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Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Titel: Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Maybach einen kleinen Schluck.
    »Danke«, sagte sie. »Er betrügt mich.«
    »Was?« Anna konnte nicht fassen, daß der Grund nicht die Gewalttätigkeit
ihres Vaters war. Dieser Gedanke war ihr nie gekommen.
    »Seit wann weißt du es?«
    »Ich ahne es schon seit ein paar Wochen. Heute abend hat er es mir
gesagt.«
    »Ist es was Ernstes?«
    Evelyn sah ihre Tochter entgeistert an: »Was ist das für eine dumme
Frage? Er betrügt mich!«
    Anna spürte Ärger in sich aufsteigen: »Mutter, er schlägt dich seit
Jahren! Das ist was Ernstes! Das scheint dich aber
nie sehr gestört zu haben.« Ihr Tonfall war bitter und vorwurfsvoll.
    Ihre Mutter reagierte beleidigt: »Ich weiß, daß du mich deswegen
verachtest.«
    Anna stand auf. Auch das noch, dachte sie.
    »Mit der Nummer kommst du bei mir nicht durch. Mach mir nicht das
Opfer! Das Opfer eines gewalttätigen Ehemannes, einer gefühllosen Tochter, und
jetzt wirst du auch noch betrogen, du Ärmste!« Ihre Stimme wurde immer lauter.
»Mama, komm zu dir! Jetzt, wo er mal fremdvögelt, willst du ihn verlassen? Wenn
du diesen Grund brauchst, bitte. Aber erwarte doch deswegen kein Mitleid von
mir! Du wolltest es nie!«
    Ihre Mutter fing wieder an zu weinen. »Ich liebe ihn doch.« Das war
ihr Argument für und gegen alles und jeden. Annas Wut sackte in sich zusammen.
Nach kurzem Zögern legte sie den Arm um ihre Mutter. Sie konnte sich nicht
erinnern, wann sie das das letzte Mal getan hatte.
    »Ich weiß«, sagte sie.
    Ihre Mutter hob den Blick und sah ihr in die Augen: »Kannst du dir
vorstellen, was das Schlimmste ist?«
    Anna schüttelte müde den Kopf.
    »Das Mädchen, mit dem er was hat. Eine Studentin. Jung, hübsch. Und
ich wünsche mir, daß er sie schlägt«, sagte Evelyn mit tonloser Stimme. »Dann
wird sie ihn verlassen, und er kommt zu mir zurück.«
    Sofort spürte Anna ihren Groll wieder aufsteigen wie Lava in einem
Vulkan: »Du willst, daß er bei dir bleibt, weil du als einzige so blöd bist,
dich von ihm schlagen zu lassen?« Ihr tat sofort leid, was sie gesagt hatte.
Meine Güte, konnte sie nicht wenigstens ein Quentchen ihres professionellen
Feingefühls auch für die eigene Mutter aufbringen?
    »Ich schäme mich so«, weinte Evelyn leise.
    »Tut mir leid«, sagte sie.
    Evelyn putzte sich die Nase und sah Anna in die Augen: »Ich war wohl
kein gutes Vorbild für dein Heranwachsen als Frau. Und dein Vater? Auch kein
Ideal, das ein junges, kluges Mädchen wie du in der Welt da draußen suchen und
wiederfinden will. Hast du deswegen keinen Freund?«
    Anna sah ihre Mutter verblüfft an, dann mußte sie unwillkürlich
lachen. Sie lachte und lachte und wußte gar nicht, warum. Daß dies der erste
offene und ehrliche Satz war, den ihre Mutter seit Jahren zu ihr gesagt hatte,
wurde ihr erst später bewußt. Im Moment empfand sie nur eine überraschende
Leichtigkeit.
    »Mama, du klingst ja wie eine Psychologin«, amüsierte sie sich.
    Leicht pikiert beobachtete Evelyn den Heiterkeitsausbruch ihrer
Tochter.
    »Ich habe dein Buch gelesen. Über die Frauen, die Killern
Liebesbriefe schreiben. Die in ihrer Kindheit oft geschlagen worden sind. Die
kein Selbstwertgefühl haben und nichts anderes kennen als die Opferrolle.«
    Anna hörte auf zu lachen. Ihre Mutter begann sie immer mehr zu
verwundern.
    »Ich weiß, daß du über mich geschrieben hast. Ich weiß auch, daß du
nicht verstehst, warum ich mich schlagen lasse.«
    »Sag’s mir«, bat Anna ernst.
    »Selbst wenn ich es wüßte: Du bist nicht meine Therapeutin, du bist
meine Tochter.«
    »Ich könnte dir einen guten Kollegen empfehlen.«
    Evelyn schüttelte schweigend den Kopf.
    Plötzlich klingelte es wieder an der Haustür. Evelyn fragte:
»Erwartest du jemanden?«
    Anna schüttelte den Kopf und erhob sich.
    »Wenn es dein Vater ist, laß ihn nicht herein«, rief Evelyn ihr
hinterher.
    Vor der Tür stand Pete, leicht schwankend, das Hemd auf einer Seite
aus der Hose gezogen, mit einem krude zusammengestellten Blumenstrauß in der
Hand.
    »Hab ich im Park geklaut«, artikulierte er mit Mühe. Er machte einen
Schritt auf die Tür zu, doch Anna trat nicht beiseite: »Es paßt gerade nicht so
gut, meine Mutter ist da.«
    »Die Frau Mama, das ist ja wunderbar«, rief Pete begeistert aus und
drängte sich an Anna vorbei durch den Flur ins Wohnzimmer, die Blumen weit
vorangestreckt, als würde er von ihnen auf magische Weise gezogen.
    Er verbeugte sich tief vor Evelyn, die sich irritiert erhob.
    »Schön, Sie

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