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Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Titel: Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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immerhin Parteivorsitzender oder Regierender Bürgermeister
von Hamburg oder Berlin werden«, meinte Eberhard.
    Mit funkelnden Augen und ungewöhnlich scharfem Ton fuhr Christian
Eberhard an: »Hast du was gegen Homosexuelle?«
    Abwehrend hob Eberhard die Hände.
    »Dann ist ja gut«, knurrte Christian. Er hatte sich immer noch nicht
wieder bei seinem Sohn gemeldet. Höchste Zeit, daß er ihm wenigstens eine Mail
schickte. Nachher.
    Christian sah auf die Uhr. In knapp anderthalb Stunden sollte Anna
mit Pete im Untersuchungsgefängnis erscheinen. Anna war der letzte Trumpf, den
Christian ausspielen konnte, bevor Detering wieder ein freier Mann war. Ihm war
zwar nicht wohl dabei, diesen Trumpf aus der Hand zu geben, aber es war immer
noch besser, als Detering seinen Alibi-Bluff unkommentiert durchgehen zu
lassen. Christian rief Karen in der Rechtsmedizin an und bat sie, sich
Gernhardts OP-Bericht von dem behandelnden Krankenhaus in Daun faxen zu
lassen. Eberhard sollte später mit Daniel etwas im Privatleben des Richters
herumschnüffeln, um Hinweise für den Pädophilenverdacht zu finden.
    Die drei waren gerade hektisch dabei, ihre noch viel zu heiße Pasta
bei einem Italiener am Winterhuder Marktplatz hinunterzuschlingen, als Karen
zurückrief. Der Arzt vom Maria-Hilf-Krankenhaus in Daun, der Gernhardts Finger
geflickt hatte, hatte prompt auf ihre Anfrage reagiert. Eberhards These von
Joes Skalpell war, wie Karen sarkastisch formulierte, »nicht von der Hand zu
weisen«: Der kleine Finger des Richters war durch einen sehr sauberen Schnitt
abgetrennt worden, die beiden anderen nur halb. Für einen Rasenmäher, der mit
solcher Schärfe und Präzision arbeitete, hätte man einen Waffenschein benötigt.
Der Arzt hatte die Angaben des renommierten Richters über den Unfallhergang
zwar insgeheim bezweifelt, aber aus »auf der Hand liegenden Gründen« nicht
offiziell in Frage gestellt.
    »Hallo, Carlos«, begrüßte Anna den entspannt hinter einem
Tisch sitzenden Detering, als sie in den Verhörraum eintrat. Auf dem Tisch
stand ein vorsintflutliches Aufnahmegerät, das schleifende Laufgeräusche von
sich gab. In dem mit Stacheldraht rundum gesicherten Backsteingebäude war es
nicht so ansprechend hell und modern wie im Polizeipräsidium, es roch wie in
einer alten Schule nach Bohnerwachs, das Linoleum auf dem Boden war an vielen
Stellen brüchig, die nikotinfarben lackierten Wände wirkten abstoßend. Anna
fühlte sich unbehaglich, was allerdings nicht allein dem wenig einladenden
Ambiente zuzuschreiben war.
    Christian gab Pete und Eberhard ein Zeichen hinauszugehen.
    »Wer ist Carlos? Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?« Detering
sah Anna vollkommen ungerührt an, ganz so, als habe er sie noch nie im Leben
gesehen. Anna setzte sich ihm gegenüber, während Christian sich im Hintergrund
ans vergitterte Fenster lehnte und Detering beobachtete.
    »Ich bin Anna Maybach, Ihre Therapeutin. Warum fragen Sie?«
    Detering warf Christian einen spöttischen Blick zu: »Sie sorgen sich
anscheinend sehr um meine psychische Gesundheit. Oder soll die Dame hier schon
mal ein Gutachten über mich erstellen? Geht das so einfach, ohne die Zustimmung
meines Anwalts?«
    Christian gab ihm keine Antwort, sondern blickte Anna fragend an.
    »Könnte ich für einen Moment allein mit Herrn Detering sprechen?«
bat sie. Nach kurzem Zögern ging Christian hinaus und gesellte sich nach
nebenan zu Pete, Volker und Eberhard, die, ähnlich wie im Polizeipräsidium,
einen Beobachterposten hinter einem kleinen venezianischen Spiegel eingenommen
hatten.
    Anna sah Detering lange an. Hatte sie in ihrer Praxis jedesmal das
Gefühl gehabt, durch die Schwärze von Dantes Augen in einen tiefen Schlund
gesogen zu werden, so erschienen ihr nun Deterings Pupillen wie eine kalte,
polierte Schieferwand, die jedes Eindringen in einen Seelenabgrund verwehrte.
    »Ich bin nicht hier, um ein Gutachten zu erstellen. Ich werde sie
weder be- noch verurteilen. Ich bin hier, weil Sie zu mir gekommen sind. Weil
Sie sich mir anvertraut haben. Weil Sie Hilfe bei mir gesucht haben.« Anna
bemühte sich, möglichst ruhig zu wirken. Sie wußte nicht, ob es ihr gelang.
    »Wovon reden Sie? Ich kenne Sie nicht.« Detering wirkte plötzlich
defensiv. Er kniff die Augen zusammen und musterte Anna mißtrauisch.
    »Lassen Sie uns über die Psalmen reden«, fuhr Anna fort.
    Hinter der Spiegelscheibe fluchte Christian leise. Er hätte Anna
einschärfen sollen, wenigstens dieses Indiz

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