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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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durchstoßen wird und die alberne Charade beendet. Igitt!
    Also schädelmäßig ein echter Charakterkopf. Mit winzigen leblosen Augen, Augen wie After.
    Ich habe nichts zu befürchten von einem anusäugigen Totenschädel.
    Er und Lang sind offenbar beim Mittagessen. Ihre Gemeinsamkeit heißt Industrial Desert Design. Heute Morgen deutete Lang eine geschlechtliche Vereinigung mit Candy Mandible an, die abends zuvor stattgefunden haben muss. Ich muss ihn – mit größter Vorsicht – unbedingt zum Thema Gefühlsumkehr befragen. Meine Ohren schmerzen noch von dem Flug und machen beim Schlucken Geräusche.
    Und dieses eine Mal freute sich Fieldbinder auf seinen erbärmlich schlechten Therapeuten Dr. J und dessen alberne Automatikstühle. Der Termin war am nächsten Tag. Fielbinder hatte nämlich einen Traum gehabt, der ihn viel und ohne Ende beschäftigte.
    Mein Vater war ein hoch gewachsener, weicher Immobilienmakler, der in seiner Freizeit ausschließlich Flanellsachen trug. Breit und blass. Mit Stiefeln. Und die beständige Liebe eines kleinen Jungen, Steine in leere Abgründe zu werfen und dann zu horchen. Er hat mich regelmäßig verhauen. Er gehörte zu jenen Vätern, die ihre Kinder verhauen. Ich selbst habe niemals eine zornige Hand an den Hintern von Vance Vigorous gelegt. Vielleicht liegt es teilweise auch daran.
    Es ist ein windiger Tag. Wolken jagen. Der Wind peitscht den See struppig. Mein Bürofenster ist durchgeschnitten. Halb. In der hellen Hälfte schlägt der Wind den See struppig. Aus der verschatteten Hälfte sieht er von Ferne aus wie ranzige Mayonnaise, schmatzendes Braun und Weiß unter den teigigen Fingern des Windes. Was für eine schreckliche Aussicht.
    Wo sonst auf der Welt käme Norman Bombardini straflos davon, nachdem er dem Gründer von Cleveland ein Parkplatzschild in die Augenhöhle gerammt hätte?
    Noch zehn Minuten, geschätzt. Meine Uhr ist die Wand. Wenn der Schatten mein Diplom erreicht, ist sie da.
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    »Na, ist das nicht ein toller Laden?«, sagte Neil Obstat jr. zu Wang-Dang Lang. »Warte, einmal in der Stunde stößt sich der Barmann den Daumen ins Auge. Dazu ist er vertraglich verpflichtet.«
    »Und guck mal die Möpse von Ginger«, sagte Lang bei einem Schluck aus der Bierflasche. »So was habe ich ja noch nie gesehen.«
    »Wir können heute Abend wiederkommen«, sagte Obstat. »Dann ist wesentlich mehr los. Das Nachtleben von Cleveland hat es in sich.« Er saugte an seinem Twizzler. »Cleveland wird unterschätzt. Ihr von der Ostküste vergesst immer, was der Mittlere Westen kulturell zu bieten hat.«
    »Also kulturell ist an diesen Möpsen nicht das Geringste auszusetzen, das sage ich offen.«
    Lang und Obstat waren in Gilligan’s Isle. Es war kurz vor zwölf, also Zeit zum Mittagessen. Am Morgen war Lang mit Rick Vigorous den Text durchgegangen und zu dem Schluss gelangt, dass er für die Übersetzung etwa eine Woche benötigte, wenn er ranklotzte. Lang sah den kommenden drei Monaten mit Freude entgegen. Den Rest des Tages hatte er frei. Er hatte Neil Obstat sofort angerufen, als er zufällig mitbekam, wie Rick Vigorous auf dessen Bild in dem Stonecipheco-Material starrte.
    »Ich komme immer noch nicht darüber hinweg, dass wir uns ausgerechnet in Cleveland Wiedersehen«, sagte Obstat. Sie saßen neben dem Daumen des Professors. »Und du bist also nicht mehr im Wüstengeschäft, sagst du?«
    »Im Augenblick nicht.«
    »Im Augenblick nicht? Aber Buchhaltung? Ich sehe dich eigentlich nicht als Buchhalter, Big Boy.«
    »Lange Geschichte. Hat zu tun mit einer Frau, die so heiß war, dass ich sie erst einmal die Show bestimmen ließ«, sagte Lang, schlug auf der Plastikbank das Bein über, machte das aber sofort wieder rückgängig.
    »Doch nicht Lenore Beadsman?«
    »Nein, natürlich nicht Lenore Beadsman.« Lang machte das Zeichen für ein weiteres Bier, und der Barmann antwortete mit dem Daumenzeichen. »Nein, meine Frau«, sagte Lang zu Obstat. »Die Frau, die meine Frau ist.«
    »Und die war so heiß?«
    »Ich will jetzt nicht darüber reden.«
    »Schon klar.« Obstat nippte an seinem Twizzler. »Aber bei deinem Anruf sagtest du etwas von Lenore Beadsman?«
    »Hab ich das?«
    »Positiv.«
    »Hmm. Na ja, sie arbeitet in dem Verlag, in dem auch ich arbeite. Du weißt ja, die Übersetzung von eurer heißen Sache.«
    »Na, ist die heiß oder was?« Obstat wurde ganz unruhig. »Mann, mich macht das ganz kribblig. Das ist genau das Ding, von dem jeder Chemiker träumt. Ich

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