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Der Bernsteinring: Roman

Der Bernsteinring: Roman

Titel: Der Bernsteinring: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Emanzipation sind an dir offensichtlich vorübergegangen, ohne Spuren zu hinterlassen. Cilly, eine Frau ist eine Frau, und braucht dafür nicht einen Mann, um sie darin zu bestätigen.«
    »Und warum fahndest du dann hinter deinem Valerius her?«
    Ich gebe zu, wenn ich in einer Diskussion unterlegen bin und sagte einfach nur: »Treffer!«
    Doch mitten im Tohuwabohu von Kisten, Folie, Listen, Holzwolle und Klebebändern erreichte diese bewegte Woche einen weiteren, und ich hoffte endgültigen Höhepunkt.
    Die Klingel an der Tür zum Vorraum der Werkstatt erklang, und Rose schnaufte ungehalten: »Wer will denn jetzt noch was von mir.«
    »Ein Kunde mit einem lukrativen Auftrag. Streif dir die Holzwolle aus den Haaren!«, sagte ich und bekam als Antwort von einer männlichen Stimme: »Nicht nötig, ich weiß ja, was sich in ihrem Hirn befindet! Es entstellt dich nicht, weiße Rose, wenn es hervorquillt.«
    »Marc!«, quietschte Cilly auf und hätte beinahe eine fertig gepackte Kiste vom Tisch gefegt.
    »Marc!«, rief auch Rose mit einem strahlenden Lächeln.
    »Marc!« Ich musste feststellen, dass Freude in meinem Ausruf mitschwang.
    »Das ist ein gebührender Empfang für einen weit gereisten Fotografen. Und jetzt die Küsse!«
    Es war Cilly, die sich das nicht zweimal sagen ließ.
    Marc sah umwerfend aus. Die blonden Locken von der brasilianischen Sonne mit hellen Strähnen durchzogen, der Schnauzbart golden in dem dunkelbraunen Gesicht, die weiche Lederjacke lässig über die Schultergeworfen, die unvermeidliche Kameratasche in der Hand.
    »Dich hätte ich bald abgeschrieben, Marc. Die letzte Nachricht von dir war eine spärlich bekritzelte Ansichtskarte mit ebenso spärlich bekleideten Sambatänzerinnen. Sie kam in der ersten Januarwoche hier an.«
    »Na ja, ich war in Gebieten, wo man zum nächsten Postkasten durch alligatorenverseuchte Flüsse schwimmen musste. Das habe ich mir eben nicht so häufig angetan.«
    »Hat’s denn was gebracht?«, fragte ich ihn.
    »Das eine oder andere. Ein Buschfeuer, eine Überschwemmung, einen kleinen Bandenkrieg, einen abgestürzten Bus...«
    »Halt ein, halt ein! Ich weiß ja, dass du Katastrophen anziehst.«
    »Die größte Katastrophe hat mich selbst betroffen!« »Ach ja? Hast du eine der Sambatänzerinnen geschwängert und musstest sie heiraten?«
    »Schlimmer, Anita. Ich hab mir in Rio die Syph geholt.«
    Das Schweigen war einen Moment lang abgrundtief.
    »Äh – der nächste Automat mit Präservativen war wohl auch ein paar alligatorenverseuchte Flüsse weiter aufgestellt?«, fragte ich mit erstickender Stimme. Marcs Bräune wurde noch etwas tiefer und dunkler.
    »Na ja...«, murmelte er, und Rose setzte noch eins nach: »Äh – wie ich hörte, hätte man in solch prekären Situationen früher wenigstens zum französischen Tüchlein gegriffen.«
    Dann gab Cilly plötzlich einen Laut von sich, der irgendwie zwischen Schluckauf und Niesen lag. Rose drückte sich verzweifelt die Hand auf den Mund, konnte aber einen seltsamen Schnarchton nicht vermeiden.
    Ich hingegen versuchte, mir von innen auf die Wangen zu beißen, was angesichts dieser Geräuschkulisse leider keinen großen Erfolg hatte.
    »Wenn ihr langsam mal wieder aufhört, euch vor Lachen halb umzubringen, dann werdet Ihr mir sicher sagen, was ihr daran so spaßig findet. Ich fand das nämlich nicht lustig!«
    Marc war pikiert.
    »Entschuldige«, keuchte ich und wischte mir die Tränen von den Wangen. »Wir haben gerade gehört, wie man die Syphilis im Mittelalter behandelt hat.«
    »Ach ja, da hat man sie allerdings auf erschröckliche Weise kuriert.«
    »Du leidest hoffentlich aber noch nicht an Gehirnerweichung?«, würgte Cilly zwischen ihren Lachkrämpfen hervor.
    Inzwischen hatte unsere Heiterkeit auf ihn übergegriffen, und er lächelte sie an.
    »Gelegentlich schon, aber nicht aufgrund der Syph. Die ist geheilt.«
    »Dann bist du ja auch wieder so fit, dass du in zwei
    Wochen Roses Ausstellung fotografieren kannst.« »Sag mal, bin ich dir noch was schuldig, Anita?« »Nicht wirklich. Nein. Aber deine hingebungsvolle
    Liebe zu mir wird dir Antrieb genug sein.«
    »O nein, mein Schätzchen, diesmal will ich meinen Lohn dafür haben. Und im Übrigen schuldest du mir noch immer ein T-Shirt!«
    Marc, dem viel gereisten Fotograf, der mich vor jetzt beinahe einem dreiviertel Jahr aus den Trümmern des Flugzeugunglücks auf den Kanarischen Inseln gezogen hatte, verdankte ich zwar nicht mein Leben, aber ganz gewiss

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