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Der Bernsteinring: Roman

Der Bernsteinring: Roman

Titel: Der Bernsteinring: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Ordnungund Geradlinigkeit legt. Aber nicht zu pedantisch. Mehr geistig arbeitend als körperlich, was mich stutzig macht, meine Süße. Du hast für eine Sportanimateurin viel zu viele Bücher.« Er stand auf und ging in meinem Wohn- Esszimmer herum. »Diese Wohnung ist eine Übergangslösung, du hast sie noch nicht lange und wirst sie bald aufgeben.«
    »Das ist zu einfach, du weißt, wann ich hier eingezogen bin.«
    »Falsch, ich weiß auch, dass du in Kürze wieder verschwinden wirst.« Er tippte auf einen Ordner, auf dessen Rücken »Bewerbungen« stand. »Wär ein Leichtes, das Ding aufzuschlagen, und deinen Lebenslauf nachzulesen, meinst du nicht?«
    »Das wäre unfair.«
    »Richtig. Aber dies hier«, er wies auf die vollen Bücherregale, »macht mich glauben, dass du keine Anstellung in einem Feriendorf suchst. Da sind mir zu viele Klassiker drunter. Ovid, Tacitus, Apuleius, du lieber Gott, und auch noch in Latein. Mädchen, du hast irgendwas studiert, das liest man nicht so zum Frühstück.«
    »Ich könnte die Bücher auch geerbt haben.«
    »Dann würdest du sie dazu verwenden, wackelige Tische damit abzustützen. Die Bücher aber haben Knickohren und bunte Zettelchen eingeklebt, und die Tische wackeln bei dir nicht. Auch wenn die ganze Möblierung mehr auf eine Studentenbude schließen lässt als auf die einer reichen Erbin. Kommt das hin?«
    »Ja.«
    Er grinste selbstgefällig, und ich meinte: »So, und nachdem du mir jetzt das Hemd ausgezogen hast, kommen wir bitte wieder zum eigentlichen Thema zurück.«
    »Ach, hätte ich dir doch das Hemd ausgezogen!«
    Ich gönnte ihm einen langmütigen Blick.
    »Na gut. Also, wie war die Wohnung von deinem Valerius eingerichtet?«
    »Du stellst Fragen!«
    »Hör mal, selbst im Hormonrausch sind nicht alle Sinne ausgeschaltet. Mach die Augen zu und konzentrier dich!«
    Ich tat es.
    »Also gut. Da war ein großes Wohnzimmer mit einem bodentiefen Fenster. Mh – ohne Gardine, denn ich konnte draußen die Baumwipfel sehen.«
    »Was für Bäume?«
    »Eben Bäume. Große und kleine, ohne Laub, wie üblich im Winter.«
    »Keine Nadelbäume? Kein Mischwald?«
    »Nein, kein Wald. Nein, Gärten vielleicht.«
    »Viele Bäume in Stadtgebieten zeugen meist von Parks.«
    »Na gut. Dann ein Park.«
    »Ein altes oder ein modernes Haus?«
    »Modern, mit Tiefgarage, normaler Raumhöhe, wahrscheinlich Fußbodenheizung, an Heizkörper kann ich mich nicht erinnern.«
    »Wir kommen weiter. Einrichtung?«
    »Tja... ein schwarzes Ledersofa, ein Glastisch, ganz schlicht, ganz unauffällig. Darauf... darauf ein Aschenbecher aus Marmor, schwarz. Mit einer Pfeife drin.«
    »Wunderbar, Anita. Weiter. Schränke?«
    »Schränke. O ja, das ist... Ja, ich habe mich einmal kurz an einen gelehnt. Eine Anrichte, vermutlich alt. Das Ding war echt, nicht aus der Sperrholzfunierstilmöbelmassenherstellung. Daran hat Mister Chippendale noch persönlich Hand angelegt. Stimmt! Dass mir das entfallen ist!«
    »Weiter, Schätzchen. Was war in dem Schrank?«
    »Keine Ahnung, Röntgenaugen habe ich nicht. Ah, aber es stand etwas auf dem Vorsprung. Etwas, das glitzerte. O ja, ein Silbertablett mit Schliffkaraffen. Irisch würde ich sagen.«
    »Mit Flüssigkeit drin?«
    »Braun.«
    »Whisky, Cognac, Calvados – aber das ist geraten. Weitere Möbel?«
    »Ja, eine passende Kommode. Mehr nicht. Kein Fernsehgerät.«
    »Würde auch den Stil verderben. Weiter – Bilder an den Wänden?«
    »Nein.«
    »Nein? Das scheint mir sehr spartanisch.«
    »Doch, es gab... verdammt Marc, du bist ein Genie!« »Ich weiß. Was hing da? Der röhrende Hirsch bei Sonnenuntergang?«
    »Aber nein, das Bildnis einer bezaubernden jungen Frau.«
    »Ah, Epoche?«
    »Gegenwart.«
    »Gegenständlich oder abstrakt?«
    »Überaus gegenständlich, jede Einzelheit war zu erkennen. Auch die Narbe!«
    »Anita?«
    »Ein Spiegel, ziemlich groß, ziemlich üppig, venezianisch, würde ich sagen.«
    »Noch besser. Auf dem Boden?«
    »Weiches, Gemustertes. Blau, beige, floral, leicht schimmernd. Muss ein echter Orientteppich gewesen sein. Teppiche sind nicht meine Stärke, aber ich tippe Täbris.«
    »Wirkte der Raum bewohnt?«
    »Ja, obwohl von peinlichster Ordnung, als hätte die Putzfrau gerade das Staubtuch zusammengefaltet und wäre gegangen. Aber es lag ein Buch auf dem Sofa und eine aufgeschlagene Zeitschrift.«
    »Was für eine?«
    »Himmel!«
    »Das könnte wichtig sein. Mit nackten Mädchen?« »Nein, mit... mit Möbeln?«
    »Ah, das passt ja

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