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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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Doch er konnte genauso gut sichern, was er konnte, und wenn nur zu Eliminationszwecken.
    Marvel ging zum Auto zurück, wobei seine Füße auf dem bereiften Spielfeld ein befriedigendes Knirschgeräusch machten, und rief Jos Reeves an, um ihm zu sagen, er solle unbedingt darauf achten, die forensischen Beweise im Fall Yvonne Marsh mit denen von Margaret Priddy zu vergleichen. Reeves wurde pampig. Nahm es richtig übel, dass Marvel dachte, er wüsste nicht, wie er seinen Job zu machen habe. Primadonna. Nächstes Mal würde er Reynolds anrufen lassen.
    Er schickte Singh, Pollard und Grey los, um noch einmal von Haus zu Haus zu gehen und dieselben Fragen zu stellen, allerdings zu einer anderen Tatzeit, einem anderen Tatort und einem anderen Opfer. Es war eine lästige Pflicht, doch es musste sein.
    Später nahm er Elizabeth Rice mit zu den Marshs. Er sagte ihnen, sie wäre als Verbindungsbeamtin für sie zuständig und würde rund um die Uhr bei ihnen bleiben, um sie zu unterstützen und sie auf dem Laufenden zu halten, wie es mit den Ermittlungen voranging.
    »Wenn Sie irgendetwas brauchen, oder wenn Sie irgendetwas wissen wollen, fragen Sie sie einfach«, sagte er mit verblüffender Freundlichkeit.
    Ihr sagte er, dass beide bis auf Weiteres Tatverdächtige seien.
     
    Nachdem Jonas bei einem von Marvels Detective Constables seine Aussage gemacht hatte, setzten die Rettungshelfer ihn zu Hause ab, damit er sich endlich eine Hose anziehen konnte. Sie wollten ihre kratzige Decke zurückhaben, und Lucy blickte überrascht auf, als er von der Taille abwärts in Silberfolie gewickelt ins Cottage marschiert kam. Sie machte einen Meerjungfrau-Witz, dann sah sie sein Gesicht. Er erzählte ihr, was geschehen war, und sah, wie sie ganz still
wurde. Noch stiller . Lucy war stets gefasst  – auch jetzt, als er ihr von etwas berichtete, was aussah wie der zweite Mord im Dorf innerhalb von acht Tagen.
    »Du musst dich aufwärmen«, lautete ihr Urteil. Sie bestand darauf, mit nach oben zu kommen, also trug er sie, auf Beinen, die jetzt schmerzhaft pochten und krampften, weil die Durchblutung wieder in Gang kam. Ohne ihre Krücken bewegte sie sich vorsichtig, mit stockendem Gang, so dass es aussah, als könnte sie jeden Augenblick hinfallen. Trotzdem verlieh die Notwendigkeit ihr Kraft, und sie kommandierte ihn herum und ließ ihm ein Bad ein, während er sich auszog und seine Kleider in den Wäschekorb stopfte. Bei sich dachte er, dass er durchaus eine Meerjungfrau sein könnte, so nass wie er in den letzten zwölf Stunden gewesen war. Seine guten Schuhe und eine weitere Arbeitshose lagen seit gestern Abend noch immer auf der Heizung. Er konnte hören, wie Lucy mühsam eine frische Uniform auf dem Bett zurechtlegte  – sich in ruckelnder Zeitlupe als gute Ehefrau betätigte  –, während er in die Wanne stieg und heiße Schmerznadeln seine Beine hinaufschossen.
    Ihre Badewanne  – von deren einem Ende aus man das Moor und vom anderen die Wiesen sehen konnte, die zur Springer Farm hin anstiegen  – war die größte, die in ihr winziges Bad passte, doch sie reichte Jonas trotzdem nicht. Das war der Grund, weshalb er lieber duschte; in der Wanne musste er sich aufsetzen, damit beide Beine unter Wasser waren. Als seine Beine warm wurden und er Lucy herumhantieren hörte  – hörte, wie sie sich seinetwegen so viel Mühe gab  –, sackte er zurück gegen die kalte Emaille, und gewaltige Erschöpfung überkam ihn. Der Schock von gestern Nacht und der noch größere Schock von heute Morgen. Zwei Morde. Zwei Morde! Vielleicht wäre er nicht so entsetzt, wenn er sich amerikanische Fernsehserien ansehen würde. Vielleicht würde es ihm nicht so unwirklich vorkommen, Polizist zu sein und in dem Gebiet, für das er zuständig war,
kurz hintereinander zwei Morde zu erleben, wenn er während seiner prägenden Jahre ein bisschen pflichtbewusster NYPD Blue eingeschaltet hätte.
    Irgendwo dort draußen war ein Mörder. Es schien unglaublich, doch ein Mörder war ins Dorf gekommen und hatte allem Anschein nach beschlossen zu bleiben, wie der Raubfisch in Der weiße Hai .
    Und so was nennt sich Polizist!
    Wieder trafen ihn die Worte, doch diesmal schienen sie nicht nur eine Anklage zu sein, sondern eine Warnung. War es der Mörder, der ihm die Nachricht hinterlassen hatte? Der Gedanke erschreckte ihn. Verspottete der Täter ihn? Ließ ihn wissen, wie ineffizient er war? War Yvonne Marsh ein weiteres Schaustück seines zweifelhaften

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