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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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mitgebracht hatte  – Gary Liss sah in Jeans und engem T-Shirt aus wie das Mitglied einer Boyband bei ihrem Comeback. Die Zigarrenkiste mit dem Schmuck wurde nicht erwähnt. Die Uhr hatte Violet Eaves gehört, und Reverend Chard hatte einen Siegelring seines Vaters identifiziert. Wenn sie Gary Liss fanden, würde dies eine der Überraschungen sein, die sie für ihn parat hatten.
    Marvel trug das übliche Blabla von wegen, was für ein schreckliches Verbrechen das Ganze doch sei, mit sehr viel mehr Nachdruck vor als sonst. Zum Glück für die beiden Kamerateams erzeugte eine Eigenart des Lichts einen zweideutigen
feuchten Schimmer in den Augen des DCI, und »ERMITTLER KÄMPFT MIT DEN TRÄNEN« sicherte der Story einen Platz in der ersten Reihe beider Abendnachrichten.
    Marvel gelobte zu viel, Reynolds legte gespieltes Mitgefühl an den Tag, und Marcie Meyrick  – deren Fotograf durch einen Unfall auf der verschneiten M5 aufgehalten worden war  – war stocksauer.
     
    Elizabeth Rice fühlte sich gründlich ausgegrenzt.
    Opferbetreuung war eine Hintertür für jeden Vorgesetzten, der Frauen einsetzen musste, und manchmal wünschte sie sich, sie hätte die Zusatzausbildung nicht gemacht, die dafür notwendig war.
    Dass Marvel so tat, als stünden Alan und Danny Marsh immer noch unter Verdacht, war ein glatter Witz; würde er sie allen Ernstes für Tatverdächtige in den jüngsten brutalen Mordfällen halten, hätte er sie niemals mit ihnen allein gelassen.
    Marvel war ein Arschloch, vollkommen verblödet aber war er nicht  – warum zum Teufel konnte sie also ihren Posten nicht verlassen und dort mitmachen, wo Action angesagt war? Alles, was ihr ihre hochgestochene Position als Verbindungsbeamtin einbrachte, war null Privatsphäre und die Ehre, sich ein Bad mit zwei Männern teilen zu dürfen, die zu lernresistent waren, um sich mit Nettigkeiten wie Spülen abzugeben. Vom Herunterklappen der Klobrille ganz zu schweigen.
    Die beiden sprachen kaum ein Wort miteinander, und das war ihr überhaupt nicht geheuer.
    Alan Marsh saß stundenlang da und starrte irgendwelche Gegenstände an, während Danny in seinem Zimmer blieb und las, gelegentlich in den Red Lion ging oder nervös vom Wohnzimmer in die Küche und wieder zurück tigerte.
    »Es war wohl eine Erlösung«, sagte Alan Marsh mindestens
tausendmal am Tag, für gewöhnlich nach einem langen Seufzer. Manchmal grunzte Danny als Antwort, manchmal schnaubte er, manchmal sprang er auf, sagte: »Blödsinn!« und verließ das Zimmer. Zehn Minuten später kam er zurück, und die beiden nahmen ihre jeweilige Position wieder ein.
    Ihr winziges Reihenhaus roch nach Schweiß, Schimmel und nach etwas anderem; sie brauchte Tage, um dieses andere als eine Tüte mit Zwiebeln zu identifizieren, die sich im Gemüsefach allmählich verflüssigten. Ein Teil von ihr wollte so dringend das ganze Haus von oben bis unten schrubben, dass sie immer wieder den Schrank unter der Spüle öffnete und die Bleiche anstarrte. Ein anderer Teil von ihr rebellierte gegen den Gedanken, dass sie das Haus putzen sollte, weil sie eine Frau war. Sie hatte Kriminalpsychologie studiert! Sie hatte ihren Abschluss in Portishead mit Auszeichnung gemacht! Sie war eine hervorragend ausgebildete, hoch effiziente Polizeibeamtin!
    Blöde Sache, denn sie hätte hier wirklich gern sauber gemacht.
    Die Marshs standen nicht unter Arrest, sie konnten nach Belieben kommen und gehen  – doch das taten sie kaum. Tagsüber schaute Alan Reality-TV-Serien, als hätte er irgendetwas mit unverheirateten Schlampen und schwerreichen Bauherren gemeinsam. Danny hockte zusammengesunken am Frühstückstisch und versuchte, über seine Cornflakes hinweg Smalltalk zu machen. Sehr dürftigen Smalltalk. Mit dem Reden hatte Danny Marsh es nicht so, aber er war ein verblüffend guter Zuhörer. Er fragte sie irgendetwas und ließ sie dann einfach weiterreden, während er Milch eingoss, Zucker streute und Cornflakes knirschte. Hin und wieder schaute er hoch und nahm Blickkontakt auf, hin und wieder grunzte er, hin und wieder nickte er. Mehr Ermunterung brauchte sie nicht. Manchmal ertappte sie sich dabei, wie sie ihm Dinge über ihr eigenes Leben anvertraute, die sie nicht einmal ihrem Freund Eric erzählt hatte. Manchmal auch etwas
über Eric! Hinterher tat es ihr immer leid, dass sie unloyal gewesen war, doch Danny Marshs Grunzen und Nicken schien ihr die Augen für einige Aspekte von Erics Persönlichkeit zu öffnen, die ihr

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