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Der bessere Mensch

Der bessere Mensch

Titel: Der bessere Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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den Einkaufswagen mit allem, was er für eine Lasagne brauchte. Ein deftiges Gericht, das dem Entschluss, seine Anzughosen in den nächsten paar Jahren auf keinen Fall in die Änderungsschneiderei zu bringen, einen weiteren Stoß versetzen würde. Aber was sollte er machen? Die Rezepte, die er beherrschte, hatte er von seiner Mutter. Und die war erst ein paar Jahre nach seinem Auszug auf die leichte und gesunde Küche umgestiegen. Das werde ich bei meinen Kindern anders machen, dachte er, und wunderte sich umgehend, warum ihm bei einem Einkaufswagen voller Fleisch, Milch, Gemüse und Käse unweigerlich Gedanken an den eigenen nicht geplanten Nachwuchs kamen.
    Er hörte nichts mehr von Isabelle, bis sie an der Tür läutete. Zu einem Zeitpunkt, als er nur mit Unterhose und Küchenschürze bekleidet die Bechamelsauce anrührte und ihr in ebendiesem Aufzug öffnete. Noch dazu hatte er vergessen, dass die Schürze eines dieser dämlichen Kollegengeschenke war, die man nie verwenden will und sie dennoch aufbewahrt, weil man selbst über nichts Gleichwertiges verfügt. Eine Küchenschürze bedruckt mit dem Körper eines Bodybuilders – manchmal lernt man den Gebrauchswert der Dinge eben erst über das Hässliche kennen.
    „Sehr sexy“, meinte sie, stellte ihre Tasche ab und umarmte ihn.
    „Hoffentlich … meinst du … das … nicht ernst“, erwiderte er zwischen ihren Küssen und fühlte tatsächlich eine leichte Unsicherheit ob seiner kaum mehr sichtbaren Bauchmuskulatur.
    Er musste die Bechamelsauce ein zweites Mal machen. Und nachdem er sich den Topf mit der schwarzen, eingebrannten Kruste angesehen hatte, spülte er ihn seufzend aus und stellte ihn neben den Kübel für das Altmetall. Ist ja nur ein Topf, tröstete er sich und versuchte den Gedanken daran zu verjagen, dass es ein teures Geschenk seiner Mutter anlässlich seines Umzugs nach Wien gewesen war. Erstaunlich, wie raffiniert sich Frauen gegenseitig das Revier streitig machten.
    „Was hast du gesagt?“, wollte Isabelle wissen, die in die Küche gekommen war und mit einem Kochlöffel in der Fleischsauce rührte.
    „Gar nichts …“
    „Du hast irgendwas gesagt von Frauen und ihrem Revier …“
    „Ach … ja … weil der Topf jetzt kaputt ist, weil wir im Bett waren und den hat mir …“
    „Ich will’s gar nicht wissen“, unterbrach sie ihn und setzte sich auf die Couch, „wann ist es denn endlich fertig?“
    Am Samstag stieg die Temperatur auf über dreißig Grad. Und als sie am Nachmittag durch den Wienerwald spazierten, um im Schatten der Laubbäume der Hitze zu entkommen, kam es Schäfer vor, als hätte sich auch die Zeit der schwülen Trägheit dieses Tages nicht entziehen können. Das Frühstück auf dem Balkon erschien ihm wie eine ferne Erinnerung. Der kurze Badeausflug an die Donau, war das wirklich erst vor zwei Stunden gewesen? Normalerweise waren es doch die langweiligen Momente, die kein Ende zu nehmen schienen. Doch wozu dem Gaul ins Maul sehen, wenn er einen so herrlich durch den Tag trägt, dachte Schäfer und bückte sich nach einem Pilz, worauf Isabelle ihn anherrschte, diesen auf keinen Fall anzufassen.
    Was die Zeit ihnen am Samstag geschenkt hatte, schien sie am Sonntag wieder aufholen zu wollen. Als Schäfer mit frischen Semmeln vom Bäcker zurückkam und in der Küche auf die Uhr sah, war es bereits halb elf. Warum sie denn nicht am Montag in der Früh fliege, rief er in Richtung Badezimmer, und verbrannte sich die Finger beim Versuch, die weich gekochten Eier aus dem Topf zu fischen.
    „Hörst du mir nicht zu oder glaubst du, dass sich der Flieger jedes Mal, wenn du diese Frage stellst, eine Stunde verspätet?“
    „Was?“, fragte er, während er seine Hand unter das fließende Wasser hielt.
    „Das heißt immer noch: Wie bitte, Frau Staatsanwältin“, rief sie und kam mit einem Handtuch um den Kopf in die Küche.
    „Apropos Frau Staatsanwältin“, drehte er sich zu ihr um, „da ist noch eine eingehende Überprüfung einer Körperschaft ausständig, die genau in Ihren Kompetenzbereich fällt …“
    „Du arbeitest mit zu vielen Männern … also: Wo sind die Handschellen, perverser Sittenwächter?“
    Sie waren auf dem Weg zum Flughafen, als zum ersten Mal an diesem Wochenende Schäfers Handy läutete. Kamp. Er hätte einen so lästigen wie skurrilen Anruf erhalten, mehrere, um genau zu sein: Mladic, ein bekannter Krimineller französisch-serbischer Abstammung und inoffizieller Chef eines Drogen- und

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