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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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Bullenfänger auf einem anderen, die Viehwaggons und einen Werkstattwagen durch eine gemalte Landschaft voller karger Hügel und marodierender Apachen zog. Paul Angells Schuppen war ein Guggenheim-Museum für Bastler, in Nenngröße 00.
    Paul war achtundfünfzig und Astrophysik-Dozent im Ruhestand. Jonas hatte sich einmal nach seinem Fach erkundigt und dann in einem Nebel der Verwirrung dagestanden, als Paul eine geschlagene Viertelstunde lang über die Stringtheorie geredet hatte. In der Schule hatte Jonas die naturwissenschaftlichen Fächer sehr gern gemocht, doch alles, was er sich aus Pauls Begeisterung zusammenstückeln konnte, war eine vage Vorstellung, dass sämtliche Materie aus kleinen, vibrierenden Hula-Reifen bestand. Am Schluss hatte er nur noch lächelnd genickt und darüber nachgedacht, was er zum Abendessen kochen sollte. Wahrscheinlich Käsetoast.
    Jetzt leuchteten Pauls vergrößerte Augen auf, als Jonas die Tür öffnete. Das änderte sich rasch, als er sein Gesicht sah.
    »Hi, Paul. Wissen Sie, wo Gary ist?«
    » Bei der Arbeit«, antwortete Paul. »Er hat erst um drei Schluss. Warum?«
    Jonas holte tief Luft. »Im Heim hat es Ärger gegeben«, sagte er. »Drei Bewohner sind tot, und Gary ist verschwunden.«
    Paul sagte nichts. Seine riesigen Augen sahen Jonas blinzelnd an.
    Jonas wartete, doch Paul schwieg noch immer, obwohl der Flying Scotsman in seiner Hand kaum wahrnehmbar zitterte.

    »Paul?«, fragte Jonas leise.
    »Ja«, sagte Paul. Dann fügte er nach einer weiteren langen Pause hinzu: »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Was soll ich sagen? Ich weiß es nicht. Oder was ich denken soll. Was meinen Sie? Was soll ich denken?« Ohne hinzuschauen stellte er die kleine Lokomotive weg und wiederholte: »Was soll ich denken?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Jonas. »Es ist durchaus möglich, dass Gary nichts damit zu tun hatte, aber ich finde, wir sollten tun, was wir können, um ihn so schnell wie möglich zu finden, meinen Sie nicht?«
    »Er wird verdächtigt?« Paul war verwirrt und ein wenig entrüstet. »Das ist doch lächerlich!«
    Jäh erhob er sich, und Jonas sah, dass er einen kleinen Hammer in der anderen Hand hielt. Langsam trat er einen Schritt zurück.
    »Ich dachte, Sie machen sich Sorgen um ihn! Er würde diesen Leuten niemals etwas tun, Jonas. Nie im Leben!«
    »Das weiß ich, Paul.« Jonas hätte nur allzu gern nach dem Hammer geschielt, doch er hielt den Blick fest auf das Gesicht des Mannes gerichtet. »Und ich mache mir ja auch Sorgen um ihn. Wirklich. Deswegen müssen wir ihn unbedingt finden.«
    Er dachte an die Verstärkung, die Marvel ihm angeboten hatte, und verspürte einen Anflug von Reue, dass er zu ungeduldig gewesen war, darauf zu warten.
    Paul schien gar nicht zu merken, dass er den Hammer in der Hand hatte. Mindestens eine Minute lang stand er völlig regungslos da. Jonas ließ ihm Zeit. Er wusste eigentlich auch nicht, was er sonst tun sollte.
    Dann nickte Paul. »Ja. Unbedingt. Er könnte entführt worden sein. Er könnte irgendwo eingesperrt sein, oder verletzt.«
    »Das stimmt«, pflichtete Jonas ihm bei und hatte so ein ekliges unterschwelliges Gefühl im Bauch.

     
    Die Agentur-Reporterin traf als Erste ein und war auch noch Australierin. Marvel fand Australier unerträglich eingebildet, also sagte er Pollack, sie würde warten müssen, bis das Fernsehteam hier sei, damit er nur eine Pressekonferenz zu geben brauchte. Die Reporterin  – Marcie Meyrick  – veranstaltete einen solchen Aufstand, dass sogar Pollack beinahe weich geworden wäre und ihr sofort alles erzählt hätte, was sie wissen wollte. Nur ein Anruf der Fernsehleute, die genau im richtigen Moment nach dem Weg fragen wollten, bewahrte ihn davor.
    Zur Mittagszeit konnte Marvel über sechs weitere Beamte verfügen: vier Streifenpolizisten und zwei DCs aus Weston-super-Mare. Er schickte sie alle los, um bei der Suche nach der Mordwaffe zu helfen.
    Sie fanden sie nicht.
    Um vier Uhr nachmittags hatten sich BBC und ITN zu der grollenden Marcie Meyrick gesellt, und bei einer Pressekonferenz, für die Rupert Cooke ihnen das Gartenzimmer anbot, während die Bewohner beim Tee saßen, ließ Marvel sie Namen, Alter und Geschlecht der Opfer wissen sowie die Tatsache, dass sie stumpfer Gewalteinwirkung ausgesetzt worden waren. Außerdem berichtete er von Gary Liss’ »besorgniserregendem« Verschwinden. Dann verteilte er Kopien des guten, scharfen Fotos, das Jonas Holly von Paul Angell

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