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Der Bernsteinring: Roman

Der Bernsteinring: Roman

Titel: Der Bernsteinring: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Ich kann ja noch nicht einmal mir helfen.«
    Die Woche war wirklich reichlich durchmischt von Höhen und Tiefen wie eine Fahrt in der Berg- und Talbahn. Das Vorstellungsgespräch in München lief überaus erfolgreich, ich nahm den Eindruck mit, dass man sich für mich entscheiden würde, aber als ich abends nach Hause kam, gab es wieder einen abrupten Richtungswechsel. Uschi rief mich an. Sie hatte in den letzten Wochen wenig von sich hören lassen, und auch ich war nicht in der Stimmung gewesen, mich zu melden. Der Auftritt im Krankenhaus hatte mich zu stark verärgert. Diesmal begann sie ihr Gespräch wieder mit dem üblichen Lamento, wie einsam sie sei. Und dass das Haus so leer sei ohne Julian.
    »Es macht mich krank, durch die leeren Räume zu gehen. Und der Garten sieht so trostlos aus.«
    »Das wird sich bald ändern, die Krokusse blühen doch schon, und die Tulpen werden auch bald kommen.«
    »Ja glaubst du denn, ich hätte letzten Herbst den Nerv gehabt, Zwiebeln zu stecken?«
    »Nein, wahrscheinlich nicht.«
    »Und dann wollte ich die Schränke ausräumen.« Sie schluchzte auf. »Julians Sachen fortgegeben. Es ging nicht. Es war, als risse man mir das Herz heraus.«
    Plötzlich hatte ich wieder Mitleid mit ihr. Ja, das war sicher eine schreckliche Belastung. Wahrscheinlich wäre es besser, ich würde das für sie übernehmen. Ich tröstete sie, so gut es mir möglich war. Aber als sie sich beruhigt hatte, bekam ich noch einen Schlag ab.
    »Und im Übrigen habe ich einen Immobilienmakler beauftragt, das Haus zu verkaufen. Ich brauche ja nur noch eine ganz kleine Wohnung.«
    Ich war sprachlos. Damit hatte ich nicht gerechnet. Natürlich war es ihr Haus. Und natürlich war es zu groß für sie alleine. Aber dennoch... Sie hätte mich wenigstens fragen können.
    Als sie aufgelegt hatte, fiel mir ein, dass sie den Verkauf vermutlich gar nicht vornehmen durfte. Der Todesfall meines Vaters war noch nicht endgültig geklärt.
    Also rief ich am nächsten Morgen Julians Rechtsberater Dr. Schneider an. Er war nicht nur geschäftlich sein Berater gewesen, sondern zusätzlich ein Freund der Familie. Er hatte das Testament erstellt und kannte die gesamten Umstände, einschließlich Roses Existenz, schon seit langem.
    »Ihre Mutter kann das Haus verkaufen, Anita. Der Fall Julian Kaiser ist abgeschlossen. Tod durch Unfall.«
    »Seit wann das?«
    »Seit letzter Woche. Sie werden in Kürze einen Bescheid kommen. Dann ist auch das Erbe freigegeben. Wahrscheinlich wird noch etwas Arbeit auf Sie zukommen.«
    »Das ist zu erwarten. Aber sagen Sie, kann ich nicht irgendwie das Vorkaufsrecht auf das Haus bekommen? Ich weiß nicht, ich möchte nicht, dass Uschi es verkauft. Lieber erwerbe ich es selbst und vermiete es.«
    »Mh. Sie hängen daran, Anita?«
    »Seltsamerweise ja.«
    »Wer ist der Makler?«
    »Hat sie mir nicht gesagt.«
    »Na, das werde ich schon herausfinden. Will sehen, was sich tun lässt. Aber können Sie das finanzieren?«
    »Sie wissen besser als ich, was Julian mir überschrieben und jetzt noch vererbt hat. Ich denke, es müsste reichen. Zumindest kann ich es als Sicherheit für eine Finanzierung angeben, wenn ich an die Papiere selber nicht drankomme.«
    »Mh.«
    Es hörte sich nicht allzu bedrückt an, und ich schöpfte Mut. Der alte Fuchs war gerissen in solchen Dingen. »Wie geht es Ihrer Schwester Rosewita?«
    Ich erzählte ihm von ihrer Arbeit und lud auch ihn zu der Ausstellungseröffnung ein. Er sagte zu.
    Ich war ein wenig ausgelaugt von den Wechselbädern der vergangenen fünf Tage, als ich am Nachmittag in Roses Werkstatt eintraf. Cilly war ebenfalls da und verpackte sorgfältig feine Glaswaren in Luftpolster-Folie. Die Vorbereitungen für die Ausstellung waren in vollem Gange.
    »Du siehst aus, als wär eine Dampfwalze über dich gerollt, Anita.«
    »Ungefähr so fühle ich mich auch. Oder besser, als wäre ich unvorbereitet in einen Betonmischer geraten. Mal kopfüber, mal kopfunter.«
    »Rose dagegen pfeift sich ständig eins, seit du ihr von Falkos zerrüttetem Familienleben erzählt hast.«
    »Ist doch schön, wenn man Freude verbreiten kann.«
    »Hast du für mich nicht auch mal so was? Ich meine, die Esther und die Ingrid tönen ständig mit ihren Freunden herum.«
    »Und nun möchtest du auch so ein Statussymbol besitzen?«
    »Ist doch an der Zeit, oder? Ich werde dieses Jahr schließlich fünfzehn. Da hat man früher schon geheiratet.«
    »Die Fragen der Gleichberechtigung und der

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