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Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Titel: Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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im Zusammenhang mit seiner offensichtlichen Niederlage eine militärische
Umschreibung benutzt hatte. Liebe war Krieg.
    Als Anna nach Hause kam, ging sie zuerst ins Badezimmer
und nahm zwei Schmerztabletten. Mit einem feucht-kühlen Waschlappen auf der
Stirn legte sie sich auf ihr Sofa und schloß die Augen. Sie wollte nicht
denken, wollte sich nur entspannen und ruhig ihren Atemzügen lauschen. Doch ihr
Hirn war geschwätzig, laberte sie unaufhörlich und widersprüchlich voll, machte
Lärm im Schädel wie ein Trupp von unkoordinierten Handwerkern, der an allen
Ecken hämmerte, bohrte und schliff. Anna bekam die Truppe nicht unter
Kontrolle, und es dauerte fast eine Stunde, bis die Tabletten ihre betäubende
Wirkung entfalteten und den Krach im Kopf dämmten. Anna fiel in einen unruhigen
Schlaf.
    Sie erwachte gegen halb zehn und brauchte eine Weile, bis
sie ganz bei sich war und sich zurechtfand. Inzwischen war es stockdunkel.
Benommen erhob sie sich vom Sofa und schaltete das Licht ein, wobei sie
instinktiv die Augen zusammenkniff. Die Kopfschmerzen waren weg, sie fühlte
sich sogar einigermaßen erfrischt. Dankbar trank sie einen langen Zug Wasser
aus der Flasche auf ihrem Wohnzimmertisch, dann ging sie hinüber in ihr Büro.
Auf dem Schreibtisch lag eine Mappe, in die sie heute morgen ihre Korrespondenz
mit Dante chronologisch eingeordnet hatte. Ohne Christians Wissen hatte sie
sich gestern nacht im Besprechungszimmer in der Schanzenstraße die Psalmen
notiert, die bei den Kinderleichen gefunden worden waren, sie aus der Bibel
herausgesucht und ebenfalls in die Mappe getan.
    Sie las die Bibelzitate und das Gedicht durch, zum zehnten oder
zwanzigsten Mal inzwischen. Und wieder stellte sich das gleiche Gefühl ein,
gegen das sie sich zu wehren versuchte, seit sie in Dante den Bestatter
vermutete: Sie hatte Mitleid. Erstaunlich fand sie allerdings, daß sein
Auftritt heute mittag im Präsidium sie eher abgestoßen hatte. Da war ihr
klargeworden, wie sehr Dante – nein, sie würde sich angewöhnen müssen, ihn
Detering zu nennen –, wie sehr Detering sich von seinen eigenen Gefühlen
abkoppeln konnte. Nur bei der Erwähnung der Mutter schien Volker ihn
tatsächlich erreicht zu haben.
    Obwohl Christian sie eindringlich gebeten hatte, es nicht, zumindest
nicht ohne seine Kontrolle, zu tun, konnte Anna der Versuchung nicht
widerstehen. Sie fuhr ihren Laptop hoch, ging zu Dantes letzter Mail und
klickte auf »antworten«:
    Lieber Herr Dante,
    ich danke Ihnen sehr für das Gedicht von Carola Moosbach. Ich
habe nie etwas gelesen, was den unendlichen Schmerz und die Hilflosigkeit eines
mißbrauchten Kindes so in sich trug. Aber ich habe Bilder gesehen, Zeichnungen
von einer Fünfjährigen, unbeholfen gemalt, aber so eindringlich in ihrem Leid,
daß es einem das Herz zu sprengen droht. Ich gebe Ihnen und Frau Moosbach
recht:
    Laß ihn nicht davonkommen diesen ehrbaren
    Schrebergärtner
    Erfinde die Hölle neu für ihn.
    Sie sind ein religiöser Mensch und werden darauf vertrauen, daß
Gott Ihnen zur Seite steht. Aber die Hölle, die in Ihnen lodert … lassen Sie
auch mich Ihnen zur Seite stehen, lassen Sie uns diese Hölle gemeinsam
durchschreiten. Ich will Ihre Hand halten und Ihnen helfen, Ihren Dämonen zu
begegnen, damit Sie sie besiegen können. Das wollen Sie doch auch, deswegen
sind Sie zu mir gekommen. Kommen Sie wieder. Reden Sie mit mir.
    Anna Maybach
    Anna las ihren Text noch einmal durch und schickte ihn ab.
Sie hoffte, daß Dante die Empathie, die sie tatsächlich empfand, herauslesen
konnte. Sie hoffte, daß er sich meldete. Sie wollte mit ihm über seine Mutter
reden. Und über die Kinder. Sie wollte ihn verstehen, einen Kindermörder
tatsächlich verstehen. Das hörte sich krank an. Aber Christian würde es
begreifen.
    Anna schreckte aus ihren Gedanken hoch, denn es klingelte. Vor der
Tür stand allerdings nicht Christian, wie sie insgeheim gehofft hatte, sondern
ihre Mutter. Mit verweinten Augen und einem Koffer. Anna war so verblüfft, daß
sie sie wortlos anstarrte.
    »Kann ich reinkommen?« fragte ihre Mutter schüchtern. »Ich habe ihn
verlassen.« Anna konnte es kaum fassen. Sie nahm den Koffer und trug ihn ins
Gästezimmer. Ihre Mutter setzte sich ins Wohnzimmer und weinte ein wenig. Anna
kochte Tee und setzte sich zu ihr. Heimlich suchte sie die Haut ihrer Mutter
nach blauen Flecken ab.
    »Wieso, Mama? Wieso jetzt?« fragte Anna leise und schenkte ihrer
Mutter Tee ein. Sehr vorsichtig trank Evelyn

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