Der beste Karlsson der Welt
Lillebror erblickte. «Hol Fräulein Bock her!»
Fräulein Bock hatte das Schreien wohl ebenfalls gehört, denn jetzt kam sie aus der Küche angelaufen und blieb wie versteinert auf der Türschwelle stehen.
«Du guter Moses», sagte sie. «Wollen Sie umbetten, Herr Jansson?»
«Nein, das will ich nicht», sagte Onkel Julius, «wenn mir diese neue Art, die Betten zu machen, die Sie sich hier im Haus angewöhnt haben, auch nicht zusagt. Aber daran vermag ich jetzt nicht zu denken.»
Er verstummte und wimmerte nur ganz leise vor sich hin, und nun stiefelte Fräulein Bock auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Stirn.
«Was ist denn? Sind Sie krank, Herr Jansson?»
«Ja, ich bin krank», sagte Onkel Julius schwermütig. «Ich muß krank sein. Du da, mach, daß du rauskommst», sagte er zu Lillebror.
Und Lillebror machte, daß er rauskam. Er blieb jedoch draußen an der Tür stehen, er wollte um jeden Preis die Fortsetzung hören.
«Ich bin ein gescheiter und nüchterner Mann», sagte Onkel Julius. «Weder die Zeitungen noch irgend jemand sonst kann mir Dummheiten weismachen — also muß ich krank sein.»
«Inwiefern denn?» erkundigte sich Fräulein Bock.
«Ich sehe Erscheinungen — ich habe Fieberphantasien», entgegnete Onkel Julius. Und dann senkte er die Stimme, so daß Lillebror kaum verstehen konnte, was er sagte.
«Ich möchte nicht, daß Sie es irgend jemandem weitererzählen, Fräulein Bock» flüsterte Onkel Julius. «Aber es ist tatsächlich wahr, ich habe den Sandmann gesehen.»
Karlsson tirritiert mit Wecken und Pfannkuchen
Als Lillebror am nächsten Morgen erwachte, war Karlsson verschwunden. Birgers Schlafanzug lag zu einem Haufen zusammengeknüllt auf dem Fußboden, und das Fenster stand offen. Daher wußte Lillebror, daß Karlsson zu sich nach Hause geflogen war. Ihn beschlich ein Gefühl von Leere, aber in einer Beziehung war es gut. Jetzt hatte Fräulein Bock nichts, weswegen sie schimpfen konnte. Sie brauchte nicht einmal zu erfahren, daß Karlsson bei Lillebror übernachtet hatte. Merkwürdig war es trotz allem, wie still und langweilig und irgendwie trübe alles wurde, sobald Karlsson weg war. Obgleich es so mühsam war, ihn in Schach zu halten, sehnte sich Lillebror trotzdem immer nach ihm, wenn sie nicht zusammen waren, und nun hatte er das Gefühl, er müsse Karlsson einen kleinen Gruß zukommen lassen. Daher ging er ans Fenster und zog dreimal am Glockenstrang.
Er hörte, wie es oben auf dem Dach läutete. Und Antwort bekam er auch. Ein Pistolenschuß krachte hoch dort oben, und er hörte, wenn auch sehr leise und aus weiter Ferne, wie Karlsson sein «Bosse bisse basse bisse bumm fallera» sang.
«Nein, Karlsson, nicht doch, Karlsson», flüsterte Lillebror. Dieser dumme Karlsson, jetzt lief er da oben herum und schoß und grölte. Wie leicht konnten Fille und Rulle oder irgendein anderer ihn hören und sehen und ihn einfangen und für zehntausend Kronen an die Zeitung verkaufen.
«Das hat er dann aber wirklich sich selbst zu verdanken», sagte Lillebror zu Bimbo, der in seinem Korb lag und eine Miene machte, als verstünde er alles. Lillebror zog sich das Hemd und die Jeans an, und dann spielte er ein Weilchen mit Bimbo, während er darauf wartete, daß das Haus lebendig würde.
Onkel Julius war bestimmt noch nicht aufgewacht, man hörte wenigstens keinen Laut aus dem Schlafzimmer. Doch aus der Küche wehte allmählich der Duft von frisch gebrühtem Kaffee herüber, und Lillebror ging hin, um zu sehen, was Fräulein Bock machte.
Sie saß dort in all ihrer Mächtigkeit und schluckte den ersten Kaffee des Tages in sich hinein, und sonderbarerweise hatte sie nichts dagegen, daß Lillebror sich zu ihr an den Tisch setzte. Grütze war nirgendwo zu sehen, dagegen war Fräulein Bock augenscheinlich früh aufgestanden und hatte Brötchen gebacken. Zwei Bleche mit warmen, duftenden Wecken standen auf dem Aufwaschtisch, und im Brotkorb, den sie auf den Tisch gestellt hatte, lag ebenfalls ein großer Berg. Lillebror nahm sich einen Wecken und ein Glas Milch, und dann saßen sie beisammen, er und Fräulein Bock, und aßen und tranken schweigend. Bis Fräulein Bock sagte:
«Ich möchte mal wissen, wie es Frieda zu Hause geht!»
Lillebror guckte sie über sein Milchglas hinweg nachdenklich an. Ob wohl Fräulein Bock ihre Frieda ebenso vermißte, wie er selbst Karlsson vermißte, wenn sie nicht beisammen waren? «Haben Sie Sehnsucht nach Frieda, Fräulein Bock?» fragte er
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