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Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Titel: Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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einen weiteren kräftigen Schluck
und hielt Anna das Glas hin, damit sie nachschenkte. Anna tat es, jetzt war eh
alles egal.
    »Aber er hat sich sehr klug gerächt. Er hat nämlich ganz großzügig
meine Karriere gefördert.«
    Mit unterschwelliger Aggressivität sah Pete Anna an: »Glaubst du,
ich wäre sonst beim FBI gelandet? Ich, ein blöder Deutscher? Nee, nee, die
hätten mir einen Tritt in den Arsch verpaßt. Aber so hat Daddy seine super
Kontakte spielen lassen, und aus Sohnemann ist echt was geworden. Das BKA
hat sich alle zehn Finger nach mir geleckt! Aber ich bin nur was, weil Daddy
geholfen hat, verstehst du?«
    Anna verstand. Und sie fürchtete um die Unversehrtheit ihres
Sofapolsters, denn Pete begann mit bedrohlicher Intensität sein noch halbvolles
Rotweinglas zu schwenken.
    »Ohne ihn wäre ich nichts! Gar nichts!«
    Sanft nahm Anna ihm das Glas aus der Hand und stellte es auf den
Tisch. Pete war inzwischen so betrunken, daß er es nicht mal merkte. Langsam
wurde er theatralisch: »Bestenfalls hätte ich eine Wohnwagenpraxis in Wyoming
und würde dem white trash da das Saufen wegtherapieren.«
    »Dazu wärst du wahrscheinlich der Richtige«, bemerkte Anna lächelnd.
    Pete versuchte vergeblich, sich zu straffen, aber es war ihm zu
anstrengend, und so ließ er es.
    »Siehst du, siehst du! Nicht mal das trausdu mir su. Ich kann
nichts, sagt ja schon mein Superdaddy! Und Superdaddy hat immer recht. Und wenn
er einmal nicht recht hat, dann hat er automatisch doch recht.«
    Petes Stimme war bei den letzten Sätzen immer leiser geworden, bis
er schließlich verstummte und leise zu schnarchen begann. Sein Kopf war auf das
Kissen gesunken, der Körper lag leicht verdreht zur Seite geneigt. Anna hob
seine Füße aufs Sofa, zog ihm die Schuhe aus und legte ihm die Kaschmirdecke
über. Seit langem verspürte sie einmal wieder das schlichte, aber
überwältigende Gefühl, die Menschen zu mögen. Egal, wie glatt poliert eine
Oberfläche auch schien, irgend etwas war dahinter immer in Bewegung.
    Sie setzte sich in den Sessel, die Beine eng an den Körper gezogen,
betrachtete Pete und ließ sich in eines langen Tages Nacht sinken, in den
überraschenden Besuch ihrer Mutter, in die sich freundschaftlich entwickelnde
Beziehung zu Pete, in ihre diffusen Gefühle für Christian, ihren mörderischen
Patienten, in das ganze seltsame Leben, das sich heute ohne Einladung zwischen
diese wenigen Stunden von der Morgendämmerung bis zu genau dieser Minute um
Mitternacht gedrängt hatte.

Es ist Nacht in der Stadt, eine Nacht, deren Schwärze
aufgerissen wird durch wütende, zuckende Farben. Der Himmel lodert. Blutrote
Flammen lecken am Firmament, die Juliluft schlägt Brandblasen. Die Sicht
verschwimmt. Durch das Weiß des beißenden Qualms pulsiert das Blaulicht der
Feuerwehrwagen. Es knackt und knarzt, kracht und knistert. Sirenengeheul.
Husten, nach Luft schnappen. Wasser marsch. Hektische Rufe von Männern,
schnelle Schritte in schweren Stiefeln. Entsetztes Flüstern der Nachbarn, die
in Bademänteln und Puschen zusammenstehen und das Schauspiel fasziniert
beobachten. Das Musterhaus brennt.
    Der Junge ahnt das Inferno schon von weitem. Sein Herz schlägt
plötzlich bis zum Hals, und er fragt sich, ob Gott oder der Teufel seine Gebete
erhört hat. Er beginnt zu laufen, immer schneller, bis er in der Straße steht.
Sein Atem geht keuchend, der Rauch dringt in seine Lungen. Abrupt bleibt er
stehen.
    Ein Feuerwehrmann bringt eine verkohlte Leiche heraus. Seine
Kollegen nehmen sie ihm ab und betten sie auf eine Bahre. Der Feuerwehrmann
bricht zusammen und weist, auf dem Boden kniend und hustend, auf das Haus. Er
versucht, mit Schreien den Lärm des Feuers zu übertönen. Zwei weitere Männer
rennen in das Haus, in ihren Händen halten sie Äxte.
    Funkenstiebend stürzt der Dachstuhl ein. Die Männer von der
Feuerwehr und auch die in sicherer Entfernung stehenden Schaulustigen weichen
unwillkürlich einige Meter zurück. Eine zweite Leiche wird herausgebracht.
Dunkle, grobe Decken werden über die beiden Leichen ausgebreitet.
    Der Junge steht im Schutz dreier Platanen. Seine Pupillen sind
geweitet, der Mund leicht geöffnet. Er staunt. Im Glanz seiner Augen spiegeln
sich die Flammen wider. In der Seele des Jungen feiern sie ein Fest.
    Sein Blick verachtet die Betroffenheit der Nachbarn, sein Blick
streichelt das brennende Haus, sein Blick lächelt den Leichen zu. Sein Blick
trifft auf sich selbst. Er sieht dem Feuer zu. Sein

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