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Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Titel: Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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wieder und nimmt vorsichtig die
Hände vom Mund. Er guckt überall im Bett, ob die Krabbeltiere kommen. Im Moment
sind keine da. Aber wenn er schlafen will, kommen sie, das weiß er. Er steht
auf, setzt sich auf den Boden, nimmt ein Blatt Papier und seine Buntstifte. Er
malt rote Kreise, schwarze Kreise, rote Kreise, schwarze Kreise und blaue
Wolken, die regnen. Unter den weinenden Wolken, in den roten Kreisen und den
schwarzen Kreisen, malt er sich. Man sieht ihn kaum vor lauter roten und
schwarzen Kreisen. Nur der Kopf guckt oben aus den Kreisen raus, der Kopf ist
blau wie die Wolken, und der Mund ist zum Schreien ganz weit offen. Aber man
hört nichts. Da kommt die Mutter herein und schimpft ein bißchen, weil er nicht
im Bett ist, sondern malt. Sie nimmt ihn hoch auf den Schoß, schaukelt hin und
her und flüstert leise: Hoppe, hoppe Reiter, wenn er fällt, dann schreit er.
Macht der Reiter plumps, dann fällt er in den Sumpf. Hoppe, hoppe, Reiter, wenn
er fällt, dann schreit er …

Dienstag, 28. Juni
    Am nächsten Morgen erwachte Christian wie gerädert, obwohl
er fast sechs Stunden tief und fest geschlafen hatte. Irgendwie schien er es
doch noch vom Sofa ins Schlafzimmer geschafft zu haben, auch wenn er sich nur
undeutlich erinnern konnte. Die Kleider vom Vortag lagen vor seinem Bett auf
dem Boden. Er hob sie auf, roch daran und warf alles angewidert in den
Wäschekorb. Dann duschte und rasierte er sich und zog sorgfältig frische Sachen
an. Nach den ersten drei Tassen Kaffee fühlte er sich wach genug für den Tag.
Um acht Uhr trat er zum Rapport bei Oberstaatsanwalt Doktor Waller an, der die
Nachricht von dem an der Kinderleiche aufgefundenen Sperma fast triumphierend
aufnahm. Christian konnte ihn nur mit Mühe davon abhalten, diesen ersten
Teilerfolg auf der nachfolgenden Pressekonferenz hinauszuposaunen. Auf keinen
Fall wollte er, daß sich der Bestatter in die Deckung zurückzog, weil seine
Gegner einen Schritt vorgerückt waren.
    Nach der Pressekonferenz, die Christian an Wallers Seite gewohnt
wortkarg hinter sich brachte, gestattete er sich ein kleines Frühstück im
»Sweet Virginia«. Aus Zeitgründen nahm er sich ausnahmsweise ein Taxi,
ansonsten lief Christian, so weit es ging, lieber zu Fuß. Er mochte diese
ruhige Art der Fortbewegung, einfach einen Fuß vor den anderen zu setzen und
dabei seine Umgebung wahrzunehmen – Wind, Wetter, Menschen, Geräusche und
Gerüche.
    Heute jedoch hatte er keinen Nerv für mußevolle Betrachtungen. Am
»Sweet Virginia« angekommen, setzte er sich draußen an einen Tisch und
bestellte ein Bier. Er rief im Büro an, gab Volker Bescheid, daß er schon fast
auf dem Weg war und setzte eine erneute Konferenz an. Die Bedienung brachte das
Bier. In großen Schlucken trank er es bis zur Hälfte aus, schob den Rest
beiseite und bestellte einen Espresso. Das halbe Bier war notwendig gewesen, um
sowohl Wallers eitle Selbstsucht als auch die inquisitorische Aggressivität der
Journalisten herunterzuspülen, die sich offenbar um so gewichtiger als vierte
Macht im Staate fühlten, je anklägerischer sie sich gegenüber den ersten drei
benahmen. Ein klares, kaltes, herbes Bier dagegen war etwas angenehm
Bodenständiges. Es kühlte ihn herunter, in jeder Beziehung. Zumal auch die
Sonne schon wieder so stark brannte, daß man selbst im Schatten erahnte, wie
sich die Stadt in wenigen Stunden auf Backofentemperatur aufheizen würde.
    Beim Espresso durchdachte Christian zum wiederholten Male die
bisherigen Ermittlungsergebnisse aus dem Saarland, die er heute früh gegen halb
acht telefonisch von Kommissar Philipp erhalten hatte.
    Herbert Perlmann war etwa anderthalb Stunden vor ihrem Eintreffen,
also gegen elf Uhr morgens, ermordet worden, indem ihm die Hauptschlagader
durchtrennt wurde. Ein sauberer, fast professionell zu nennender Schnitt,
wahrscheinlich mit einem Skalpell. Der Täter hatte, hinter dem Opfer stehend,
von links nach rechts durchgezogen, war also vermutlich Rechtshänder. Er hatte
sich Zugang durch das hintere Fenster verschafft, durch das er auch wieder das
Weite gesucht hatte. Zeugen in der Nachbarschaft gab es keine, denn das
ständige Bewohnen der Lauben war verboten, und die meisten Hobbygärtner kamen
erst am Nachmittag in ihre Gartenzwergparadiese. Perlmann wohnte in Ermangelung
einer anderen Bleibe als einziger fest dort. Fingerabdrücke waren jede Menge
sichergestellt worden, doch die verwertbaren stammten alle von Perlmann oder
von Klaus Backes. Es gab

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