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Der beste Tag meines Lebens

Der beste Tag meines Lebens

Titel: Der beste Tag meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ashley Miller , Zack Stentz
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Mond geschossen.
    Colin bedeutete das nichts. Er genoss einfach die Aussicht und den leichten Wind, der dort oben immer wehte. Da er keine Höhenangst kannte, liebte er es, ans Geländer zu laufen und auf die unter ihm liegende Stadt zu blicken. Oft hob Mrs. Fischer ihn hoch und ließ ihn durch eines der Münzferngläser schauen, damit er noch mehr sehen konnte. »Guck dir das alles an, mein Großer«, pflegte sie dann zu sagen. »Es gibt Leben auf diesem Planeten, den wir Erde nennen.«
    An einem besonderen Nachmittag, Colin war damals drei, stand er mit einer Dose Seifenlauge in der Nähe des Observatoriums und blies Seifenblasen in die Luft. Colin schaute ihnen gerne zu, wie sie mit dem Wind davonflogen und sich das Sonnenlicht in unzähligen winzigen Regenbögen in ihnen brach. Jede Seifenblase schien eine ganze Welt für sich zu sein – vielleicht sogar ein Universum –, bis sie zerplatzte. Er fragte sich, wer in diesen Welten leben mochte und ob die Lebewesen traurig waren, wenn ihre Blasen platzten.
    Er wollte gerade ansetzen, um einen neuen Schwung Regenbögen in den Himmel zu pusten, als er kleine Arme um seine Taille fühlte. Erstaunt drehte er sich um und entdeckte ein Mädchen – ungefähr so alt wie er –, das ihn anlächelte. Er bemerkte ihre strahlend blauen Augen, die perfekt geformten Zähne und den Duft von Erdbeeren, der aus ihrem Haar stieg. Der Gesamteindruck war so umwerfend, dass er seine Seifenblasenflasche fallen ließ. Während sich die durchsichtige Flüssigkeit auf dem Beton ausbreitete, tat das kleine Mädchen etwas, das Colin – der sich ganze Zivilisationen in einer einzigen Seifenblase ausmalen konnte – im Leben nicht vorgestellt hätte … Sie küsste ihn. Danach rannte sie weg.
    Colin schrie damals wie ein verwundetes Tier, erschüttert von der unwillkommenen Berührung und erst recht von dem ungebetenen Kuss. Als seine Mutter atemlos und panisch herbeigestürzt kam, entdeckte sie die Pfütze aus Seifenlauge und die halbleere Flasche im Rinnstein. Das kleine Mädchen, das blitzschnell zu seiner eigenen Mutter zurückgerannt war, und den Blick, den es ihrem Sohn noch zuwarf, bemerkte sie nicht. »Schon gut«, beruhigte Mrs. Fischer ihn. »Wir kaufen dir eine neue Flasche.«
    Colin hatte diese Augen und den Duft ihres Haars bis heute nicht vergessen.
    Damals wie heute konnte Colin die Augen nicht von Melissa abwenden. Sie pickte an ihrem Salisbury-Steak herum und aß nur sehr gelegentlich eine Gabelspitze davon. Er sah ihr gedankenverloren beim Kauen zu und ging im Geiste seine Konfrontation mit Eddie durch. Sie begegnete seinem Blick und schaute dann weg. Unerklärlicherweise schien sie VERLEGEN .
    »Es tut mir leid, was ich zu Eddie und den anderen Jungs über dich gesagt habe«, versuchte sie zwischen zwei vogelkleinen Bissen ein Gespräch zu beginnen.
    »Du isst ja kaum etwas.«
    »Du bist sauer auf mich. Das merke ich.«
    Colin zog die Nase kraus und fragte sich, wie Melissa merken konnte, dass er SAUER war, obwohl er doch kein bisschen SAUER war. »Ich würde niemals sauer auf dich sein, weil du nicht genug isst«, antwortete er.
    »Nicht wegen dem
Essen
«, erklärte Melissa. »Wegen dem, was ich
gesagt habe.
«
    »Oh.« Colin nickte, als wäre das absolut selbstverständlich. »Was hast du denn gesagt?«
    »Ich sagte, es täte mir leid.«
    »Oh.« Sorgsam sortierte er Karotten und Staudensellerie auseinander. »Was denn?«
    Melissa lächelte. Es war das gleiche rätselhafte Lächeln wie vor so langer Zeit. Das gleiche Lächeln, das sie ihm gelegentlich schenkte, seit sie ihn damals beim Observatorium geküsst hatte. Er konnte es nicht beschreiben. Das Lächeln war für ihn nicht einzuordnen.
    »Du lächelst«, stellte Colin fest. »Das bedeutet, es geht dir besser. Und vielleicht kannst du dann jetzt dein Salisbury-Steak essen.« Beim Reden schob er sich eine Karotte in den Mund.
    »Colin«, sagte Melissa mit einem Stirnrunzeln und deutete auf ihre Lippen. Wollte sie ihn auffordern, sie zu küssen? Das erschien ihm unwahrscheinlich und unhygienisch. Es konnte nur bedeuten, dass er wie immer mit offenem Mund kaute und sie ihn hilfsbereit darauf aufmerksam machte. Die Leute mochten es nicht, anderen beim Kauen in den Mund zu sehen. Es war eine schlechte Angewohnheit, auf die Colin beim Essen einfach achten musste. Doch es fiel ihm schwer, wenn er in Gedanken bei anderen WICHTIGEREN DINGEN war.
    »Danke«, sagte er, nachdem er geschluckt hatte und bevor er den

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