeister würfele und zeche bis spät in die Nacht mit seinen Kumpanen.«
    »Dann werde ich ihn noch heute aufsuchen. Anna,
    dich werde ich zuvor ins Stift zurückbringen.«
    »Nein, Herr. Dorthin kann ich nicht mehr zurück.« »Wie bitte?«
    »Nicht nachdem all das vorgefallen ist.«
    »Selbstverständlich kannst du das. Ich werde morgen mit der Äbtissin sprechen, solltest du Schwierigkeiten haben.«
    »Nein, Herr. Ich begleite Euch.«
    »Nichts dergleichen wirst du tun.«
    Anna stand auf und stellte sich vor ihn hin.
    »Ja, Herr, ich weiß, Ihr habt jedes Recht, mir zubefehlen. Aber ich bitte Euch dennoch, lasst mich mitkommen. Ich habe Valeska lieb gehabt. Um ihretwillen, bitte, Herr Vater.«
    Erstaunen zeichnete sich in Hrabanus’ vernarbtem Gesicht ab.
    »Woher, Kind, weißt du das?«
    »Rosa hat es herausgefunden. Es stimmt, nicht wahr?«
    Hrabanus senkte den Kopf, dann aber nahm er Annas Hände und sagte: »Ich hätte es dir wohl früher sagen sollen.«
    »Ihr hattet einen Ruf zu wahren.«
    »Du hast mich gelehrt, was Ruf bedeutet.«
    »Habt Ihr... habt Ihr meine Mutter geliebt, Herr?« Er lächelte sie traurig an.
    »Liebt man mit siebzehn?«
    »Ja, Herr.«
    »Ja, ein Weib vielleicht. Und wahrscheinlich hielt ich es ebenfalls für Liebe. Eine Geschichte für Euch, Meister Sänger. Hört. Ich war damals ein ungebärdiger junger Mann. Die junge Witwe eines Tuchmachers, Cosima Dennes, weckte mein Begehren. Ob ich sie je hätte zu meinem Weib nehmen können, weiß ich nicht. Denn andererseits lockte mich auch die Ferne, und ich verließ sie, um für meinen Vater auf Reisen zu gehen. Im Morgenland, Anna, nicht hier in Köln, erkrankte ich an den Blattern und wurde dort sehr kundig gepflegt. Ich überlebte, doch ich blieb gezeichnet, wie du siehst. Als ich zwei Jahre später zurückkam, scheuten die Menschen meinem Anblick. Die schöne Witwe suchte ich nicht mehr auf.«
    »So hat Horsel gelogen.«
    »Ja, Horsel hat dich angelogen. Mich nicht. Die Schenkenwirtin war damals schon eine Kupplerin gewesen, sie nutzte Cosimas Schönheit aus, so wie sie auch versucht hat, aus dir Kapital zu schlagen. Sie wusste, was ich nichterfahren hatte. Denn als ich Cosima verließ, ging sie mit dir schwanger.«
    »Heilige Anna, geliebte Mutter Marias! Sie hat nie böse von Euch gesprochen. Sie sagte mir, mein Vater sei gestorben. Ich habe mir manchmal vorgestellt, er sei ein reicher, mutiger, schöner Mann, ein Ritter oder ein Adliger, der mich suchte und in sein Schloss führte. Es waren Kinderträume, wisst Ihr.«
    »Ja, Anna, reich bin ich, und mein Haus ist nicht ohne Bequemlichkeit. Aber ein schöner Mann bin ich nicht. Und ich nehme die Schuld auf mich, nie nach dir oder deiner Mutter geforscht zu haben. Erst als Horsel kam und mir drohte, meinem Weib von der Tochter zu erzählen, die ich unbedachterweise gezeugt hatte, wurde mein Gewissen geweckt. Verzeih mir, mein Kind.«
    »Es gibt nichts zu verzeihen. Es ist gut.«
    Sie senkte den Kopf und fuhr sich mit der Hand über die Stirn.
    »Es ist Trauer in deiner Stimme, Anna.«
    »Ja, Herr. Und Ihr wisst, warum.«
    Er breitete die Arme aus und zog sie in seine Umarmung.
    »Ja, meine geliebte Tochter. Ich weiß warum. Und glaube mir, ich fühle deinen Schmerz. Aber nun, da du weißt, wie die Dinge stehen, kann ich es wenigstens endlich wagen, dich an mein Herz zu ziehen.«

34. Kapitel
 
 Annas Ende
    Noch einmal gingen sie durch die nächtlichen Straßen. Doch der Weg zur Nächelsgasse war nicht lang, und sie erreichten das Haus des Büchsenmeisters in kurzer Zeit. Er schien nicht im Haus zu sein, alles war dunkel.
    »Suchen wir das Bierhaus in der Follertstaße auf, dort findet man ihn häufig!«, schlug Julius vor.
    »Ihr wisst viel über den Mann.«
    »Ich höre viel über viele, Ratsherr. Das bringt mein Beruf mit sich. Und dieser Mann hat meine Aufmerksamkeit erregt.«
    »Dann besuchen wir das

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