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Der beste Tag meines Lebens

Der beste Tag meines Lebens

Titel: Der beste Tag meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ashley Miller , Zack Stentz
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Schlussfolgerung (Inferenz), und nur damit lässt sich Carrolls Paradoxon beikommen. – Eine Schlussfolgerung reicht über Logik und Vernunft hinaus.
    Mir sind Inferenzen nicht angenehm, weil ich gern Gewissheit habe. Das Risiko falscher Logik ist das Auftreten eines Paradoxons, das sich irgendwann durch eine bessere Logik lösen lässt; das Risiko einer falschen Schlussfolgerung ist, dass man sich schlicht geirrt hat. Aber wie dem auch sei, eine Schlussfolgerung kann sich jedenfalls als hilfreich erweisen. Unter all den einfachsten Fragen, die sich einem beliebigen Ermittler stellen, kann eine Schlussfolgerung die schwierigsten beantworten. Nicht wer, was, wann, wo oder wie – sondern, warum.
    »Warum« kann die wichtigste Frage von allen sein, eben weil das menschliche Verhalten sich nicht immer als logisch erweist. Unser Verhalten ist ohnedies kein Rätsel, das sich mit mathematischen Begriffen lösen oder vollständig begreifen ließe. Man muss es einfach erfahren.
    ***
    Dr. Doran marschierte entschlossen durch die Eingangshalle und auf das Büro zu. Ihre Absätze klackten auf den Fliesen, die Augen hatte sie leicht zusammengekniffen, die Kiefer verspannt. Sie zog in eine Schlacht, die sie sich nicht ausgesucht hatte, aber zu gewinnen trachtete. Und mochte Gott demjenigen gnädig sein, der sie davon abhalten wollte.
    Wayne Connellys Stimme war bis auf den Flur hinaus zu hören. »Ich hab es Ihnen doch schon gesagt«, erklärte er der Sekretärin, »ich bin hier, um mit Dr. Doran zu sprechen.«
    Dr. Doran trat mit verschränkten Armen hinter ihm ein – eine respekteinflößende Erscheinung. Wayne sah es dem Gesicht der Sekretärin an und spürte auch am Kribbeln in seinem Nacken, dass er sich besser umdrehte. [31] Der Junge, der sich selbst als absolut furchtlos kannte, fürchtete sich mit einem Mal wie nie zuvor.
    »Du hattest Anweisung, dich vom Schulgelände fernzuhalten – Punkt.« Irgendwie war ihre emotionslose Stimme Wayne unheimlicher als die cholerische Wut seines Stiefvaters Ken. »Ich wollte die Sache eigentlich nicht auf diese Weise anpacken, aber du lässt mir ja keine andere Wahl. Die Polizei ist unterwegs und wird dich mitnehmen.«
    Wayne fühlte sich bleischwer. Sein Kopf sackte nach vorn auf die Brust, und er konnte nichts dagegen tun, wie sehr er sich auch anstrengte. Das war alles so unsäglich gemein: Er wusste, was auch immer er sagen würde, man würde ihm sowieso nicht glauben. Kein Mensch kümmerte sich darum.
    »Gut«, sagte Colin, als er wie aus dem Nichts an der Tür des Sekretariats erschien.
    Wayne fand die Kraft, seine Augen zu Colin zu heben. Sein Blick verriet, wie er sich fühlte: verraten und verwirrt. Dr. Doran trat einen Schritt beiseite, so dass sie beide Jungen auf einmal ansehen konnte. Über Colins Absichten oder die Bedeutung seiner Anwesenheit war sie ebenso wenig im Bilde wie Wayne.
    Colin stand hoch aufgerichtet und mit gestreckten Armen da. Seine Brille saß korrekt auf seiner Nase. Er war nicht zusammengesackt oder bucklig und schaute auch nicht weg. Zum ersten Mal in seinem Leben wirkte er nicht wie ein Junge, der gemobbt werden könnte oder Schutz davor bräuchte. Colin sah SELBSTSICHER aus.
    »Bis die Polizei hier eintrifft, wird schon bewiesen sein, dass Wayne unschuldig ist«, sagte Colin.
    Sandy tauchte hinter Colin auf, von der Versammlung genauso verwirrt wie alle anderen. »Dr. Doran?«, fragte sie. »Ich habe die Nachricht bekommen, dass Sie mich sprechen wollen?«
    Dr. Doran schaute zwischen Colin und Wayne hin und her, dann zu Sandy, und plötzlich verstand sie, warum Sandy da war, auch wenn diese den Grund der Einladung noch nicht kannte. »Ich habe niemand eine solche Nachricht geschickt. Falls du eine erhalten hast, dann war sie gefälscht.« Das Wort
gefälscht
richtete sie so an Colin, als wolle sie damit sagen: »Wir sprechen uns noch«.
    Colin schüttelte den Kopf und war mit Dr. Dorans Schlussfolgerung sichtlich nicht einverstanden. »In der Nachricht stand nur, dass Sie sie sehen wollen. Was auch stimmt, selbst wenn es Ihnen im Moment noch nicht bewusst ist. Und ich weiß das, weil ich die Mitteilung geschickt habe.«
    Dr. Doran holte tief Luft, als wolle sie den Kopf frei bekommen. »Colin, ich habe dir das schon einmal gesagt: Meine Nachsicht dir gegenüber ist durchaus begrenzt.«
    »Und ich habe Ihnen schon einmal gesagt, die Pistole hat nicht Wayne gehört. Und ich hatte recht.«
    Sandy trat nervös von einem Bein auf das

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