Der Bestseller
ich. >Du Scheißkerlh
»Einen schönen Tag noch«, fügte Hatcher hinzu.
Ich hätte mir denken können, daß er sich diese Floskel für den Schluß aufsparen würde.
Als Alex und ich der anheimelnden Atmosphäre des Polizeireviers entkommen waren, fragte ich ihn: »Er wird mir weiter zusetzen, oder?«
Alex nickte. »Anscheinend bist du im Augenblick sein einziger Verdächtiger.«
Ich wußte, was ich tun würde, wenn ich wieder im Verlag war: Ich würde Joe Scanlon alarmieren.
12
T ja, Nick... ich weiß nicht, ob ich Ihnen helfen kann.« Lieutenant Joseph Scanlon breitete die Arme in der klassischen Geste der Ratlosigkeit aus. Er hatte an diesem Freitag morgen fast eine Stunde in meinem Büro gesessen und sich angehört, was ich ihm über Parker Foxcroft und die Ereignisse vor seinem Tod sagen konnte. Er beugte sich im Sessel vor, zog die Schultern hoch und legte die Stirn in Falten. Dann erschien ein freudloses Lächeln auf seinem Gesicht.
»Jetzt haben Sie den Salat, wie einer unserer Präsidenten zu sagen pflegte.«
»Herrgott, Joe — ich würde mich liebend gern mit anderen Dingen beschäftigen, und Sie sich wahrscheinlich auch. Ich hab nicht darum gebeten, in diese Sache verwickelt zu werden, aber jetzt brauche ich Hilfe.« Trug ich zu dick auf? Ich glaube nicht. Ich bekam langsam tatsächlich das Gefühl, in der Klemme zu stecken, und fühlte mich regelrecht verfolgt. Aber wie Sam Spade gesagt hätte, wenn er in der Verlagsbranche gearbeitet hätte: Wenn jemand einen Lektor umbringt, muß der Verleger etwas unternehmen...
»Das sehe ich. Allerdings kann ich meine Nase nicht in einen Mordfall stecken, für den ein anderes Revier zuständig ist. Besonders wenn ich vom Dienst freigestellt bin.«
»Gibt es denn nichts, was Sie tun können?«
Er schwieg einen Augenblick. Dann sagte er: »Vielleicht kann ich Ihnen ein paar Informationen verschaffen, wenn Ihnen das etwas hilft. Sergeant Falco und ich sind zusammen auf die Polizeischule gegangen, und seitdem sind wir in loser Verbindung geblieben. Wir telefonieren ab und zu und verabreden uns auf einen Drink. Vielleicht erzählt er mir was. Schließlich bin ich immer noch eher Bulle als Zivilist.«
»Sagen Sie lieber >Autor<, Joe.«
»Wenn Sie das sagen, Nick. Und dann wäre es vielleicht ganz gut, wenn ich ein paar Nachforschungen über Parker Foxcrofts Lebenswandel anstellen würde.«
Ich fühlte mich erleichtert. Wenn ich auch nicht aus dem Schneider war, so war ich doch wenigstens nicht allein. Ich hatte Hilfe. Und ich fühlte mich unwillkürlich beflügelt durch die Tatsache, daß ich es hier nicht mit einem der üblichen Kriminalromane zu tun hatte, sondern mit einem echten Mordfall.
»Übrigens, Joe — haben Sie sich um einen Agenten bemüht?«
»Nein, noch nicht.« Seit Scanlon mit der ersten Fassung seines Manuskripts an uns herangetreten war, hatte ich ihm mehrmals geraten, sich einen Agenten zu nehmen. Ich weiß, schon Shakespeare hatte zu diesem Thema etwas anzumerken: »Es rede jeglich Auge für sich selbst, und keiner trau’ dem Anwalt.« Doch im Verlagsgeschäft war Joe Scanlon für mich ein argloser Mensch unter Räubern, ein Kind, das sich im Wald verlaufen hat. Ich will damit nicht sagen, daß ich ihn übers Ohr gehauen hätte — Gott bewahre! — , aber ich möchte, daß er aus seinem Buch soviel wie möglich herausholt: einen lukrativen Taschenbuchvertrag, Film- und Fernsehrechte und so weiter. Ich kann in dieser Hinsicht nichts für ihn tun, aber ein fähiger Agent könnte ihm dazu verhelfen.
»Haben Sie an einen bestimmten gedacht?« fragte er.
»Ja, an eine bestimmte. Kay McIntire.« In Wirklichkeit hatte ich gar nicht darüber nachgedacht — ihr Name war mir nur als erster eingefallen, wahrscheinlich, weil ich in zwei Stunden mit ihr zum Mittagessen verabredet war. »Ich werde Kay fragen, ob sie Sie unter Vertrag nehmen würde.«
»Ich wäre Ihnen wirklich dankbar, Nick.«
Ach, wie wunderbar! Scanlon besaß noch die Fähigkeit, dankbar zu sein! Das lag daran, daß die Veröffentlichung seines Buches — und damit vielleicht sein Ruhm — noch in der Zukunft lag. In dieser Latenzphase sind Autoren fast immer für jeden kleinen Gefallen dankbar, und das sollten sie auch sein. Immerhin hat nie jemand einen Autor gebeten, seinen ersten Roman zu schreiben. Thomas Wolfe schrieb: »Niemand hat mich entdeckt. Ich habe mich selbst entdeckt.«
Scanlon verabschiedete sich und versprach, mich zu benachrichtigen, sobald er etwas
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