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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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wie kalte Kristalle, in denen helle Brillantsplitter glitzerten.
    Fieldbinder grinste schief: »In dem Wort ist Musik, ist jedenfalls meine Meinung.«
    bin ich einfach
    »Und Ihr Haus?«, lispelte Dr. J___. »Sind wir nicht tief aufgewühlt angesichts der Zerstörung Ihres Hauses sowie über den Tod Ihres phänomenalen Vogels in seinem Käfig, über die alles vernichtende Feuersbrunst und den Einzug von Chaos und Orientierungslosigkeit, den solch ein Ereignis symbolisieren und nach sich ziehen muss?« Unter seinem Notizblock spielte J___ heimlich an sich selber.
    Fieldbinder lächelte kühl. »Doktor, ich glaube, ich kann ehrlich sagen, dass ich auf einer Ebene angelangt bin, auf der mich ein solches Ereignis nicht mehr nennenswert ›aufwühlt‹ – und, ja, ich habe die unterirdische Bedeutung des von Ihnen gewählten Ausdrucks sehr wohl verstanden. Die allzu innige Bindung an Dinge, Orte, andere lebende Wesen übersteigt in ihrem Aufwand an Energie und Aufmerksamkeit den Wert der Dinge an sich. Erscheint Ihnen das unvernünftig? Das eigene Leben von Dingen und Personen außerhalb dieses Lebens abhängig zu machen ist eine ausgesprochene Dummheit, die Schwächeren, Erfolgloseren, Unglücklicheren, weniger Fortschrittlichen als mir Vorbehalten ist.«
    »Wir sind nicht sicher, was Sie damit meinen«, blökte Dr. J___, liebevoll die Kontrollknöpfe seines Automatikstuhls streichelnd. »Sehen Sie es mal so«, sagte Fieldbinder geduldig und lächelte kühl. »Betrachten Sie das Selbst als Ausgangspunkt eines fächerförmigen Netzwerks aus Emotionen, Dispositionen, Extensionen ebendieses fühlenden und denkenden Selbst. Jeder Strahl dieses Netzwerks steht für eine Verbindung in die Außenwelt: ein Haus, eine Frau, einen Vogel, eine Frau. Dies muss jedoch nicht so sein. Der Strahl, der das äußere Andere sucht, wird dadurch zwar vielfach gehalten und gestützt, aber ebenso leicht schwach und abhängig von ebendiesem Anderen. Fiele die externe Bindung einmal weg, der atrophierte Strahl würde zerbrechen und womöglich ganz verschwinden. Das Selbst wäre kleiner als vorher. Und selbst ein Selbst von meiner Fabelhaftigkeit sähe den Eintritt eines solchen Falls mit Missfallen.« Fieldbinder grinste schräg und entfernte ein molekulares Fädchen von seiner makellosen Hose. »Deshalb erscheint es mir ratsam, den Strahlen des Fächers ihre Eigenständigkeit zu lassen: starr, stark, autark, wie Speere im Raum. Sollte sich jemand davon angezogen fühlen, darf sie gerne darüber herfallen mit jener Gier, die hier nur natürlich wäre. Doch ein Bezugspunkt dürfte sie nie sein. Lediglich so etwas wie ein nachtaktives Insekt, angelockt von einem Licht, das intrinsisch unerreichbar ist. Vielleicht verbrennt sie im Licht-Strahl, aber der Strahl selbst steht, starr, stark, ein langer Speer im Außenraum des Selbst.«
    »Ich sehe mich nicht in der Lage, diesen Gedanken zu fassen«, zischte J___. »Bitte gestatten Sie mir, mich in meiner Vorlage kundig zu machen und darüber zu masturbieren.«
    »Das dürfte nicht nötig sein, Doktor.« Fieldbinder hob die Stopp-Hand und lächelte kühl. »Ich denke, es liegt durchaus in meiner Macht, diese Erkenntnisse in für Sie leicht verständliche Worte zu kleiden. Haben Sie im Fernsehen zufällig einmal einen animierten Film mit dem Titel ›Der Roadrunner‹ gesehen?«
    »Ich sehe diese Sendung jede Woche. Ich bin eingefleischter Fan.« Der Sabber flutete förmlich über J___s Kinn, während er in seinem Stuhl zappelte und seine Füße hoch über dem orangebraunen Teppichboden baumelten.
    »Dachte ich mir«, lächelte Fieldbinder. »Meine neueste Geliebte übrigens ebenfalls, wenn sie nicht gerade im Studio ist und ihre unglaublich erfolgreichen Bandansagen für Spitzensupermärkte produziert. Ich habe mir einmal einen Samstagmorgen freigenommen und die Sendung zusammen mit ihr angeschaut. Ist Ihnen aufgefallen, dass man den ›Roadrunner‹ mit Fug und Recht als eine existenzielle Sendung bezeichnen könnte? Dass die Serie auf nicht uninteressante Weise eine Einstellung kommentiert, die auch in einem Menschen beheimatet ist, den eine Feuersbrunst in seinem Haus ›aufwühlt‹? Ich sehe, Sie sind verwirrt«, sagte Fieldbinder, als Dr. J___ sich wie wahnsinnig am Kopf kratzte und dadurch eine Wolke von Schuppen aufstörte, die aufwirbelte und sich anschließend auf der obszön kahlen Stelle in der Mitte seines totenschädeligen Hauptes niederließ.
    Fieldbinder lächelte und fuhr fort: »Ich

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