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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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Handygespräche immer aus fließenden Gewässern führen. Er hatte halb am Ufer gekniet, jetzt jedoch erhob er sich im Wasser; seine Beine gaben fast unter ihm nach, so kalt waren sie. Er stellte sich dem Leichnam in den Weg und rief Marvel an, während die Strömung die tote Yvonne Marsh hartnäckig gegen seine Beine drückte.
     
    Erst als er mit Marvel sprach, ging ihm auf, dass er möglicherweise bis an die Knie in einem Tatort stand. Er hatte den DCI nur angerufen, weil er Polizist war, und es gab keinen Polizisten, der näher an Shipcott dran war als Marvel, und er brauchte Hilfe, damit er verdammt noch mal aus diesem Wasser rauskonnte, bevor ihm die Beine abfielen. Doch Marvel war augenblicklich misstrauisch. So war das wohl, wenn man beim Morddezernat war, dachte Jonas bei sich  – jeder Todesfall war schuldig, bis seine Unschuld erwiesen war.
    »Fassen Sie die Leiche ja nicht an!«, herrschte Mavel ihn an, sobald Jonas ihm berichtet hatte, dass er eine gefunden hätte.
    Jonas schwieg und hatte ein schlechtes Gewissen  – und war deswegen wütend auf sich selbst.
    »Scheiße, Sie haben sie schon angefasst, stimmt’s?«
    »Ich habe versucht, sie wiederzubeleben.«

    Wären Hohn und Verachtung olympische Disziplinen gewesen, Marvel hätte für England seufzen können.
    »Na, dann fassen Sie sie ja nicht noch mal an, Herrgott noch mal! Bleiben Sie vor Ort und warten Sie auf mich!«
    Jonas war nass, durchgefroren und traumatisiert, und er hatte es satt, abgefertigt zu werden wie ein Parkplatzwächter. »Hören Sie, Sir. Ich stehe hier bis zum Arsch im Eis und versuche zu verhindern, dass die Leiche den Bach runtertreibt, also entweder Sie kommen schnell und fassen mit an, oder ich lasse los, und dann reicht Ihr verdammter Tatort von hier bis nach Tiverton!«
    Jonas klappte das Handy zu und hoffte, dass Marvel nicht so kleinlich sein würde, sich Zeit zu lassen.
     
    Er war nicht so kleinlich.
    In weniger als fünf Minuten sah Marvel zu, wie Pollard und Reynolds dem schlotternden Jonas Holly aus dem Wasser halfen.
    Er schickte Grey und Singh die vereiste Böschung hinunter, um den Leichnam zu bergen. Es brachte nicht viel, ihn in situ zu lassen, nachdem Holly den Tatort bereits verändert hatte, indem er die Tote aus dem Wasser gezerrt hatte.
    Der Notarztwagen ließ das Dorf wissen, dass unten am Fußballplatz irgendetwas vorging, und zehn Minuten nach seinem Eintreffen stand bereits die ganze, angesichts eines Mordes ohnehin schon nervöse Dorfgemeinschaft auf dem Spielfeld. Alles reckte die Hälse hinter dem blau-weißen Absperrband, das Rice von dem Laternenpfahl vor Margaret Priddys Haus zu dem gegenüberliegenden Torpfosten gespannt hatte. Es umschloss ein Sperrgebiet, das nunmehr zwei Tatorte umfasste. Möglicherweise.
    Marvel war sich ungefähr sechzig Sekunden lang nicht sicher, dann nickte er, als Dr. Mark Dennis auf die dunkel verfärbten, fingerförmigen Quetschungen unter Yvonne Marshs nassem Haar deutete.

    »Nicht am Hals, sehen Sie?«, sagte Marvel zu Reynolds. »Er hat sie so festgehalten …« Er krümmte die Finger zu Krallen und hielt die Hand über den Hinterkopf der Toten. »Ich glaube, er hat sie mit dem Gesicht unter Wasser gedrückt und sie ertränkt.«
    »Könnte sein«, meinte Mark Dennis.
    »Der Pathologe wird’s uns genau sagen können«, nickte Reynolds.
    »Ich sag’s Ihnen«, fauchte Marvel. »Er wird’s nur bestätigen.«
    Reynolds schürzte die Lippen und mühte sich nach Kräften, schließlich jedoch konnte er nicht anders. »Sieht Peter Priddy immer noch vielversprechend aus, Sir?«
    »Verpissen Sie sich, Reynolds.«
    Reynolds trat ein paar Schritte vom Tatort zurück und zückte sein Notizbuch.
    »Das schreibt man V-E-R-P-I-S-S-E-N«, buchstabierte Marvel, und Reynolds steckte das Notizbuch wieder weg, ohne etwas hineinzuschreiben.
    »Pollard ist für die Presse zuständig«, ließ Marvel ihn wissen.
    »Es ist doch gar keine Presse da«, entgegnete Reynolds  – und im Grunde genommen stimmte das auch. Marvel schätzte die neuen, faulen Schreibtischjournalisten sehr, die googelten, anstatt ihm auf die Nerven zu gehen. Der Mord an Margaret Priddy hatte ein paar Anrufe vom Bugle zur Folge gehabt , dem lokalen Käseblatt, doch die Western Morning News hatten sich damit zufriedengegeben, ein paar Absätze daraus zu übernehmen.
    »Kommt noch«, behauptete Marvel mit Weltuntergangsstimme. Er wusste, wenn eine alte Frau ermordet wurde, war das eine Schande, aber zwei im

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