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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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meine Spucke würde regelrecht abgesaugt und aus meinem Hinterkopf geblasen. Melinda Metalman. Mindy Metalman, vielleicht das erotischste Mädchen, dem ich jemals persönlich begegnet bin. Tochter von Rex Metalman, die damals mit dem Rasensprenger Sachen angestellt hat, von denen eine Dreizehnjährige noch keine Ahnung haben sollte. Mir brach der Schweiß aus.
    »Mindy Metalman?«, rief ich.
    Lang wandte sich zu mir. »Yeah.« Seine Augen waren alt und glanzlos.
    Ich schaute auf meinen Whiskey. »Kann es sein, dass ihr Vater ein Haus in der Vine Street hat, in Scarsdale?«, fragte ich.
    Lang grinste vor sich hin. »Mann, du bist ja wirklich aus Scarsdale. Ja, du hast Recht. Vine Street Nummer 14. Aber er wohnt da nicht mehr, weil er das Haus im vergangenen Jahr an mich und Mindy übergeben hat. Er hat jetzt eine Wohnung. Angeblich sogar ohne Rasen. Dieser Scheißrasen hat ihn wahnsinnig gemacht. Aber wie man hört, will er vor seiner neuen Hütte ebenfalls eine Wiese anlegen, nur ein bisschen kleiner als die alte, angeblich, kaum der Rede wert. Aber wer weiß, was am Ende dabei herauskommt?« Lang sah in den Spiegel. »Jetzt leben wir in Vine Street Nummer 14, mehr oder weniger.«
    »Und ich in Hausnummer 16, damals«, sagte ich leise. Lang drehte sich zu mir. Die Bob-Newhart-Gruppe hielt uns bestimmt schon für ein Paar. Unsere Augen glänzten vor Erregung über all diese Zufälle. Ja, Erregung war in diesem Moment das richtige Wort. Selbst jetzt, im Motel, ist sie noch nicht ganz abgeklungen. »Meine Exfrau wohnt immer noch da, aber ich glaube, sie will das Haus verkaufen«, sagte ich.
    »Doch nicht Mrs. Peck?« Langs Augen gingen weit auf. »Veronica?«
    »Ms. Peck«, sagte ich und ergriff diesmal tatsächlich Langs Ärmel. »Peck war ihr Mädchenname. Und ich habe mit Rex Metalman immer Tennis gespielt. Und gesehen, was er immer mit seinem Rasen macht. Das war immer ein Ereignis für die ganze Straße.«
    »Mann, ich glaube, mein Trecker humpelt«, sagte Lang. »Ich wusste ja gar nicht, dass Ronnie mit einem Amherst-Mann verheiratet war. Shit, Mann.« Abermals schlug er mit der Faust auf die Theke. In diesem Moment fiel mir seine Hand auf. Sie war schwer, braun und stark. Eine harte Hand.
    »Ronnie?«, fragte ich.
    »Aber ja, ich kenne sie ziemlich gut. Wir sind schließlich Nachbarn und alles.« Lang sah auf die Theke vor sich und spielte mit dem nassen Ring, den sein Bierglas auf dem dunklen Holz hinterlassen hatte.
    »Ach so«, sagte ich. »Und wie geht es Ronnie?«
    Wir sahen uns im Spiegel an. »Zuletzt jedenfalls noch gut«, sagte Lang. Er goss frisches Bier auf den Schaumrest im Glas. Ich sah das Salz, Salz von den Erdnüssen, am Rand. »Und du? Was machst du so beruflich?«
    »Verlagsgeschäft«, sagte ich. »Ich leite einen Verlag in Cleveland, Frequent & Vigorous Publishing, Inc.«
    »Hmmm«, sagte Lang.
    »Und was ist mit Mindy?«, fragte ich. »Damals war sie noch ein Kind. Geht’s ihr gut? Hat sie einen Beruf?«
    »O ja«, sagte Lang nach einer kurzen Pause. »Mindy ist eine Stimme.«
    »Eine Stimme?«, fragte ich. In meinem Kopf schwirrten Bilder von Mindy Metalman. Ihr Schlafzimmer lag damals genau gegenüber von meinem Arbeitszimmer.
    »Genau, eine Stimme«, sagte Lang. Er spielte mit der Cocktail-Serviette, auf der ein Kussmund abgebildet war. »Schon mal in einem Supermarkt gewesen? Immer wenn du bezahlen willst, schiebt doch die Kassiererin die Sachen über so einen Scanner, und ganz am Schluss nennt die Stimme aus der Registrierkasse den Preis. Oder wenn du ein neueres Auto fährst und du hast dich nach dem Einsteigen nicht gleich angeschnallt, dann sagt dir eine Stimme, du sollst den Sicherheitsgurt anlegen. Melinda Sue ist eine solche Stimme. Eine Stimme in Sachen.«
    »Das ist Mindy Metalman?« Ich ging ja einkaufen. Und fuhr ein Auto jüngeren Baujahrs.
    »Oder besser Mrs. A. S. Lang«, sagte Lang. »Die große Stimme in der Branche ist eigentlich eine Frau aus Centerport, Long Island. Aber sie wird langsam alt und ihre Stimme lässt nach. Melinda Sue drängt sie allmählich aus dem Geschäft.«
    »Guter Gott«, sagte ich. »Na, das nenne ich eine Karriere. Macht es ihr Spaß?«
    »Klar. Ist ja auch nicht schwer. Sie geht einmal pro Woche ins Tonstudio, kriegt einen Drink, setzt sich mit ihrem Skript vor ein Aufnahmegerät so teuer wie eine Mondrakete und betet die Sachen herunter. »Danke für Ihren Einkauf, Ihr Wechselgeld beträgt... vier Dollar.« Leichter geht’s nicht. Aber sie ist

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