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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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einem Dorf wie Shipcott hervorzuholen und die Tür eines windschiefen kleinen Cottages aufzubrechen, mit einem schwarzen, schmiedeeisernen Klopfer in Gestalt einer Elfe daran.
    »Schwuchtelnummer«, knurrte er Reynolds zu, der resolut ernst blieb.
    Stattdessen schlugen sie höchst effizient die kleine Glasscheibe in der Tür ein, und Grey, der der Längste war  –
und »Arme wie ein Orang-Utan« hatte, wie Marvel es ausdrückte  –, beugte sich unbeholfen hindurch, um das Schloss zu öffnen.
    Das Innere war ordentlich und geschickt eingerichtet, aus den schiefen Wänden und den dürftigen Lichtverhältnissen war das Beste gemacht worden.
    »Eins muss man diesen Schwulen ja lassen«, bemerkte Marvel. »Aufräumen können sie.«
    Von Liss war nichts zu sehen, und es wies auch nichts darauf hin, dass er hier gewesen war, seit er gestern Abend zur Arbeit gegangen war.
    Marvel streifte Latexhandschuhe über, und die anderen folgten seinem Beispiel, dann begannen sie, sorgfältig nach irgendetwas zu suchen, das Gary Liss belasten könnte.
    Sie bildeten zwei Teams  – Marvel und Singh oben, Grey und Reynolds im Erdgeschoss.
    »Wonach suchen wir, Sir?«, erkundigte sich Singh.
    »’ne Mordwaffe wäre nett«, antwortete Marvel.
     
    Sie tüteten Gary Liss’ Schuhe ein, dann suchten sie eine Stunde lang mit nachlassendem Optimismus weiter, bis Singh ganz hinten auf dem obersten Bord des Kleiderschranks eine alte King-Edward-VII-Zigarrenkiste fand. Er warf einen Blick hinein und rief augenblicklich Marvel herbei.
    Ein Sammelsurium aus Schmuckstücken lag in der Kiste: ein paar Damenuhren, Diamantohrringe, eine Emaillebrosche mit verzierter Goldfassung und fünf oder sechs Perlenketten, die selbst Marvels ungeübtes Auge als wertvoll erkannte, mit ausgeklügelten Verschlüssen und jenen ganz leichten Abweichungen in Farbton und Form der Perlen, die sie als echt auswiesen.
    »Vielleicht Sachen von seiner Mutter?«, fragte Singh.
    »Wie viele Uhren kann eine Frau tragen?«, fragte Marvel zurück. Er nahm die hübscheste zur Hand  – ein Jugendstil-Ziffernblatt
mit einem Armband aus Rotgold  – und drehte sie um. Hinten war eine Inschrift eingraviert: Für Viola von Deinem Letzten und Besten.
     
    Jonas kam um kurz vor acht in Withypool an; er hatte fünfundzwanzig Minuten für die Fahrt gebraucht, die normalerweise zehn Minuten dauerte. Er bog vom Dorfanger ab und fuhr auf einer von jungfräulichem Schnee bedeckten Straße einen steilen Hügel hinunter in den Ort hinein, in der Hoffnung, den Hang später auch wieder hinaufzukommen. Aber mit dem Land Rover hatte er zumindest gute Chancen.
    Genau wie Shipcott sah auch Withypool aus, als sei es die Hänge des Hochmoors hinuntergepurzelt und irgendwie unten gelandet. Häuser standen dort, wo sie hingefallen waren  – ein paar hier, ein paar dort; ein Dutzend war entlang des Flusses zu beiden Seiten der buckligen Brücke mit dem Steingeländer verstreut, die hinterlistigerweise nur breit genug für ein Auto war, trotz der großzügigen Zufahrten.
    Paul Angell war bereits in seinem Schuppen. Das war Jonas sofort klar, als niemand auf sein Klopfen antwortete. Er ging um das Cottage herum, allerdings erst, nachdem er die Hände um die Augen gelegt und durch das Fenster im Erdgeschoss gespäht hatte. Paul hatte Jalousien anstelle von Gardinen, daher konnte man leicht zwischen den Lamellen hindurchblicken. Jonas rechnete nicht damit, irgendeine Spur von Gary Liss zu entdecken, doch es war nur vernünftig, auf der Hut zu sein. Fünf Minuten lang sah er zu, wie sich nichts rührte, ehe er den schmalen Weg zum Garten hinunterging.
    Im Schuppen war es warm, und es roch nach Gas und Leim. Paul war über ein altes Schulpult gebeugt; er trug eine Stirnlampe und ein Vergrößerungsvisier, so dass die obere Hälfte seines Gesichts riesengroß und gescheit aussah. Die untere Hälfte wurde von einem beeindruckenden graumelierten Bart bedeckt. Jonas’ Blick wurde von dem Modell des Flying Scotsman angezogen, Nenngröße 00, das Paul in der
linken Hand hielt. Auf dem Pult lagen überall Werkzeuge, und die Wände waren aufwendig gestaltet und umgebaut worden, so dass verschiedene Züge in unterschiedlicher Höhe daran entlangfuhren. Jede Ebene stellte eine andere Landschaft und einen anderen Zugtyp zur Schau. Jonas kannte sich mit Modelleisenbahnen nicht besonders gut aus, doch selbst er konnte den Orientexpress auf einem Gleis erkennen und eine alte Western-Lokomotive mit

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